Greensill-Verfahren
Im Rahmen eines Strafverfahrens beschlagnahmte die Polizei Computer, Akten, USB-Sticks und Stapel von Papieren der ehemaligen Risikochefin der Credit Suisse.
6. April 2023 • red.

Mehrere Urteile des Bundesgerichts geben Einzelheiten einer Strafuntersuchung bekannt, die in Zürich im Zusammenhang mit der Greensill-Affäre eröffnet wurde. Bei Lara Warner, einem ehemaligen Mitglied des Verwaltungsrats der Credit Suisse, und vier weiteren ehemaligen Führungskräften der Bank wurden Hausdurchsuchungen durchgeführt, wie die Westschweizer Justizmedium Gotham City berichtet.

Am 23. September 2021 wurde ein Hotelzimmer durchsucht, das Lara Warner, die ehemalige Risiko- und Compliance-Managerin der Credit Suisse, gemietet hatte. Die Polizei beschlagnahmte zwei Notizbücher, ein iPhone und ein iPad. Am Vortag waren weitere Hausdurchsuchungen in den Zürcher Büros der Credit Suisse und in den Wohnungen von vier ehemaligen Führungskräften durchgeführt worden.

Hintergrund der Polizeiaktion war eine Untersuchung, die die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich im Zusammenhang mit dem Fall Greensill eingeleitet hatte. Ausgelöst wurde das Verfahren durch eine Anzeige des Seco. Dass sich eine Bundesbehörde juristisch in einen Bankenskandal einmischt, ist einigermassen ungewöhnlich. Doch das Gesetz gibt ihr die Möglichkeit dazu. Der Bund kann die Justiz einschalten, wenn bei Verstössen “das Ansehen der Schweiz im Ausland bedroht” ist oder “die Interessen mehrerer Personen” bedroht oder verletzt sind.

Wurden Anleger getäuscht?

Im Fall Greensill richtet sich der Vorwurf des unlauteren Wettbewerbs offenbar darauf, dass sich Anleger beim Vertrieb der Greensill-Fonds getäuscht sahen, weil unrichtige oder irre­füh­rende Anga­ben gemacht worden waren.

Die Lieferkettenfonds der CS wurden Anlegern als sicheres Investment angeboten. Doch tatsächlich steckten in den Fonds Kredite von zweifelhaften Schuldnern wie dem Gupta-Stahlkonzern sowie sogenannte Future Receivables, also Forderungen, die noch gar nicht angefallen sind.

Die Zürcher Staatsanwaltschaft will herausfinden, ob Investoren “unrichtige oder irreführende Informationen” über das Risikoprofil und den Versicherungsschutz der Greensill-Fonds erhalten haben.

Private Dokumente bleiben versiegelt

Bei ihren Hausdurchsuchungen im September 2021 beschlagnahmte die Zürcher Polizei Computer, Akten, USB-Sticks und Stapel von Papieren. Die Credit Suisse und die betroffenen ehemaligen Mitarbeiter wehrten sich gegen die Verwendung dieser Daten und verlangten, dass sie versiegelt werden. Diese Forderung wurde zunächst vom Bezirksgericht Zürich und später vom Bundesgericht zurückgewiesen.

Das Bundesgericht akzeptierte jedoch, dass private Geräte – insbesondere Mobiltelefone – nicht untersucht werden dürfen. Dies gilt insbesondere für die Gegenstände, die im Hotelzimmer von Lara Warner beschlagnahmt wurden. Die Richter teilten die Ansicht des Zürcher Gerichts, dass die ehemalige Managerin nur beruflichen Kontakt mit den Vertretern von Greensill gehabt hatte. Nach Ansicht der Richter wäre die Durchsuchung der privaten Dokumente daher “nicht notwendig” gewesen, schreibt Gotham City.

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