Wow, was für Neuigkeiten», schreibt Carmen Walker Späh auf einer Social-Media-Plattform. Die Zürcher Volkswirtschaftsdirektorin freut sich, dass The AI Institute von Boston Dynamics in ihre Region kommt. «Einer der Weltmarktführer im Bereich Robotik wird ein Entwicklungsteam in unserem Kanton ansiedeln», schreibt sie stolz.
Die eigentliche Nachricht wurde letzte Woche an den Swiss Robotics Days in Zürich bekannt. Dort trat neben Schweizer Koryphäen der Robotik-Szene wie etwa ETH-Professor Roland Siegwart auch Al Rizzi auf, der eine Keynote hielt. Rizzi ist Chief Technology Officer des AI Institute von Boston Dynamics. In einer Medienmitteilung schreibt das Institut, das Team in Zürich werde ab Anfang 2024 an der Entwicklung von intelligenten, agilen und geschickten Robotersystemen arbeiten, die in den anspruchsvollsten Umgebungsbedingungen zum Einsatz kommen sollen.
Der Standort Zürich werde dem Unternehmen helfen, Kontakte zu Talenten, Universitäten und Forschungsorganisationen im dynamischen europäischen Ökosystem zu knüpfen. Die Kultur des Instituts sei darauf ausgerichtet, das jeweils Beste aus akademischen und privaten Forschungslabors zusammenzuführen.
Tanzende Roboter
Das Boston Dynamics AI Institute wurde im August 2022 von Marc Raibert gegründet. Es beschäftigt gemäss eigenen Angaben 150 Vollzeitmitarbeiter und 10 Gastprofessoren, die mehr als 30'000 Quadratmeter Labor- und Bürofläche am Kendall Square in Boston belegen, direkt neben dem weltberühmten MIT. Das AI Institute bringt Ingenieure, Entwickler, Designer, Techniker und Datenwissenschaftler zusammen, die für die Entwicklung zukünftiger Generationen fortschrittlicher Roboter benötigt werden, schreibt das Unternehmen.
Marc Raibert ist auch einer der Mitbegründer von Boston Dynamics. Das MIT-Spin-off entwickelt seit 2013 Laufroboter, die unter den Namen LittleDog, BigDog oder WildCat bekannt wurden. Mit Kurzfilmen über tanzende und Hindernisse überwindende humanoide Maschinen wurde das Unternehmen weltberühmt. Erste Aufträge erhielt das Unternehmen von der US-Armee. Nach mehreren Besitzerwechseln wurde Boston Dynamics 2020 von der Hyundai Motor Company übernommen.
Erster Standort ausserhalb der USA
Nun eröffnet das AI Institute seinen ersten Forschungsstandort ausserhalb der USA. Die Zürcher Volkswirtschaftsdirektorin Walker Späh spricht von einer Riesenchance für den Innovationsstandort Zürich. Wenn sich eine so bekannte Firma wie Boston Dynamics für Zürich entscheidet, ist das zunächst ein enormer Imagegewinn. Inwieweit das Unternehmen die ohnehin schon lebhafte Robotik-Szene zusätzlich beflügeln wird, bleibt abzuwarten.
Hierzulande gibt es Dutzende von Unternehmen, die der Robotik zugerechnet werden und über 100’000 Mitarbeitende beschäftigen. Die Schweiz gilt als eines der führenden Länder in diesem Zukunftsfeld.
In Wirtschaftsförderungskreisen wird die Ansiedlung bereits mit Google verglichen. Das Softwareunternehmen kam vor über 20 Jahren nach Zürich und beschäftigt heute über 5000 Mitarbeitende in der Limmatstadt. Damit ist der Suchmaschinen- und Werbekonzern einer der grössten privaten Arbeitgeber.
«Die Ausbaupläne von Boston Dynamics zeigen deutlich, dass sich Zürich in den letzten Jahren zu einem globalen Hotspot für solche Innovationsführer entwickelt hat», sagt Balz Hösly, Verwaltungsratspräsident der Standortförderung Greater Zurich Area, die für die Ansiedlung zuständig war. Technologien wie Robotik und KI prägten den wirtschaftlichen Strukturwandel und würden den Wohlstand erhalten, sagt er. In solchen Geschäftsfeldern würden in Zukunft die meisten Arbeitsplätze geschaffen.Allerdings ist kaum vorstellbar, dass Boston Dynamics in Zürich vergleichbare Dimensionen annehmen wird wie Google. Soviel ist aber sicher: Für die Schweizer Technologiefirmen entsteht ein neuer Konkurrent um Talente. Der Kampf hat bereits begonnen. An den Swiss Robotics Days soll sich vor dem Stand von Boston Dynamics eine lange Schlange gebildet haben. Laut Website sind derzeit zwei Stellen für den Standort Zürich ausgeschrieben. Es dürften bald mehr werden.