Greensill-Strafverfahren
Letzten Herbst kam es zu einer Razzia in den Büros der Credit Suisse. Die Bank liess sämtliche Unterlagen siegeln. Zu unrecht, wie ein Zürcher Gericht urteilt. Jetzt muss das Bundesgericht entscheiden.
5. Juli 2022 • Beat Schmid

Die Grossbank hat vor dem Zürcher Bezirksgericht eine Schlappe eingefahren. Die Bank liess im Rahmen einer Razzia beschlagnahmte Dokumente sperren. Jetzt entschied das Gericht, den Strafermittlungsbehörden Zugang zu den Unterlagen zu gewähren. Die Bank wird das Urteil vor der nächsten Instanz anfechten. Das bestätigen mehrere Quellen gegenüber Tippinpoint. Das Bezirksgericht und die Staatsanwaltschaft wollen sich zum Sachverhalt nicht äussern.

Ein Sprecher der Staatanwaltschaft schreibt: "Gestützt auf eine im April 2021 eingegangene Strafanzeige hat die Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich eine Untersuchung gegen einen Exponenten von Greensill Capital sowie gegen Unbekannt betreffend den Verdacht des unlauteren Wettbewerbs eröffnet. Gegen bestimmte ehemalige und aktuelle Mitarbeitende des Credit-Suisse-Konzerns ist bislang keine Strafuntersuchung eröffnet worden."

Letzten Herbst wurde das Verfahren öffentlich. Die Oberstaatsanwaltschaft Zürich, welche die Ermittlungen leitet, führte Hausdurchsuchungen durch. Diese fanden in der Abteilung CS Asset Management sowie bei vier Mitarbeitern statt. Dabei beschlagnahmten die Beamten Dokumente, welche die Grossbank via Anwälte umgehend versiegeln liess.

Mit Siegelungen lassen sich Verfahren verzögern

Will die Staatsanwaltschaft auf den Inhalt der Dokumente zugreifen, muss sie beim Zwangsmassnahmengericht die Entsiegelung der Beweisunterlagen einfordern. Siegelungen kommen in Strafverfahren häufig vor. Die Credit Suisse liess schon bei der Spygate-Affäre beschlagnahmte Dokumente und Computer siegeln. Auch die Anwälte von Pierin Vincenz liessen beschlagnahmtes Material sperren.

Mit dem Mittel der Siegelung können Ermittlungsverfahren um Monate verzögert werden. Umgekehrt haben betroffenen Parteien durch die Sperre einen gewissen Einfluss darauf, dass nur Daten ausgewertet werden, die für das Verfahren relevant sind. Wie die Staatsanwaltschaft im Herbst mitteilte, richtet sich das Verfahren gegen einen Mitarbeiter von Greensill Capital sowie gegen Unbekannt.

Auslöser war eine Anzeige des Seco

Ausgelöst wurde das Verfahren durch eine Anzeige des Seco. Dass sich eine Bundesbehörde juristisch in einen Bankenskandal einmischt, ist einigermassen ungewöhnlich. Doch das Gesetz gibt ihr die Möglichkeit dazu. Der Bund kann die Justiz einschalten, wenn bei Verstössen “das Ansehen der Schweiz im Ausland bedroht” ist oder “die Interessen mehrerer Personen” bedroht oder verletzt sind, wie der Tages-Anzeiger damals schrieb.

Im Fall Greensill richtet sich der Vorwurf des unlauteren Wettbewerbs offenbar darauf, dass sich Anleger beim Vertrieb der Greensill-Fonds getäuscht sahen, weil unrichtige oder irre­füh­rende Anga­ben gemacht worden waren. Die Lieferkettenfonds der CS wurden Anlegern als sicheres Investment angeboten. Doch tatsächlich steckten in den Fonds Kredite von zweifelhaften Schuldnern wie dem Gupta-Stahlkonzern sowie sogenannte Future Receivables, also Forderungen, die noch gar nicht angefallen sind.

Die CS schreibt in einer Stellungnahme: “Wir äussern uns nicht zu laufenden Verfahren.”