Grossbank im Visier
Aktivisten bietet sich ein ideales Zeitfenster, um bei der Credit Suisse zuzuschlagen. Viele Aktionäre wären bereit, ihre Papiere bei neun Franken zu verkaufen.
3. Mai 2022 • Beat Schmid

Am Montag fiel der Aktienkurs der Credit Suisse um 4,3 Prozent. Nach einem kurzen Hüpfer am letzten Freitag ist die Luft schon wieder draussen. Die Aktien handeln bei 6,55 Franken. Damit kommt die Bank auf eine Bewertung von 16,8 Milliarden Franken. Und damit ist die Credit Suisse ein Übernahmekandidat.

Gegen ein feindliches Übernahmeangebot könnte sich die Credit Suisse in ihrer derzeitigen Verfassung nur schlecht wehren. “Ein Bollwerk gegen einen Angreifer aufzubauen, wäre wohl sehr schwierig”, sagt ein Insider. “Ich gehe davon aus, dass es viele verkaufswillige Investoren gibt, die ihre Aktien bei neun bis zehn Franken hergeben würden”, sagt er.

Das Zeitfenster für einen Angriff ist ideal. “Ich glaube nicht, dass die Führungsorgane derzeit den Spirit versprühen, die Aktien schon bald wieder auf dieses Niveau hochzubringen”, sagt der Insider. Somit könnten viele Aktionäre, die auf eine schnelle Erholung hoffen, frustriert das Handtuch werfen und einem Aktivisten oder Private-Equity-Unternehmen die Papiere andienen.

Tatsächlich macht die Führungscrew der Bank nicht den Eindruck, als würde sie sich mit Haut und Haaren für einen Turnaround einsetzen und alles erdenkliche tun, um den Schweizer Megatanker wieder in Schuss zu bringen. Die Geschäftsleitung wird derzeit komplett umgebaut, was den Fokus auf die eigentliche Arbeit erschwert.

In diesem Zustand ist die Credit Suisse angreifbar

Mit angekündigten Umbau konnte Konzernchef Thomas Gottstein seine Macht für die nächsten Monate zwar sichern. Doch wirklich gefestigt ist seine Position dadurch nicht. Dafür müsste er gute Resultate abliefern. Der CS-Verwaltungsrat ist derzeit ebenfalls mit sich selbst beschäftigt. Zudem soll die Zusammenarbeit zwischen den beiden Spitzengremien verbesserungswürdig sein, wie man aus dem Innern der Bank hört.

In diesem Zustand ist die Credit Suisse angreifbar. Es wäre für sie schwer, mit eigener Kraft gegen ein Angebot zu wehren. Doch wer könnte der weisse Ritter sein, der die Angreifer in die Flucht schlagen könnte? Derzeit wäre das wohl nur die UBS, aber auch nur dann, wenn es Druck von den Behörden oder den Regulatoren gäbe. Aus freien Stücken käme es der UBS kaum in den Sinn, die angeschlagene und mit vielen Problemen behaftete Konkurrentin zu übernehmen.

“Mir kommen viele Gründe in den Sinn, die CS genauer anzuschauen”

Wie Tippinpoint letzte Woche berichtete, bieten sich Investoren mehrere Möglichkeiten, die Kontrolle bei der CS zu übernehmen. Bei der aktuellen Bewertung ist die Credit Suisse attraktiv für aktivistische Investoren und Private-Equitiy-Firmen. Letzten Herbst durchleuchtete bereits ein grosser aktivistischer Fond die CS.

Damals kam er zum Schluss, dass ein Einstieg zu riskant wäre. Das hatte viel mit der damaligen Bewertung zu tun. Der Aktienkurs lag damals bei über neun Franken. Jetzt ist der CS deutlich billiger. Gut möglich, dass dieser Fonds das Dossier CS wieder aus der Schublade zieht.

Doch auch für andere Banken ist die CS ein Übernahmekandidat. Für eine Deutsche Bank, Unicredit oder auch Societe General würde ein Zusammenschluss Sinn ergeben. Aber auch für amerikanische Grossbanken: “Wäre ich J.P. Morgan, Goldman Sachs oder Morgan Stanley kämen mir viele Gründe in den Sinn, warum ich mir die CS genauer anschauen würde”, sagt der Insider.

Das Problem: Die Übernahme müsste mit Einwilligung der grossen Aktionäre erfolgen. Vor feindlichen Übernahmen schrecken selbst die abenteuerlichsten Raider zurück, wenn es sich beim Angriffsziel um eine wichtige nationale Bank handelt.

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