Werbekampagne kritisiert
Eine Glosse über die UBS ist nicht mehr online. Nach einem Gespräch zwischen einer Vertreterin der Grossbank und dem viertgrössten Verlagshaus der Schweiz verschwand der Beitrag. Die UBS buchte ein Werbevolumen über mehrere 100’000 Franken.
5. Dezember 2023 • Beat Schmid

Sich über Werbung lustig zu machen, ist immer heikel. Schliesslich sind es die Werbeauftraggeber, die für einen beträchtlichen Teil der Kosten einer Redaktion aufkommen. Ein langjähriger Wirtschaftsjournalist der Zentralredaktion von CH Media («Aargauer Zeitung», «Luzerner Zeitung», «Watson» etc.) hat es trotzdem gewagt, sich in einer Glosse über die neuste, von einer Berliner Agentur konzipierte Werbekampagne lustig zu machen.

Wie es in der Glosse «Bonzen, Böötli und Berge» heisst, zeichne die UBS in ihrer neusten Werbekampagne eine Hochglanzwelt von «Business-Männern mit Sonnenbrillen und Yuppie-Böötli». Der Werbefilm wirke, als sei Sergio Ermotti «höchstpersönlich in die Schauspiel-Hosen» gestiegen. «Eine Bank wie die Schweiz» – aber eine ohne Migros-Kassiererin, Hauswart oder Krankenpflegende. «Also eine Schweiz ohne all die Steuerzahlenden, die schon einmal die UBS retteten und ihr auch das CS-Schnäppchen des Jahrhunderts ermöglichten.»

Die Glosse wurde Ende Oktober in Print und Online publiziert. Eine Woche nach der Publikation wurde der Artikel auf allen Websites der CH-Media-Titel gelöscht. Wie Recherchen ergaben, löste der Artikel in der Marketingabteilung der UBS negative Reaktionen aus. Es kam zu einem Telefongespräch zwischen der Marketingverantwortlichen der UBS und dem Chief Commercial Officer von CH Media.

Dieser rief daraufhin die Redaktionsleitung an, die den Artikel umgehend vom Netz nahm – oder wie es bei CH Media heisst: depublizierte. Offenbar wollte man einen wichtigen Werbeauftraggeber nicht unnötig verärgern. Die UBS soll einen mittleren sechsstelligen Betrag gebucht haben.

Die Entscheidung des Chefredaktors

Der Verlag bestätigt die Löschung des Artikels. CH Media dementiere jedoch den «Vorgang», heisst es in einer schriftlichen Stellungnahme. Im erwähnten Fall habe es weder seitens des Kunden noch von Seiten des Verlags «Druck» gegeben. «Es war die Entscheidung des Chefredaktors Patrik Müller, diese 'Glosse', die zuvor in Print publiziert worden war, nach einer Woche vom Netz zu nehmen». Über die Höhe des Werbevolumens machte der Verlag keine Angaben.

Fast identisch klingt es bei der UBS. Ein Sprecher der Grossbank schreibt, die Bank dementiere «ausdrücklich», dass es seitens der UBS Druck auf CH Media gegeben habe, den Artikel zu löschen.

Artikel werden von Redaktionen nie leichtfertig vom Netz genommen. Das geschieht in der Regel nur dann, wenn ein Artikel falsche Tatsachenbehauptungen aufstellt, ein Gericht die Löschung eines Artikels anordnet oder schwerwiegende rechtliche Konsequenzen drohen. Einen Artikel zu löschen, weil er einem Inserenten nicht passt, ist dagegen höchst ungewöhnlich und vor allem heikel, weil damit die Unabhängigkeit der Redaktion tangiert wird.

UBS hat das grösste Werbebudget

Dass es sich ausgerechnet um einen Artikel über die UBS handelt, ist umso heikler. Durch die Fusion mit der Credit Suisse wird die Bank in der Schweiz zum Elefanten. In verschiedenen Bereichen des Retail- und Firmenkundengeschäfts verfügt die Bank über sehr hohe Marktanteile. Der Wettbewerbskommission sind zwar die Hände gebunden, aber sie hat vor kurzem ihre Untersuchungen zur Marktbeherrschung der Finma zur Beurteilung übergeben.

Die Übernahme der CS hat auch dazu geführt, dass die UBS künftig über das mit Abstand grösste Werbebudget aller Schweizer Banken verfügen dürfte. Da wäre es schlecht, wenn auch nur der Verdacht aufkommt, dass sie ihre Macht als Druckmittel gegen kritische Berichterstattung einsetzen könnte.

Anfang November kündigte CH Media den Abbau von 150 Stellen an, davon rund 90 Entlassungen. Das Unternehmen begründete die Massenentlassung mit sinkenden Werbeeinnahmen. Im zweiten Halbjahr habe sich der Einbruch noch verstärkt, teilte CH Media mit. Eine Erholung des Werbemarktes sei kurzfristig nicht zu erwarten.

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