Kommentar
Die Credit Suisse hat sich eigentlich das Ziel gesetzt, das Geschäft zu verkleinern und zu vereinfachen. Doch herausgekommen ist ein kompliziertes Geflecht.
27. Oktober 2022 • Beat Schmid
Der heute angekündigte Umbau ist radikal und brutal und unausgegoren.
Brutal ist er für die Beschäftigten der Bank, weil in den nächsten zwei Jahren 9000 Vollzeitstellen abgebaut werden. Bis Ende Jahr sollen es 2700 Jobs sein. Brutal ist er auch für die Aktionäre. Die angekündigte Kapitalerhöhung von 4 Milliarden Franken wird die Altaktionäre um 24 Prozent verwässern, wie J.P. Morgan in einem Report ausgerechnet hat. Erst 2025 soll es wieder eine Dividende geben. Das ist in einer Ewigkeit.
Radikal ist der Umbau, weil sich die Grossbank nach Jahrzehnten schmachvoll von der Wall Street zurückzieht. Künftig wird sie nur noch eine Beteiligung an einer Investmentbank halten – wie das in den 1970er Jahren war. Die einst stolze Investmentbank wird auseinandergerissen. Bei der CS bleibt lediglich der Handel. Ihr Selbstverständnis, sich mit den global aktiven Investmentbanken zu messen, muss die CS mit dem heutigen Tag begraben.
Unausgegoren ist der Umbau, weil viele Unsicherheiten bleiben. Die künftige Struktur der Investmentbank, diesen Eindruck erhielt man heute an der Investorenkonferenz, ist noch nicht fertig geplant. Auf die zentrale Frage etwa, wer für das Funding der beiden abzuspaltenden Teile (das kapitalintensive Verbriefungsgeschäft sowie die neue CS First Boston) aufkommt, konnten die CS-Manager keine klaren Antworten geben.
Die Credit Suisse hat sich eigentlich das Ziel gesetzt, das Geschäft zu verkleinern und zu vereinfachen. Doch herausgekommen ist ein kompliziertes Geflecht, das die Verunsicherung von Anlegerinnen und Kunden eher noch vergrössern dürfte. Die CS-Aktien sausten heute 16 Prozent in den Keller. So haben sich das Präsident Axel Lehmann und CEO Ueli Körner wohl nicht vorgestellt.
Was wird die Credit Suisse in Zukunft sein? Sie wird im besten Fall zu einer Art Mini-UBS. Mini deshalb, weil ihr Vermögensverwaltungsgeschäft wesentlich kleiner sein wird als das der grossen Konkurrentin. Die Chancen sind vorhanden, das Geschäft über die Jahre auszubauen und zu einem “Asset Gatherer” nach UBS-Vorbild zu werden. Doch der Weg ist lang. Vorab steigt die Bank in die zweite Liga ab.