Fall Vincenz
Das höchste Gericht fällt ein wegweisendes Urteil zur Namensnennung des Westschweizer Unternehmers.
13. Juni 2024 • Beat Schmid

Der Genfer Stéphane Barbier-Mueller hatte 2022 gegen zwei Deutschschweizer Journalisten Strafanzeige wegen Persönlichkeits- und Ehrverletzung eingereicht, doch die Staatsanwaltschaften Zürich und Aargau lehnten es ab, auf die Klage einzutreten. Der Unternehmer und Kunstsammler focht diese Entscheidungen bis vor Bundesgericht an. Dieses hat seine Anträge nun definitiv abgewiesen, wie das Westschweizer Justizportal Gotham City (Abo) schreibt.

Stéphane Barbier-Mueller hatte mit Hilfe des bekannten Zürcher Medienanwalts Andreas Meili eine juristische Kampagne gegen Journalisten geführt, die seinen Namen und sein Bild im Zusammenhang mit dem Fall Vincenz verwendet hatten. Als einer von sieben Angeklagten wurde Barbier-Mueller beschuldigt, Vincenz und dem ehemaligen Aduno-Verwaltungsrat Beat Stocker geholfen zu haben, verdeckt von einem Deal mit dessen Kreditfirma GCL profitiert zu haben.

Das Bezirksgericht Zürich sprach ihn am 13. April 2022 in erster Instanz der aktiven Privatbestechung und der Gehilfenschaft zur ungetreuen Geschäftsbesorgung schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingten Geldstrafe.

Eine Umfrage ins Auftrag gegeben

Mit Urteil vom 30. April 2024 hat das Bundesgericht die Klage von Barbier-Mueller gegen eine Journalistin der NZZ bei der Staatsanwaltschaft Zürich endgültig abgewiesen. Eine weitere Klage im Kanton Aargau gegen einen Blick-Journalisten wurde ebenfalls abgeschmettert.

Stéphane Barbier-Mueller ist Immobilienentwickler, Inhaber der Immobiliengesellschaft Pilet & Renaud, Mitaktionär des Genfer Fernsehsenders Léman Bleu sowie Kunstsammler mit eigenem Museum. Er war der Ansicht, dass er in der Öffentlichkeit nicht genügend bekannt sei, um die Veröffentlichung seines Namens in diesen Artikeln zu rechtfertigen.

Aus einem Urteil des Bundesgerichts geht hervor, dass Stéphane Barbier-Mueller im Juli 2023 sogar eine Studie beim Meinungsforschungsinstitut Gfs.bern in Auftrag gegeben hatte, um seinen Bekanntheitsgrad in der Deutschschweiz und der Romandie zu messen. Damit wollte der Kläger beweisen, dass er «kaum bekannt» sei. Das Bundesgericht beurteilte diese Abklärungen als «irrelevant», wie Gotham City schreibt.

Stéphane Barbier-Mueller hatte bereits im November 2022 eine Niederlage erlitten, als er versuchte, die Veröffentlichung eines Artikels mit seinem Namen in Le Courrier über denselben Fall verbieten zu lassen. Das Genfer Gericht hatte seine Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der Status des Unternehmers und Kunstsammlers als Person des öffentlichen Lebens unbestritten sei. Das Zivilverfahren gegen die Zeitung ist noch nicht abgeschlossen.

Die Urteile des Bundesgerichts sind insofern wegweisend, weil öffentlich bekannte Personen Druck auf Medien machen, ihre Namen in Zusammenhang mit Klagen und Gerichtsverfahren in der Berichterstattung nicht zu nennen. Sie haben mit diesem Urteil eine Schlappe eingefahren.

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