CS-Niedergang
Am Mittwoch feierte der Dokumentarfilm über den Untergang der Credit Suisse in Zürich Premiere – exakt zwei Jahre nach dem Kollaps der einst mächtigsten und stolzesten Bank der Schweiz.
20. März 2025 • Beat Schmid

Der Film beginnt dort, wo die Probleme ihren Anfang nahmen. Im südlichsten Zipfel des Tessins in den 1970er-Jahren und dem sogenannten Chiasso-Skandal, der der Bank fast das Genick brach. Die damalige SKA hatte mit italienischen Kunden eine Art Madoff-System aufgebaut, das die Bank am Ende rund 5 Milliarden Franken kostete – bei 2,5 Milliarden Eigenkapital. Der Film zeigt, dass die Credit Suisse schon damals faktisch bankrott war.

Nach der Ursünde Chiasso kam die Ära von Rainer E. Gut. Der Investmentbanker brachte die Kreditanstalt an die Wall Street, weil ihm «die Schweiz schon immer zu klein war». Die Übernahmen von First Boston und DLJ werden als milliardenschwere Fehlinvestitionen dargestellt, die vor allem der Bereicherung des Managements dienten. Rainer E. Gut wird im Film als Prototyp einer Managerkaste hingestellt, die für «Gier und Grössenwahn» steht, wie Arthur Rutishauser im Film ausführt. Der Chefredaktor der SonntagsZeitung lieferte mit seinem Buch «Game Over – der Fall der Credit Suisse» die Grundlage für den Film.

Auf Gut folgten Manager wie Lukas Mühlemann, Brady Dougan, Tidjane Thiam, Thomas Gottstein, Ueli Körner, Axel Lehmann und natürlich Urs Rohner, der langjährige Verwaltungsratspräsident der Credit Suisse. Sie werden in «Game Over» als geldgierige bis inkompetente Manager präsentiert, die massgeblich zum Niedergang der Bank beigetragen haben – einer Bank, ohne die es die Schweiz in ihrer heutigen Form nicht gäbe, wie der Film festhält.

Oswald Grübel kommt zu gut weg

Einige wenige CS-Manager wie Joe Ackermann und Oswald Grübel treten im Film selbst auf und erzählen die Geschichte aus ihrer Sicht. Sie kommen besser weg – vielleicht zu gut? So wird Grübel als Sanierer dargestellt, der die Bank Anfang der Nullerjahre restrukturiert hat. Seine Leistungen als Sanierer mögen unbestritten sein, aber seine Beteiligung an der Entwicklung der berüchtigten Bonussysteme wie des PIP bleibt unerwähnt. Es war dieser aus heutiger Sicht obszöne Bonusplan, der Brady Dougan in einem Jahr eine Gesamtvergütung von rund 100 Millionen Franken einbrachte.

Sehenswert ist der Film vor allem deshalb, weil er nicht nur die Täter zeigt, sondern auch den Opfern des CS-Systems viel Raum gibt. So kommt ein Schweizer Privatbanker zu Wort, der im amerikanischen Offshore-Geschäft tätig war und nach wie vor mit internationalem Haftbefehl gesucht wird. Aus Angst vor Verhaftung hat er die Schweiz seit über 15 Jahren nicht mehr verlassen. Eindrücklich schildert er, wie die CS-Spitze alles daran setzte, die gesamte Verantwortung für das Steuerhinterziehungsgeschäft auf kleine Angestellte wie ihn abzuwälzen. Die Bank forderte totale Loyalität von ihren Angestellten – zeigte selbst aber keine.

Eindrückliche Bilder aus Mosambik

Stark ist auch die Passage über die Machenschaften der Credit Suisse in Mosambik. Der Skandal um die sogenannten Tuna-Bonds zeigt mit eindrücklichen Bildern aus dem südlichen Afrika, wie korrupte Politiker und geldgierige CS-Banker ein ganzes Land ins Verderben stürzten. Korruption und Bestechung haben dem ohnehin mausarmen Land eine Schuldenlast von 15 Milliarden Dollar aufgebürdet.

«Game Over» ist ein düsterer Film, der eine ganze Generation von geldgierigen bis grenzkriminellen Managern an den Pranger stellt. Für manche Premierenbesucher mag das zu viel des Schlechten gewesen sein. Einer der Protagonisten des Films ist Richard J. Chandler, der dienstälteste Mitarbeiter der Credit Suisse. Er begann seine Lehre bei der SKA und arbeitete bereits zur Zeit des Chiasso-Skandals in der Inspektion, wie die interne Revision damals hiess. Er blieb bis zum Lichterlöschen vor zwei Jahren.

Nach dem Film sagte Chandler im vollbesetzten Zürcher Kino Corso, bei der Credit Suisse sei nicht alles so schlecht gewesen, wie im Film dargestellt. Er verwies auf die Geschäfte der CS in der Schweiz, die trotz aller Skandale immer gut gelaufen seien. Viele Mitarbeitende der CS Schweiz dürften das ähnlich sehen.

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