Steuerstreit
Ein Pariser Gericht verhandelt den Fall von zwei Whistleblowern, die mit ihren Enthüllungen die Affäre um Steuerbetrug und Geldwäsche ins Rollen gebracht hatten. Sie fühlen sich ungerecht behandelt.
4. Dezember 2024 • Beat Schmid

Der Chef der UBS France musste sich am Dienstag in Paris vor Gericht verantworten, weil die Bank zwei Whistleblower schikaniert haben soll. Diese hatten Hinweise weitergegeben, wie die Grossbank reichen Franzosen bei der Steuerhinterziehung geholfen haben soll.

Der Fall ist Teil eines jahrelangen Rechtsstreits zwischen der UBS und Frankreich. Das höchste französische Gericht, der Kassationshof, hat die UBS wegen Steuerbetrugs und Geldwäscherei verurteilt, gleichzeitig aber festgestellt, dass die Höhe der Busse von insgesamt 1,8 Milliarden Euro zu überprüfen sei. Dieses Verfahren ist noch hängig.

Im aktuellen Fall wird die französische Niederlassung der UBS beschuldigt, den Bonus des ehemaligen Wirtschaftsprüfers Nicolas Forissier gekürzt und gestrichen zu haben. Forissier hat einen Bericht verfasst, der auf möglicherweise illegales Verhalten hinwies. Ausserdem soll die Bank gegen die Eventspezialistin Stéphanie Gibaud vorgegangen sein. Sie soll den französischen Ermittlungsbehörden geholfen haben, Kunden bei einer Veranstaltung im Rahmen des Tennisturniers Roland-Garros 2011 auszuspionieren.

Wie mehrere französische Medien berichten, erschien der Chef von UBS Frankreich, Régis Turrini, am Dienstag zum Prozessauftakt. Er gab eine kurze Erklärung ab und bestritt jegliches Fehlverhalten. Der Grund für die Kürzung des Bonus von Forissier sei die schwierige finanzielle Situation gewesen, in der sich die Bank nach der Finanzkrise 2008 befunden habe. Forissier wies die Behauptung zurück, die schwierige Wirtschaftslage habe etwas mit dem Verhalten der Bank ihm gegenüber zu tun.

Der Länderchef wird am Mittwoch erneut vor Gericht erwartet, um von den Richtern befragt zu werden. Laut seinem Linkedin-Profil ist Régis Turrini seit 2019 Chairman von UBS France. Im Fall von Stéphanie Gibaud steht der Vorwurf im Raum, die Bank habe ihren Aufgabenbereich beschnitten und ihre Qualifikationen schlecht bewertet. Sie war für die Organisation von Veranstaltungen für wohlhabende französische Kunden zuständig, unter anderem für das Tennisturnier Roland Garros.

Das Gericht wird auch prüfen, ob die französische UBS-Einheit versucht hat, Forissier zum Schweigen zu bringen, indem sie eine Abfindung von der Unterzeichnung einer Verschwiegenheitsklausel abhängig machte. Der Chef von UBS-Frankreich bestritt, dass es einen solchen Druck gegeben habe. Im Juni wurde Forissier von Präsident Emmanuel Macron mit einer Ehrenmedaille ausgezeichnet.

Sollte das Gericht die Bank für schuldig befinden, droht ihr laut Medienberichten eine Geldstrafe von maximal 75'000 Euro und ein mögliches Verbot. Wie ein solches «Verbot» allerdings aussehen würde, ist unklar. Es ist jedenfalls kaum vorstellbar, dass die Bank deswegen ihre Geschäftstätigkeit in Frankreich einstellen müsste. Der Prozess gegen die UBS France soll bis Mitte nächster Woche dauern, ein Urteil wird einige Monate später erwartet.

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