Im Verwaltungsrat der Credit Suisse rumort es. Einige Verwaltungsratsmitglieder drängen offenbar auf einen Rauswurf von CEO Thomas Gottstein. Weil der die Probleme der Bank nicht in Griff bekomme, habe er das Vertrauen einiger Mitglieder des obersten Leitungsgremiums verloren. Das berichtete Bloomberg am Freitagabend unter Berufung auf Kreise, die mit den Vorgängen vertraut sind.
Der Verwaltungsrat der Credit Suisse habe deshalb bereits Gespräche geführt, um Gottstein möglicherweise zu ersetzen. Eine Absetzung des Chefs der zweitgrössten Schweizer Bank könne bereits in diesem Jahr erfolgen. Offiziell, so Bloomberg, stehe der Verwaltungsrat zwar hinter CEO Gottstein.
Ein Misserfolg reiht sich an den nächsten
Dass Verwaltungsräte via Bloomberg einen Wechsel an der operativen Spitze der Bank ventilieren, überrascht nicht. Die Performance der Bankführung ist tatsächlich nicht über alle Zweifel erhaben, um es wohlwollend zu formulieren. Seit Gottstein im Amt ist, reiht die Bank einen Misserfolg an den nächsten. Als Bobachter bekommt man den Eindruck, dass mit jedem Problem, das gelöst wird, zwei weitere entstehen. Der Aktienkurs hat sich unter der Ägide von Gottstein mehr als halbiert.
Die Opposition gegen Gottstein dürfte aus Verwaltungsratskreisen kommen, die auch kritisch gegenüber CS-Päsident Axel Lehmann eingestellt sind. Dieser sieht keinen Anlass, den CEO auszuwechseln. In einem Interview mit der “NZZ am Sonntag” sagte er, dass er an Gottstein festhalten wolle. Er habe ihn nicht ersetzt, weil er gut sei, betonte Lehmann.
Gottstein kenne die Investmentbank, die Vermögensverwaltung und das Schweizer Geschäft. “Bei so vielen Neubesetzungen braucht es an der Spitze auch jemanden, der weiss, wie die ganze Organisation tickt und wer die Schlüsselkunden sind", sagte er. Die CS habe in der Führung im Moment eine gute Mischung aus Kontinuität und Veränderung.
Zwischen Lehmann und Gottstein passt kein Blatt Papier
Lehmann liess die Öffentlichkeit wissen: Zwischen ihm und seinen CEO würde kein Blatt Papier passen. “Diese demonstrative Unterstützung von Gottstein war ein grosser Fehler”, sagt eine dem Verwaltungsrat nahestehende Quelle. Er hätte lieber nichts gesagt. Lehmann nahm sich damit den nötigen Spielraum, die er als Präsident brauche, um auf eine veränderte Ausgangslage reagieren zu können. Für Bankinsider ist ohnehin klar, dass es diese zelebrierte Nähe überhaupt nicht gibt.
Das Entscheidende: Lehmann gewinnt mit solchen Ansagen nichts. Im Gegenteil: Dass jetzt kurz nach dem Interview Spekulationen über eine Absetzung von Gottstein nach draussen dringen, bringt Lehmann selbst unter Druck. Gegenüber der US-Nachrichtenagentur wollte die Credit Suisse "Gerüchte und Spekulationen" nicht kommentieren. "Der Verwaltungsratspräsident steht klar hinter Thomas Gottstein. Daran hat sich nichts geändert", sagte ein Banksprecher.
Ein solches Quote kann ein Sprecher nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Präsidenten geben. Axel Lehmann stärkt Gottstein also ein zweites Mal – und wieder unnötigerweise – den Rücken. Sind das erste Anzeichen, dass Lehmann die Macht im Verwaltungsrat bereits entgleitet?