Bitcoins handeln mit der Yuh-App
Über das Joint-Venture Yuh können Anlegerinnen und Anleger in 25 Kryptowährungen investieren. Sogar einen eigenen Token hat die Post-Tochter im Angebot. Das Krypto-Angebot ist in mehrerer Hinsicht problematisch.
21. November 2022 • Beat Schmid

Bundesrätin Simonetta Sommaruga kommt gerade aus Sharm el-Sheik zurück, wo sie einmal mehr betonte, dass die Klimakrise die grösste Herausforderung sei, vor der wir stehen. Die scheidende Bundesrätin ist auch oberste Krisenmanagerin der Schweiz. Angesichts der drohenden Strommangellage schlug sie gemeinsames Duschen als Energiesparmassnahme vor.

Sommaruga ist als Vorsteherin des Uvek auch für die Post zuständig. Dort hat sie vor einem Jahr ihren Parteikollegen Christian Levrat zum Verwaltungsratspräsidenten gemacht. Schlecht zur Umweltpolitik Sommarugas und zum drohenden Stromengpass passen die Geschäfte der Post-Tochter Postfinance, beziehungsweise des mit Swissquote gestarteten Joint-Ventures Yuh.

Denn mit der Online-Trading- und Finanz-App kann man nicht nur in nachhaltige Anlageprodukte investieren, wie die Werbespots versprechen, sondern auch Kryptowährungen kaufen.

Kyptos und Nachhaltigkeit passen schlecht zusammen

“Kryptos sind derzeit eine der begehrtesten Anlageklassen”, heisst es in einem Yuh-Prospekt. “Du kriegst vor lauter Aufregung kein Auge mehr zu? Nicht so schlimm, kaufe, verkaufe oder behalte die gefragtesten Kryptos, wann immer du willst, 7 Tage die Woche.” Den Kundinnen und Kunden wird der Einstieg einfach gemacht. “Mit nur 25 US-Dollar kannst du bereits in Bitcoin investieren!”, heisst es.

Kyptos und Nachhaltigkeit – das passt eigentlich überhaupt nicht zusammen. Der frühere Swissgrid-Krisenmanager Paul Niggli forderte angesichts der drohenden Strommangellage vor kurzem ein Verbot von Kryptowährungen – weil sie Unmengen von Energie verschlingen. “Eine einzige Bitcoin-Transaktion verbraucht so viel Strom wie ein Haushalt in eineinhalb Monaten”, sagte er in den CH-Media-Zeitungen (Abo).

Markus Schwab ist CEO von Yuh. Er sagt auf Anfrage: Das passe insofern zusammen, als Yuh sich als eine “Möglichkeiten bietende Plattform” sehe. Man wolle eine breite Palette von Anlageprodukten anbieten. “Bei der Produktauswahl sowie bei der Weiterentwicklung der App achten wir auf die Wünsche aus der Community und richten uns danach”, erklärt er.

Swissqoin will mehr als Bonusprogramm sein

Schwab sagt weiter, dass Yuh selbst als Handelsplattform nicht aktiv an den Innovationen im Kryptobereich beteiligt sei. Doch so passiv an der Nebenlinie steht die Plattform auch nicht. Denn Yuh gibt einen eigenen Token heraus. Es handelt sich dabei um eine Art Bonusprogramm für Nutzerinnen und Nutzen. Wer mehr tradet, bekommt mehr Swissqoins gutgeschrieben.

Doch der Coin will mehr sein, wie es in einem Papier von Yuh heisst. Darin wird der Swissqoin als eigentliche “Kryptowährung” beschrieben. Zwar ist der Yuh-Coin nicht zum Handel an regulierten oder unregulierten Handelsplätzen zugelassen. Doch gemäss den Plänen von Yuh kann sich das in Zukunft ändern.

“Im Verlauf des Swissqoin-Projektes kann die Kryptowährung auf speziellen Krypto-Börsenplattformen notiert werden oder an einem organisierten Markt, der von Swissquote betrieben wird, zugelassen werden”, heisst es da. Als sogenannter ERC-20-Token, der der Ethereum-Blockchain ausgegeben wird, habe der Swissqoin die “entsprechenden Grundlagen, um eines Tages eine erfolgreiche und weitverbreitete Kryptowährung” zu sein.

Im Prinzip das gleiche Konzept wie bei FTX

Mit dem Aufbau einer eigenen “Währung”, die später auch ausserhalb von Yuh gehandelt werden kann, verfolgt das Postfinance-Joint-Venture im Prinzip die gleichen Pläne wie die kollabierte Kryptoplattform FTX von Sam Bankman-Fried. Auch bei dem von FTX herausgegebenem FTT-Token handelte es sich ursprünglich um ein Loyalitätsprogramm, das es Kundinnen und Kunden erlaubte, zu günstigeren Konditionen zu handeln.

Laut Schweizer Krypto-Experten sind solche Tokens nicht ungefährlich. “Diese Token werden vom Anbieter ohne Mining emittiert und haben in der Token-Ökonomie eigentlich einen Wert von 0”, sagte Daniel Diemers, Partner der SNGLR Group, einer Beratungs- und Investmentfirma für neue Technologien, in einem Tippinpoint-Beitrag zu den Gründen des FTX-Zusammenbruchs.

Das Unheil nahm seinen Lauf, als der Token das FTX-Ökosystem verliess. Er wurde auf anderen Börsen und externen Wallets verwahrt und gehandelt. Es entstand eine Art Kryptowährung. Spätestens wenn Token wie im Fall von FTT für Securities Lending und Leverage-Geschäfte eingesetzt werden, wird es brandgefährlich.

Dass Yuh mit dem Swissqoin ein ähnliches Debakel anrichten könnte wie FTX, ist kaum vorstellbar. Dazu sind die Dimensionen zu klein. Auf einem sogenannten Rücklagenkonto befanden sich bei der Lancierung der Yuh-App 2 Millionen Franken. Da die Gesamtzahl der Coins auf 200 Millionen begrenzt wurde, hatte jeder Swissqoin zu Beginn einen Wert von 1 Rappen.

Yuh schreibt in einer Stellungnahme, dass sich das Unternehmen von einem Vergleich mit dem Exchange FTX sowie dessen Token FTT klar abgrenzen möchte. "Das Geschäftsmodell von Yuh gründet auf dem Joint Venture der zwei Schweizer Banken Postfinance und Swissquote. Beide unterstehen der Regulierung der Finma", hält die Firma fest. Die Konten von Yuh würden von der Swissquote geführt. Der Wert des Swissqoins sei gedeckt durch eine "stetig wachsende Reserve" von Schweizer Franken gedeckt. Das bedeute, dass Halterinnen und Halter ihre Token "immer, sprich ungeachtet sämtlicher Vorkommnisse an den Kryptomärkten", in Schweizer Franken umtauschen können.

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