Immobilienpreise
Noch ist Hongkong die Stadt mit den höchsten Immobilienpreisen der Welt. Die sinkenden Zinsen könnten dazu führen, dass Zürich bald an die Spitze rückt. In Europa ist die Stadt bereits das teuerste Pflaster.
16. Dezember 2024 • Beat Schmid

Der Zinsentscheid der Nationalbank von dieser Woche ist ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk für alle Eigenheimbesitzer in der Schweiz. Die Halbierung des Leitzinses von 1,0 auf 0,5 Prozent führt zu einem Preisschub bei Wohnungen und Einfamilienhäusern. Petra Tschudin, neu im Direktorium der SNB, sagte es selbst: Tiefere Hypothekarzinsen «führen tendenziell zu einem Aufwärtsdruck bei den Immobilien».

UBS-Immobilienspezialist Matthias Holzhey geht davon aus, dass die Eigenheimpreise 2025 wegen des SNB-Entscheids sogar «etwas stärker steigen» als im Vorjahr. Er rechnet für das kommende Jahr mit einer Steigerung von 3,5 Prozent, wobei die Preise für Einfamilienhäuser etwas stärker von den sinkenden Zinsen profitieren dürften als jene für Eigentumswohnungen.

Im Hotspot Zürich, wo die Preise ohnehin die höchsten der Schweiz sind, wird das Wohnen im Eigenheim immer teurer. «Klammert man Monaco oder einige Tourismus-Hotspots aus, ist Zürich bereits heute das teuerste Pflaster Europas», sagt Holzhey. Gemäss dem Immobiliendienstleister RealAdvisor liegen die Quadratmeterpreise an begehrten Lagen in der Stadt Zürich bereits über der 20’000-Franken-Marke.

Aber es geht noch teurer. In den Datenbanken der Luxusmakler finden sich Angebote, die deutlich darüber liegen. Julius Bär Real Estate etwa bietet aktuell eine «exklusive Topfloor-Wohnung an ruhiger Lage unterhalb des Dolder Grand Hotel» an. Kostenpunkt für die 3,5-Zimmer-Wohnung mit 157 Quadratmetern Wohnfläche: 4,5 Millionen Franken. Das sind über 28’000 Franken pro Quadratmeter.


Für dieses Geld kann man praktisch überall auf der Welt eine grössere und bessere Wohnung leisten. Gemäss Zahlen der Vergleichsplattform Numbeo liegt Zürich hinter Hongkong inzwischen an zweiter Stelle. Andere asiatische Metropolen wie Singapur, Seoul oder Shenzhen, die lange viel teurer waren, liegen deutlich hinter der grössten Stadt der Schweiz. Auch New York City ist mittlerweile günstiger als Zürich. In den USA sind die Preise wegen der anhaltend hohen Zinsen – der Leitzins liegt derzeit bei 4,75 Prozent – zum Teil deutlich gesunken.

Immobilienwelt spielt verrückt

Auch in Europa haben die hohen Zinsen in den letzten Jahren die Preise in Grossstädten wie Paris, München oder London unter Druck gesetzt. In Zürich hingegen, so UBS-Immobilienspezialist Holzhey, konnten sich die Preise trotz höherer Hypothekarzinsen halten. Noch vor wenigen Jahren bewegten sich die Wohnungspreise in den Nobelvierteln von Paris und London in eigenen Sphären. Doch heute erzielen selbst Objekte im Zürcher Kreis 5, dem ehemaligen Arbeiter- und Drogenviertel, höhere Quadratmeterpreise als im 16. Arrondissement von Paris oder in Belgravia in London.

Die Immobilienwelt dürfte noch eine Weile verrückt spielen. Der Leitzins von 0,5 Prozent, an dem sich die Saron-Hypotheken orientieren, könnte im kommenden Jahr noch weiter sinken. Nadia Gharbi, Senior Economist bei der Genfer Privatbank Pictet, schrieb diese Woche: «Wir gehen weiterhin davon aus, dass die SNB ihre Geldpolitik weiter lockern und den Leitzins im Juni auf 0,0 Prozent senken wird.» Die Ökonomin schliesst auch ein erneutes Abtauchen in den Negativzinsbereich nicht aus.

Der «Jumbo-Schritt» von SNB-Chef Martin Schlegel (48) wird die Eintrittsschwelle in den Wohneigentumsmarkt für viele junge Familien weiter erhöhen. Die günstigeren Finanzierungskosten wird die Bauwirtschaft ankurbeln. «Der jüngste Zinsrückgang dürfte die Attraktivität von Mehrfamilienhäusern als Anlageklasse weiter erhöhen», sagt er. Dass die lockeren Zinsen zu einem regelrechten Bauboom führen, glaubt Holzhey aber nicht. Auch das wird dazu beitragen, dass der Druck auf Preise so schnell nicht nachlassen wird. In nicht allzu ferner Zukunft könnte Zürich Hongkong als teuerste Stadt der Welt ablösen.