Financials
Nach vielen Spekulationen lässt sich etwas mit ziemlicher Sicherheit herauslesen: Kapitalkräftige Investoren aus der Golfregion werden in der Grossbank an Einfluss gewinnen. Wenn sie smart sind, werden sie viel für ihre Petrodollars bekommen.
21. Oktober 2022 • Beat Schmid

Die Verhandlungen über die Zukunft der Credit Suisse dürften übers Wochenende abgeschlossen werden. Nächsten Donnerstag wird die Bank ihren Strategieupdate vorstellen. Gestern verschickte sie die Einladung zu der Konferenz, die in London stattfinden wird. Es wird der wohl der meistbeachtete Event einer Schweizer Firma seit vielen Jahren. Und es wird der grosse Auftritt von CEO Ulrich Körner und Präsident Axel Lehmann.

In den letzten drei Monaten sind unzählige Spekulationen und Gerüchte herumgereicht worden, wohin die Reise bei der Credit Suisse gehen könnte. Darunter befanden sich lupenreine Falschmeldungen, wie etwa der Rückzug aus dem US-Markt, was die Grossbank dementierte. Nicht dementiert, aber dennoch falsch war die Meldung, wonach die CS in der Schweiz bis zu 5000 Stellen abbauen wolle.

Einiges dürfte aber auch stimmen, zumindest die grobe Richtung. Schaut man auf die in den letzten Wochen durchgesickerten Informationen und spricht man mit hohen Angestellten innerhalb der Bank, lässt sich etwas mit ziemlicher Sicherheit herauslesen: Potente Investoren aus den Golfstaaten werden in der künftigen Credit Suisse an Einfluss gewinnen.

Eine wichtige Rolle spielt CS-Verwaltungsrat Michael Klein

Die Bank scheint gleichzeitig mit den milliardenschweren Staatsfonds von Abu Dhabi (Mubadala Investment), Saudi-Arabien (Public Investment Fund) und Katar (Qatar Investment Authority) zu verhandeln. Die CS dürfte auch mit der schwerreichen saudischen Oyalan-Familie in Kontakt stehen. Eine wichtige Rolle bei den Gesprächen spielt CS-Verwaltungsrat Michael Klein, dem gute Beziehungen in die Golfregion nachgesagt werden.

Der Einfluss der Ölstaaten ist bereits heute beträchtlich. Die Qatar Investment Authority und die saudische Oyalan-Gruppe besitzen bereits jetzt grosse Anteile an der Bank. In die Bank hineingekommen sind sie während der letzten Finanzkrise im Jahr 2008. Der damalige CEO Brady Dougan war mit Board-Mitgliedern nach Dubai geflogen, um die dort locker sitzenden Gelder einzusammeln. Milliarden haben die Ölinvestoren in die CS gepumpt. Milliarden haben sie verloren.

Klar ist: So einfach wie vor 14 Jahren wird es diesmal nicht für die CS. Die Staatsfonds aus der Golfregion werden sehr genau hinschauen, was sie für ihre Petrodollars bekommen. Sie haben gelernt.

Was genau kann die CS den reichen Investoren anbieten?

Die grosse, offene Frage ist: Was genau kann die CS den reichen Investoren anbieten? Nimmt man die Grossbank beim Wort, dann sucht sie nach Ankerinvestoren für Teile der Investmentbank. Für die Golfstaaten könnte eine Beteiligung tatsächlich eine interessante Perspektive sein. Sie können zu einem aktuell stark gedrückten Preis Mitbesitzer einer globalen Investmentbank werden.

Die Golfregion hat im Finanzgeschäft bereits vieles zu bieten. Sie ist zu einem aufstrebenden Hub für Superreiche geworden. Viele Familien und Investoren sind nach Dubai geflüchtet, um restriktiven Covid-Massnahmen aus dem Weg zu gehen. Aktuell strömen reiche Russinnen und Russen in die Region – wo ihre Vermögen nicht blockiert werden. Der Immobilienmarkt boomt. Aber eine globale Investmentbank besitzt die Region nicht.

Wenn die Staatsfonds smart sind, werden sie sich diesmal nicht mit hochverzinsten Wandelanleihen oder Vorzugsaktien abspeisen lassen, worüber zuletzt ebenfalls spekuliert wurde. Sie werden für ihr Geld mehr verlangen können. Warum nicht die Mehrheit an einer abgespaltenen CS-Investmentbank übernehmen?