Crypto Goldvreneli
Die Verbindung von NFT und physischem Gold behebt Nachteile, die dem Edelmetall als Anlageklasse anhaften. Das “Crypto Goldvreneli” ist dabei eine Mischung aus physischer Goldmünze und NFT-Kunst – wurde da zu viel in ein Projekt gepackt?
31. März 2023 • Werner Grundlehner
Dicht gedrängt erwartet ein Publikum aus Anlegern, Tech-Freaks, Kunstinteressierten und Medienvertretern am Donnerstagabend im Lokal NZZ am Bellevue den Prelaunch des “Crypto Vreneli”. Der Goldhändler Philoro und der Kunst-Social-Market-Place Vivents präsentieren dem Publikum ein physischen Goldinvestment, das mit einem NFT (Non Fungible Token) kombiniert wird.
Diese neue Goldmünze steht für die Fusion zweier Anlageklassen: physisch und digital. Im Sektor, in dem schon zahllose neue Ausdrücken herumschwirren, wird ein weiterer kreiert: das “Crypto Vreneli” soll der erste Phygital Asset Coin (PAC, für physical und digital) sein. Ab Freitag können Interessierte die limitierten “Vrenelis” kaufen.
Bevor auf die Besonderheiten dieses Angebots eingegangen wird, kurz eine Einführung zu Gold auf der Blockchain. Das Edelmetall wird von der Menschheit seit Tausenden Jahren gefördert und gesammelt. Immer wieder hat Gold eine Rolle als Währung gespielt. Damit eine Währung als breit akzeptiertes Geld akzeptiert wird, muss es drei Eigenschaften aufweisen. Es muss werthaltig, teilbar, und leicht transportierbar sein. Von Vorteil ist zudem, wenn man es einfach als Recheneinheit verwenden kann.
Stabilitätsanker in unsicheren Zeiten
Gold hat über die Jahrtausende nie seinen Wert verloren. Mit dem Abkommen von Bretton-Woods von 1944 basierte das gesamte Geldsystem, insbesondere der Dollar, auf dem Edelmetall. Die US-Notenbank hinterlegte den Geldumlauf mit Gold – zu einem Kurs von 35 Dollar je Unze, und versprach den Bürgern, das Bargeld jederzeit in die entsprechende Menge Gold zu tauschen.
Der Dollar stieg damit zur Weltreservewährung auf. Die hohe Inflation zu Beginn der Siebziger Jahre führte dazu, dass die USA die Goldbindung aufgeben mussten. Aber auch heute horten die Notenbanken grosse Goldreserven, um das Vertrauen in die eigene Währung zu sichern.
Für Anleger spielt Gold eine wichtige Rolle als Stabilitätsanker in Zeiten von hoher Geldentwertung, geopolitischer oder auch nur ökonomischer Unsicherheit. Mittlerweile gibt es zahlreiche Instrumente, um in Gold zu investieren, auch ohne dass man es physisch hält. Zertifikate und ETF (Exchange Traded Funds) versprechen dem Investor, sein Engagement in diese Produkte mit pyhsischem Gold, das an einem sicheren Ort aufbewahrt wird, zu hinterlegen.
Mehr Papiergold als reales
Doch die Sache hat einen grossen Haken. Heute ist auf diese Art mit “Schuldscheinen” viel mehr Gold im Umlauf, als tatsächlich auf der Welt je geschürft worden und vorhanden ist. Auch wenn der Bürger Gold zu Hause im Tresor als “letzte Reserve” für schwere Zeiten hortet, ist der Transport und die Teilbarkeit des Edelmetalls ein Problem. Es dürfte schwierig sein, in der Krise wichtige Güter mit einem 100-Gramm-Barren zu kaufen – und vor allem zu erwarten, dass der Händler einem den verbleibenden Rest wieder in Gold zurückgibt.
Die mangelnde Tauschbarkeit und der Nachweis, dass der “Gold-Schuldschein” tatsächlich mit Gold hinterlegt ist, könnte mit der Blockchain behoben werden. Wenn der nicht physisch gelieferte Goldbarren mit einem NFT gekoppelt ist, dokumentiert dieser die Seriennummer des Goldbarrens und ist auf der Blockchain unfälschbar gespeichert. Das Goldvermögen lässt sich so auch einfach auf der Blockchain bewegen.
Seriennummer auf der Blockchain
Im Februar 2023 lancierte die in Zug domizilierte Swissgold Crypto AG den ersten, mit Goldbarren unterlegten NFT aus der Schweiz. Der Token repräsentiert das Eigentum an einem unterlegten physischen Goldbarren, die in Grössen von 1 Gramm bis zu 400 Unzen (zirka 12.4 kg) erhältlich sind. Auch Swissgold Crypto arbeitet mit Philoro, dem grössten Goldhändler Europas zusammen.
Die Goldbarren werden in zwei Hochsicherheitslagern in der Schweiz verwahrt. Der Tokeninhaber hat das Recht, jederzeit die Herausgabe des unterlegten Goldbarrens zu verlangen. Die NFT basieren auf der Ethereum Blockchain und können in einem kompatiblen Wallet gehalten werden. Jeder Token trägt eine eindeutige Kennzeichnung, die Seriennummer des unterlegten Goldbarrens sowie ein klassisches NFT-Bild und 3D Modell mit der Seriennummer des Barrens.
Zurück zum “Crypto Goldvreneli”. Dieses hat mit der traditionsreichen Schweizer Goldmünze wenig gemeinsam, ausser das es aus reinem Gold ist, in limitierter Auflage ausgegeben und in der Schweiz hergestellt wird. Im Gegensatz zum Swissgold-Angebot wird das “Crypto Vreneli” immer physisch an den Kunden ausgeliefert. Ab dem 31. März kann die Münze im Online-Shop von Philoro für die Auslieferung in die Schweiz, Österreich und Deutschland bestellt werden.
Das neue Vreneli ist eine Unze schwer
Die neue Münze ist viel schwerer als das klassische Vreneli – nämlich genau eine Unze. Das Gold ist in eine “gezackte” Münze mit einem stark verpixelten Antlitz einer Dame gegossen. Jedes Vreneli trägt einen NFT-Chip. Die erste limitierte Edition der Münze startet mit 100 Exemplaren.
Jeder Chip speichert dabei ein unikates Vreneli-Motiv in Pixel-Art-Grafik, das an die bekannten Crypto-Punks-Charaktere angelehnt ist, und trägt einen eigenen Namen. Durch das Scannen des NFT-Chips per Handy-App schaltet der Besitzer sein individuelles Crypto-Vreneli auf der Blockchain frei. “Heute ist alles fluid – auch die Anlageklassen”, sagt Christian Brenner, CEO von Philoro, an der Präsentation zur Verbindung von Gold und Krypto. “Die älteste Anlageklasse trifft auf die jüngste”.
Der Einstiegspreis für das “Crypto Vrendeli” beträgt 7999 Feanken. Der Aufpreis für die Verarbeitung der Goldunze und das unikate NFT beträgt momentan also rund stolze 6000 Franken (7999 Fr. minus aktueller Goldunzenpreis). Der Investor muss also darauf vertrauen, dass die Limitierung und der Wert des digitalen Vreneli-Bildes so viel wert ist – und bald noch an Wert zunehmen wird. Die Veränderung des Goldpreises hat bei diesem Produkt nur einen beschränkten Einfluss auf die Preisbildung.
Wird das Vreneli ein Punk?
Entscheidend wird sein, wie gesucht der NFT des Cyber-Vreneli sein wird. Eine nicht repräsentative Umfrage bei Gästen der Veranstaltung kam zum Schluss, dass die handgefertigten Bilder im Stil der Arcade-Games doch ziemlich verwechselbar mit Crypto-Punks sind. Der Hype um NFT, die keinen Zusatznutzen haben, ausser Kunst- und Sammelobjekt zu sein, scheint schon ziemlich verflogen.
Auf der App des “Crypto Vreneli” lassen sich die Goldmünze und der NFT trennen – der NFT kann zudem aus der Goldunze entfernt werden. Dieser Vorgang lässt sich jedoch nicht mehr rückgängig machen. Wer das gleich beim Kauf machen würde, hätte eine Unze Gold in ungewöhnlicher Form und einen limitierten Vreneli-NFT für aktuell etwa 6000 Franken.