Politik
Staatssekretariat für internationale Finanzfragen nennt eine kurzfristige Terminverschiebung als Grund für die Nichtteilnahme.
19. Juli 2023 • Balz Bruppacher

Die Schweiz ist nicht Mitglied der G20, dem Forum der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer. Seit acht Jahren nimmt sie jedoch auf Einladung des Landes, das jeweils den Vorsitz der G20 hat, ununterbrochen am sogenannten Finance Track teil, das zentrale Fragen des Finanz- und Währungssystems behandelt.

Die Schweizer Delegation wird jeweils von den Spitzen des Finanzdepartements und der Nationalbank angeführt. Beim G-20-Treffen der Finanzminister und Notenbankgouverneure, das am Dienstag im indischen Gandhinagar zu Ende ging, fehlte jedoch Finanzministerin Karin Keller-Sutter.

Beim Jahrestreffen wieder dabei

Die ursprünglich vorgesehene Teilnahme sei nicht mehr möglich gewesen, nachdem die indische Präsidentschaft die Daten kurzfristig verschoben habe, teilte das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) auf Anfrage mit. Die Bundesrätin konzentriere sich nun auf die Jahrestagung von Oktober, die die G20-Finanzminister und der IWF in Marrakech abhalten wollen. Die Schweizer Delegation, der auch Nationalbankpräsident Thomas Jordan angehörte, wurde vom stellvertretenden SIF-Staatssekretär Christoph König geleitet.

Die Schweiz hatte 2013 auf Einladung Russlands erstmals am Finance Track der G20 teilgenommen, vertreten durch die damalige Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf. In den beiden nachfolgenden Jahren blieben Einladungen durch Australien und die Türkei aus, bevor die Schweiz seit 2016 (China) stets an den Finanzgipfeltreffen mit dabei war.

Bedeutung der G20 lange unterschätzt

Die offizielle Schweiz hatte lange ein gespaltenes Verhältnis zu den G20. «Der G20 fehlt es an Legitimität, und bei der Entscheidungsfindung für Sanktionen handelt sie nicht transparent», sagte einst Finanzminister Hans-Rudolf Merz. Ihm wurde später vorgeworfen, er habe den Wandel der G20 verschlafen und die Macht des Gremiums unterschätzt.

Die Wende in der Schweizer Haltung gegenüber den G20 geht auf den Frühling 2009 zurück. Damals setzte der Klub der Mächtigen die Schweiz im Verbund mit einem undurchsichtigen Manöver der OECD auf die schwarze Liste der nicht kooperativen Steuerparadiese. Der Druck zeigte Wirkung: Der Bundesrat gab das Steuerbankgeheimnis gegenüber dem Ausland weitgehend preis.

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