Rüschliker Immobilieninvestor Norbert Ketterer
Vor einem Jahr sorgte «Deutschlands aggressivster Immobiliendealer» für Negativschlagzeilen, als er die Schliessung des Hotel Ascot erzwang. Jetzt baut er mit Nokera das «weltweit innovativste Bauindustrieunternehmen unserer Zeit» auf. Was ist davon zu halten?
1. Februar 2022 • Beat Schmid

Die Begeisterung von Heliane und Ancillo Canepa kannte keine Grenzen, als sie letzte Woche den neuen Hauptsponsor des FCZ vorstellten. Auf den Leibchen steht neu Nokera, das Logo eines «revolutionären» Unternehmens mit Sitz in Rüschlikon. Der Sponsor des Stadtclubs sei nichts weniger als das «weltweit innovativste Bauindustrieunternehmen unserer Zeit». Viel mehr Superlativ geht selbst in der permanent-begeisterten Welt des Fussballs nicht.

Kann das wirklich sein? Nokera wurde 2020 gegründet und scheint vor allem in Deutschland aktiv zu sein. Auf der Website heisst es: «Wohnungsnot in Deutschland gehört zu den grössten gesellschaftspolitischen Herausforderungen unserer Zeit.» 1,5 bis 2 Millionen Wohnungen im mittleren und unteren Preissegment würden aktuell fehlen.

Zudem müssen auch der Wohnungsbau «seinen Beitrag zur Erreichung der notwendigen Klimaziele leisten». Nokera soll laut Eigenwerbung mit ihrer «innovativen Bauweise aus Holz die Antwort auf gesellschaftliche und politische Ziele» sein und verbinde «Ökologie und Ökonomie». Viel mehr ist nicht zu erfahren. Einen Geschäftsbericht sucht man vergebens, ebenso Umsatzzahlen oder einen Nachhaltigkeitsbericht.

Auf der Website gibt es Computer-Illustrationen von einer Fabrik, die in Magdeburg entstehen soll. Ende 2022 soll dort die «weltweit grösste Green-Construction-Factory» den Betrieb aufnehmen und bis zu 20’000 Wohnungen pro Jahr produzieren. In lokalen ostdeutschen Medien wird in Anlehnung an Elon Musks Megaprojekt bei Berlin bereits vom Bau einer «Schweizer Gigafactory» geschrieben. Aufgrund der wenigen Informationen ist es unmöglich einzuschätzen, ob die Ankündigungen plausibel sind, ob an den hochfliegenden Nachhaltigkeitsplänen tatsächlich etwas dran ist.

Es gibt auch kritische Stimmen, die Nokera als neue Gesellschaft eines «dubiosen Geldverleihers» beschreiben. Damit ist Norbert Ketterer gemeint. Er gilt als einer der umstrittensten Immobilienunternehmer Deutschlands, der seit rund 15 Jahren in der Schweiz lebt. Vor einem Jahr sorgte er für Schlagzeilen, als er sich mit dem langjährigen Hotelmanager des Zürcher Ascot überwarf. Ketterer, der die Immobilie Anfang 2020 erwarb, war nicht bereit, die Miete zu reduzieren, als die Gäste wegen der Pandemie ausblieben. Hotelier Christian Frei musste nach 27 Jahren den Schlüssel abgeben. «So weit habe ich es nie kommen lassen wollen», sagte er danach dem «Tages-Anzeiger».

Ex-Tesla-Europachef im Verwaltungsrat

In der Schweiz trat Ketterer 2009 durch sein Engagement beim Luxusimmobilien-Entwickler Peach Property erstmals in Erscheinung. Ketterer hält zudem 10 Prozent am Schweizer Baukonzern Implenia. Der Wert seines Aktienpakets schrumpfte in den letzten Jahren um die Hälfte auf rund 40 Millionen Franken. Über seine Zuger Gesellschaft Ketom ist er auch an Züblin Immobilien beteiligt. Grösster Aktionär ist dort der russische Investor Viktor Vekselberg.

Ketterers grösster Coup gelang ihm in Deutschland, als er seine Helvetic Financial Services für 620 Millionen Euro in die deutsche Immobiliengruppe Corestate Capital Group einbrachte. Das «Manager Magazin» bezeichnete Ketterer einst als einen der «aggressivsten Immobiliendealer der Republik». In einem Portrait in der «Finanz und Wirtschaft» wird Ketterer als unkonventionell, pragmatisch, fordernd, entscheidungsfreudig beschrieben, der bereit sei, kalkulierte Risiken einzugehen.

Der Sitz von Nokera befindet sich in Rüschlikon. Prominentes Verwaltungsrat ist Ex-Tesla-Europachef Sascha Zahnd, der auch im Verwaltungsrat von Kioskbetreiberin Valora Holding sitzt. Neben Nokera ist Ketterer gemäss Handelsregister in 15 weiteren Firmen aktiv.

FCZ-Präsident Ancillo Canepa fand Gefallen an Ketterer: «Für uns war es wichtig, einen Partner zu finden, der nicht nur unternehmerisch, sondern auch bezüglich ‹Chemie› zu uns passt.» Es habe sich gelohnt, auf den richtigen Partner zu warten.

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