Die Kantonalbank verdient sich im Rohstoffgeschäft eine goldene Nase. Doch transparent macht die Bank das umstrittene Geschäft nicht. Im Gegenteil.
10. August 2022 • Beat Schmid
Die Genfer Kantonalbank erzielte im ersten Halbjahr 2022 einen "Rekord-Nettogewinn". Gegenüber dem Vorjahr konnte die Bank das Ergebnis um 22 Prozent auf 78 Millionen Franken steigern. In Zeiten, in denen die meisten Banken rückläufige oder bestenfalls stagnierende Gewinne schreiben, ist das Ergebnis der Genfer Kantonalbank erstaunlich.
Wie kommt es zustande? Sucht man nach den Gründen, wird man nicht wirklich fündig. Die Bank konnte ein “markantes Ertragswachstum verzeichnen” und ihr Umsatz um 12,6 Prozent auf 231,2 Millionen Franken steigern. Zu dieser Leistung hätten “sämtliche Geschäftsbereiche” der Bank beigetragen, heisst es in einer Medienmitteilung. Dank ihrer “strategischen Ausrichtung” könne die Bank von “zukunftsträchtigen Sektoren der Wirtschaft im In- und Ausland profitieren”, heiss es weiter.
Einen versteckten Hinweis auf die überraschende Gewinnsteigerung gab es an der Medienkonferenz gestern: "Die Diversifizierung der Geschäftsbereiche ermöglicht es, aus der Präsenz dynamischer KMU und grosser Unternehmen Kapital zu schlagen", sagte Frédéric Vernet, der Finanzchef der Bank. Blaise Goetschin, CEO der
BCGE, fügte an: "Zwei Drittel unserer Ergebnisse werden mit Unternehmen erzielt. Wir sind eher eine Geschäfts- als eine Privatkundenbank." Die Bank sei ein “wichtiger Akteur” bei der Finanzierung der Genfer Wirtschaft, sagte er.
Firmenkredite haben am stärksten zugelegt
Tatsächlich haben im ersten Halbjahr die Firmenkredite am stärksten zugelegt. Das lässt sich auch aus den Zahlen herauslesen. Die von der Bank an Firmen und Privatpersonen gewährten Kredite belaufen sich insgesamt auf 18,7 Milliarden Franken (plus 400 Millionen Franken). Weil die Hypothekarforderungen konstant blieben, wuchs deshalb nur das Firmenkundengeschäft. Derzeit sind 21'049 Unternehmen Kunden der Bank. Das sind 287 mehr als noch am 31. Dezember 2021.
Herauslesen kann man auch, dass das Kommissionsgeschäft vor allem wegen der Handelsfinanzierung gewachsen ist. In diesem Geschäft vergibt die Bank Kredite mit kurzen Laufzeiten – ein einträgliches, aber auch risikoreiches Geschäft. Die
BCGE ist eine von wenigen Kantonalbanken, die in diesem Geschäft aktiv ist.
Doch mit welchen Branchen die BCGE das Geld verdient, darüber erfährt man nichts. Die
“Finanz und Wirtschaft” schrieb Ende 2020, dass laut der Nichtregierungsorganisation Public Eye die Grossbanken UBS und Credit Suisse, die Kantonalbanken der Waadt, Genf und Zürich sowie die Genfer Banque de Commerce et de Placements (BCP) im Geschäft aktiv sind. “Doch die von ihnen finanzierte Branche hat in den vergangenen Jahren eine lange Liste von Skandalen produziert: Menschenrechtsverletzung, Umweltverschmutzung, Wirtschaftskriminalität”, schrieb die FuW.
Was die Genfer Kantonalbank gestern nicht sagte und auch kein Medium schrieb: Die Bank erzielte vor allem deshalb einen Rekordgewinn, weil sie im Rohstoffgeschäft aktiv ist. Die Bank hängt es nicht an die grosse Glocke, aber sie ist eine wichtige Stütze der in der Genfersee-Region aktiven Commodity Trader.
Und diese haben seit Ausbruchs des Ukraine-Kriegs enorm viel Geld verdient. Doch in der offiziellen Medienmitteilung und im Halbjahresbericht wird das Rohstoffgeschäft mit keinem Wort erwähnt. Eine Anfrage beim Kommunikationschef der Bank gestern Nachmittag zum Einfluss des Rohstoffhandels auf das Rekordergebnis blieb unbeantwortet.
“Die Genfer Kantonalbank mischt im Rohstoffhandel ganz vor mit”
Oliver Classen, Rohstoffexperte von PublicEye, sagte im März der Zeitung “Work” zur aktuellen Situation mit Russland. “Die Margen im Handel gerade mit russischem Öl sind aktuell so gigantisch, dass auf Bonusbasis bezahlte Händler dafür auch besonders hohe Risiken eingehen. Manchmal tun sie das sogar an der Geschäftsleitung vorbei, aber nie ohne Beteiligung einer Bank. Übrigens mischt nicht nur die CS in der Rohstofffinanzierung ganz vorne mit, sondern auch die Genfer Kantonalbank.”
Dass die Bank nicht viel Aufhebens macht um das einträgliche Geschäft, ist nachvollziehbar. Doch dass die Aktionäre sich das gefallen lassen, ist erstaunlich. Kontrolliert wird die Bank von der öffentlichen Hand. Die Stadt und der Kanton Genf besitzen 20,9 beziehungsweise 44,3 Prozent. Weitere Genfer Gemeinden kontrollieren 7 Prozent. Die restlichen 27 Prozent befinden sich bei privaten Investoren.
Präsident der
BCGE ist Manuel Leuthold. Der Genfer ist auch Präsident des AHV/IV/EO-Ausgleichsfonds Compenswiss, der die Milliardenvermögen der ersten Säule verwaltet. Gemäss eigener Beschreibung war er über 30 Jahre lang für verschiedene Konzerne tätig und hatte “während dieser Zeit leitende Positionen in der Betreuung von Geschäftskunden und institutionellen Kunden wie auch im Rohstoffhandel inne”.