EFG International
Erstmals äussert sich der Vollblutbanker zu seinem Wiedereinstieg ins Privatebanking.
22. Juli 2022 • Beat Schmid

Weggefährte von Boris Collardi können es sich nur schlecht vorstellen: Der Starbanker in der zweiten Reihe? Er, der so gerne Chef ist, der sagt, wo es langgeht und wohin nicht. Und sich in Bereiche und Geschäfte einmischt, die eigentlich ausserhalb seines Zuständigkeitsbereichs liegen? Dieser Vollblutbanker soll sich mit der Rolle als einfaches Verwaltungsratsmitglied begnügen?

Doch zu Tippinpoint sagt Boris Collardi: „Nach über 20 Jahren in exekutiven Funktionen, habe ich den bewussten Entscheid gefällt, mich künftig auf eine strategisch-unternehmerische Perspektive zu fokussieren. In dieser Perspektive wird auch die Frage der Präsidentschaft sekundär”, sagt er.

Er könne sich als Aktionär mit einer strategischen Perspektive als Board Member „bestens einbringen”, sagt Collardi. Hinzu komme, dass er sich über verschiedene Investments in anderen Branchen unternehmerisch engagiere und entsprechend in Anspruch genommen sei.

Allerdings, das Engagement bei EFG International ist das mit Abstand wichtigste. Der 48-Jährige hat 80 Millionen Franken für seinen 3,6-Prozent-Anteil ausgegeben. Collari hat also ein grosses persönliches Interesse daran, dass der Aktienkurs der Bank sich positiv entwickelt, was in den letzten Jahren nicht wirklich der Fall war.

Die anderen Investments sind wesentlich kleiner und liegen bei etwa einer Million Franken. Ende 2021 stieg er bei Roboze ein, einem Hersteller von 3-D-Druckern aus dem süditalienischen Bari. Zudem beteiligte er sich bei The Longevity Suite, einem Anti-Aging-Unternehmen aus Mailand. Eine Herzensangelegenheit ist sein Einstieg beim Fussballclub US Lecce. Sein Vater stammt aus dieser Gegend.

Das Comeback beginnt mit einem Knall

Gemäss Recherchen hätte die Finma wohl kein grünes Licht gegeben, wenn Collardi die Ambition gehabt hätte, Verwaltungsratspräsident von EFG zu werden. Die Behörde unterscheidet bei ihren “Fit and Proper”-Abklärungen, ob jemand als einfaches Verwaltungsratsmitglied oder eben als Präsident bei einer Bank aktiv wird.

Anfang 2021 kassierte Collardi von der Finma eine Rüge wegen Geldwäscherfällen bei Julius Bär, wo der CEO war. Wenige Monate später schied er als Partner bei der Genfer Privatbank Pictet aus und stand plötzlich ganz ohne Banking-Mandat da. Jetzt feiert Collardi sein Comeback bei EFG International.

Sein Einstieg bei der Zürcher Bank beginnt mit einem Knall. Der erfahrene Verwaltungsratspräsident Peter Fanconi kündigte seinen Rücktritt an, wie am Donnerstag bekannt wurde. Offenbar entschied er sich im Mai zu diesem Schritt. Die Bank musste einen Ersatz für Fanconi suchen. Ein Sprecher des scheidenden Präsidenten hält fest: “Peter Fanconi hat sich aus persönlichen Gründen zum Rücktritt als VRP von EFG entschieden. Er will sich künftig auf einige ausgewählte Mandate fokussieren. Der Entscheid hat nichts mit Boris Collardi zu."

Wie am Donnerstag ebenfalls bekannt wurde, wird Alexander Classen den Präsidentenjob übernehmen. Er ist seit 2018 Länderchef von HSBC Schweiz und verfügt im Vergleich zu Collardi über einen deutlich weniger spektakulären Lebenslauf.

Classen und Collardi, die über keinerlei Board-Erfahrung verfügen, werden am 6. Oktober in den Verwaltungsrat gewählt. Bereits am 10. Oktober wird die Bank ihre neue Strategie vorstellen. Collardi soll die Bank auf Wachstumskurs setzen und nach geeigneten Übernahmekandidaten Ausschau halten. So will es Hauptaktionär Spiros J. Latsis, der 40 Prozent an EFG hält.

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