Die Zürcher Impact-Boutique Blue Horizon hat ein Problem mit ihren Investoren, die dem Flagschifffonds Blue Horizon I insgesamt 183 Millionen Euro bereitgestellt haben. Zweck des Fonds ist es, in Jungunternehmen zu investieren, welche die Transformation der Lebensmittelindustrie vorantreiben. Offenbar gab es Meinungsverschiedenheiten über die Art und Weise, wie die Fondsgelder verwendet wurden.
Wie Recherchen von Tippinpoint ergeben haben, hat die Auseinandersetzung zu einem Gerichtsverfahren in Luxemburg geführt, dem rechtlichen Sitz des Fonds. Dort hat ein Gericht entschieden, die Fondsleitung Blue Horizon Capital bis auf Weiteres zu suspendieren. Dies hat zur Folge, dass die Gesellschaft nicht mehr auf die Assets zugreifen kann und beispielsweise keine weiteren Investments mehr tätigen oder Gebühren kassieren kann.
Das Verfahren ist hängig und kann auch wieder umgestossen werden. Der Konflikt schwelt bereits seit mehreren Wochen. Inzwischen haben auf beiden Seiten die Anwälte das Zepter übernommen. Ein Sprecher von Blue Horizon will sich zu dem Verfahren in Luxemburg nicht äussern.
Urs Wietlisbach wurde fälschlicherweise als Mitglied des Advisory Boards geführt
Dass es zu Dissonanzen mit den Investoren gekommen ist, darauf deutet auch eine brisante Personalie hin. So wurde bis vor kurzem Urs Wietlisbach auf der Website von Blue Horizon als “Advisor Growth” geführt. In der Beschreibung zu seiner Person hiess es: “Urs Wietlisbach ist seit 2021 Mitglied des Advisory Boards von Blue Horizon.” Vor kurzem ist der Eintrag auf der Website verschwunden.
Wietlisbach ist ein Schwergewicht in der Private-Equity-Szene. Er ist Mitbegründer und Verwaltungsratsmitglied der Partners Group. Auf Anfrage sagt Wietlisbach, er sei nie Mitglied des Advisory Boards von Blue Horizon gewesen und wisse nichts von einem Eintrag auf der Website. Er bestätigt aber, Investor im blockierten Fonds zu sein.
Damit konfrontiert, erklärt ein Blue-Horizon-Sprecher: “Herr Wietlisbach war nie offiziell ein Mitglied eines Advisory Boards.” Dass er so beschrieben wurde, sei "ein Fehler" gewesen. Blue Horizon habe Gespräche mit verschiedenen Experten geführt, unter anderem auch zur Schaffung eines Advisory Boards. “Er (Urs Wietlisbach) stand Blue Horizon beratend zur Seite, doch wurde dieses Board schliesslich nicht formell etabliert”, sagt der Sprecher.
Lienhard hatte eine Art Erweckungserlebnis
Dass es zum Bruch mit Teilen der Investoren gekommen ist, ist ein Schlag für Blue Horizon und seinen Gründer Roger Lienhard. Er hat das Unternehmen in den letzten Jahren zu einer wichtigen Adresse der New-Food-Bewegung gemacht und hat gemäss eigenen Angaben Kundengelder im Umfang von 900 Millionen Dollar angezogen.
Blue Horizon hat bisher in rund 40 Unternehmen investiert, die Fleisch- oder Fischersatzprodukte auf pflanzlicher Basis herstellen. Die Firmen sind meist in Kalifornien beheimatet, wo Lienhard auch teilweise lebt, oder in Israel. Das Unternehmen hat sich früh an Beyond Meat beteiligt, das 2019 an die Börse ging.
Lienhard hatte eine Art Erweckungserlebnis, wie er in Interviews sagte. Nach Gesprächen mit seiner Tochter sei ihm klar geworden, dass die Menschheit die Ernährung komplett umstellen müsste, wenn die Weltbevölkerung bis 2050 auf 10 Milliarden anwachsen würde. Um sich auch in Zukunft gesund und nachhaltig zu ernähren, müsse man deshalb die "Tiere aus der Nahrungsmittelkette herausnehmen". Es seit "schlicht nicht nachhaltig, jedes Jahr 70 Milliarden Tiere zu schlachten”, sagt er in einem Videoclip auf der Website von Blue Horizon.
Das deutsche "Manager Magazin" hat ihn schon als “Extremist der New-Food-Szene” bezeichnet. Lienhard, der selbst Veganer ist, sei einer der wichtigsten Köpfe der Veggie-Branche. Er wolle Blue Horizon zu einer Berkshire Hathaway der Lebensmittelindustrie machen, sagte er dem "Forbes Magazine". Berkshire Hathaway ist die Holdinggesellschaft von Investorenlegende Warren Buffet.
Vegan-Investor ist Lienhards zweite Karriere
Mit Blue Horizon lancierte Lienhard seine zweite Karriere. Begonnen hat er mit Werbe- und Internet-Firmen. Gemäss Handelsregister war er bis 2012 bei den Firmen Astramedia und Cityguide aktiv. Zu den damaligen Mitinvestoren zählten Ex-Brauereibesitzer Werner Dubach und HCD-Präsident Gaudenz Domenig.
Die Gesellschaften produzierten teure Videoclips für KMU, was zu kritischen Medienberichten führte. Wegen ihrer “aggressiven Verkaufsmethoden” sowie “überteuerter und schwer durchschaubarer Angebote” wurde das Unternehmen unter anderem beim Kassensturz kritisiert, schrieb der “Beobachter”.