Rohstoffhandel
Der Hunger nach Kohle bescherte dem Zuger Rohstoffhändler Rekordeinnahmen. Der Gewinn explodiert. Hunderte Millionen fliessen in die Kassen der Schweizer Steuerbehörden.
16. Februar 2023 • Beat Schmid

Glencore, der in London kotierte Rohstoffriese aus Zug, lieferte fürs abgelaufene Jahr wie erwartet Rekordzahlen ab. Der Betriebsgewinn auf Stufe EBIT stieg um 84 Prozent auf 26 Milliarden Dollar. Der Reingewinn machte einen Satz auf 17,3 Milliarden Dollar.

Am meisten verdiente Glencore mit Kohle. Etwas mehr als die Hälfte des Betriebsgewinns auf Stufe EBIDTA (34,1 Milliarden Dollar) verdient das Unternehmen mit der Förderung und dem Verkauf des klimaschädlichen Energieträgers. Der Preis für Kraftwerkskohle hat sich 2022 stark erhöht und erreichte im März einen Rekordwert. In diesem Jahr ist er wieder gefallen.

Das boomende Geschäft ist ein Problem für CEO Gary Nagle. Der Rohstoffkonzern hat sich das Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu werden. Letzten Dezember hat Nagle das Ziel bekräftigt, in den nächsten Jahren 12 Kohleminen zu schliessen. Zwei von ihnen werden im laufenden Jahr und eine 2024 den Betrieb einstellen.

Doch viele Aktionäre wollen auf den Geldregen nicht verzichten. Gleichzeitig machen der aktivistische Aktionär Bluebell Capital und NGOs Druck. Das Unternehmen scheint derzeit bemüht, beiden Seiten entgegenzukommen – ein Spagat, der nicht gelingen kann.

Zweiter Glencore-Effekt

Glencore hat gestern angekündigt, den Aktionären eine Rekorddividende von 5,6 Milliarden Dollar auszuschütten (hinzu kommt ein neues Aktienrückkaufprogramm). Zu den Grossaktionären gehören bekannte Asset-Manager wie Blackrock, Vanguard oder Wellington. Mit einer Beteiligung von 8,2 Prozent ist der katarische Staatsfonds Qatar Holding zweitgrösster Aktionär. Doch grösster Aktionär mit 9,5 Prozent ist der frühere CEO und langjährige Lenker von Glencore, Ivan Glasenberg.

Er wird eine Dividendenzahlung von 530 Millionen Dollar (490 Millionen Franken) erhalten. Davon wird voraussichtlich auch der Schweizer Fiskus profitieren. Bei einem Grenzsteuersatz von 34 Prozent müsste Glasenberg über 160 Millionen abliefern. Über 50 Millionen fliessen zum Bund. Der Rest geht an den Kanton Zürich und die Wohngemeinde.

Ivan Glasenberg ist gemäss Handelsregister in Rüschlikon gemeldet. In der Gemeinde am linken Zürichseeufer kommt es damit zu einem zweiten Glencore-Effekt. Davon sprach man nach dem Börsengang des Rohstoffhändlers im Jahr 2013, als riesige Steuereinnahmen die Gemeindefinanzen durcheinanderwirbelten.

Eine Milliarde für Zug?

Aber auch Zug wird profitieren. Für 2022 rechnet der Konzern mit Sitz in Baar mit einer Steuerbelastung von 6,3 Milliarden Dollar. Das ist mehr als doppelt so viel wie im Jahr zuvor. Wie viel davon in der Schweiz, beziehungsweise in Zug versteuert wird, ist noch nicht bekannt. Darüber wird der Geschäftsbericht in ein paar Wochen Auskunft geben.

Eine Indikation geben die Zahlen von 2021. Damals versteuerte Glencore 448 Millionen Franken im steuergünstigen Kanton. Die Steuerämter können sich auf eine 1 Milliarde Franken einstellen.

Doch es gibt auch Verlierer des Geldregens – die Banken. Sie verdienen viel Geld damit, das Handelsgeschäft der Rohstoffhändler mit grossen Kreditlinien auszustatten. Dank der Rekordeinnahmen ist es Glencore nun aber gelungen, praktisch schuldenfrei zu werden. Die Nettoverschuldung lag zum Jahresende noch bei 75 Millionen US-Dollar – Ende 2021 betrug sie noch 6 Milliarden Dollar.

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