Vor neun Monaten hatte der Zuger Rohstoffriese angekündigt, aus dem profitablen, aber umweltschädlichen Kohlegeschäft auszusteigen. Am Mittwoch gab Glencore bekannt, die hochprofitable Sparte nun doch nicht abzuspalten. Der Rückzieher sei das Ergebnis einer Aktionärsbefragung in den vergangenen Wochen, teilte das Unternehmen mit.
Nach dem Abschluss der Übernahme einer 77-prozentigen Beteiligung an Elk Valley Resources (EVR) am 11. Juli 2024 habe Glencore einen Konsultationsprozess durchgeführt, um die Ansichten der Aktionäre zur Beibehaltung oder Abspaltung des Kohlegeschäfts zu evaluieren, schreibt das Unternehmen heute in einer Mitteilung. Das Ergebnis der Glencore-Konsultation sei eindeutig: Eine Mehrheit derjenigen, die sich klar für den Erhalt oder Abspaltung ausgesprochen haben, sind für die Beibehaltung des umstrittenen Geschäfts.
Viele Rohstoffkonzerne stecken in einem Dilemma: Einerseits verdienen sie viel Geld mit fossilen Produkten wie Kohle, Öl oder Gas. Auf der anderen Seite wollen sie sich als zukunftsorientierte Unternehmen positionieren, die wichtige Materialien für die Energiewende produzieren. Im Fall von Glencore ist dies beispielsweise Kupfer. Zudem stehen sie unter dem Druck, ihren CO2-Fussabdruck zu senken, weshalb Aktionäre darauf drängen, dass sie sich von der Kohle trennen.
«Der risikoärmste Weg»
Doch weniger als einem Jahr stellt Glencore nun aber einen Meinungsumschwung fest. Das Unternehmen habe Rückmeldungen erhalten, dass sich die Präferenzen der Aktionäre möglicherweise geändert hätten und viele Aktionäre eine Abspaltung nicht mehr unterstützen würden, «was in vielen Fällen auf veränderte Ansichten zu ESG zurückzuführen ist», heisst es.
Laut Glencore haben sich die Aktionäre vor allem aus zwei Gründen für die Beibehaltung des Kohlegeschäfts ausgesprochen: Die Aussicht auf hohe Dividenden und die Generierung von Barmitteln zur Finanzierung von neuen Kupferprojekten. Nach eigenen Angaben wurden Aktionäre befragt, die schätzungsweise zwei Drittel der stimmberechtigten Aktien vertreten. Die mit Abstand grössten Investoren von Glencore sind der ehemalige CEO Ivan Glasenberg sowie der Staatsfonds von Katar.
«Nach ausführlichen Gesprächen mit unseren Aktionären und unserer eigenen Analyse ist der Verwaltungsrat der Ansicht, dass die Beibehaltung des Kohlegeschäfts der risikoärmste Weg ist, um heute für die Aktionäre von Glencore Wert zu schaffen», sagte Verwaltungsratspräsident Kalidas Madhavpeddi.
Das Kohlegeschäft ist eine der profitabelsten Sparten des Unternehmens und hat in den letzten Jahren Rekordrenditen erzielt. Es profitierte stark von der Energiekrise nach der russischen Invasion in der Ukraine. Auch der Rückgang neuer Produktionskapazitäten spielte dem Unternehmen in die Hände. Vielen Konkurrenten haben sich aus dem Kohlegeschäft zurückgezogen und Banken haben die Finanzierungen zurückgefahren.