Die Zürcher Klimaschutzfirma South Pole sieht sich mit schweren Vorwürfen konfrontiert. Mitarbeitende kritisieren Geheimdeals mit Ölfirmen und fordern tiefgreifende Reformen.
14. Juli 2023 • red.
Die Zürcher CO₂-Kompensationsfirma
South Pole kommt nicht aus den Schlagzeilen. Nachdem das Unternehmen mit Vorwürfen im Zusammenhang mit einem Waldschutzprojekt in Simbabwe konfrontiert wurde, gibt es nun auch interne Kritik.
Nach Recherchen des Reporterpools Source Material haben mehr als 80 Mitarbeiter einen Brief unterzeichnet, in dem sie ihre Besorgnis über die aktuellen Entwicklungen im Unternehmen zum Ausdruck bringen. Sie fordern tiefgreifende Reformen und eine Überprüfung der Klimaprojekte sowie der Zusammenarbeit mit problematischen Firmen.
Die Mitarbeitenden befürchten, dass der Ruf und die Glaubwürdigkeit des CO2-Gutschriftenmarktes gefährdet sind. Die NZZ hat die Informationen von Source Material erhalten und berichtet heute darüber.
Geschäfte mit Shell, Gazprom und Aramco
In dem Brief werden ernsthafte Bedenken über die jüngsten Entwicklungen innerhalb des Unternehmens geäussert. «Der Öffentlichkeit werde vorgegaukelt, das Unternehmen wolle echte CO₂-Einsparungen für alle erreichen und mehr Transparenz im CO₂-Markt schaffen. In der Strategie und im Tagesgeschäft sei davon aber immer weniger zu spüren. Stattdessen stelle das Unternehmen den Profit über seine Gründungsprinzipien», schreibt die NZZ.
Die Dokumente legen nahe, dass
South Pole in den vergangenen Jahren Geschäftsbeziehungen zu grossen Ölkonzernen unterhielt. Namen wie Total Energies, Chevron, Shell, Gazprom und Aramco aus Saudi-Arabien werden genannt. Diese Deals seien aber der Öffentlichkeit vorenthalten worden. South Pole habe mit diesen Unternehmen jeweils Geheimhaltungsvereinbarungen getroffen. Das Unternehmen weist die Vorwürfe zurück und spricht von einer «gängigen Praxis» bei Beratungsgeschäften.
«Ethisch fragwürdige Geheimverträge»
Ein Kritiker aus den eigenen Reihen sieht das anders und bezeichnet solche Geheimverträge als ethisch fragwürdig. Sie würden der Industrie helfen, Greenwashing zu betreiben.
South Pole scheint sich der Gefahren im Umgang mit Öl- und Gaskonzernen durchaus bewusst zu sein: «In einem Grundsatzpapier zum Umgang mit Unternehmen aus dem Bereich der fossilen Energien heisst es, dass Geschäftspartner, die ein Reputationsrisiko darstellen könnten, nicht erwähnen sollten, dass sie mit
South Pole zusammenarbeiten», schreibt die NZZ.
South Pole weist die Vorwürfe zurück und betont, nur mit Unternehmen Geschäfte zu machen, die sich glaubwürdig für die Energiewende einsetzen. Das Unternehmen habe bereits strengere Richtlinien für die Zusammenarbeit mit problematischen Firmen eingeführt, um das Risiko zu minimieren.
South Pole beschäftigt 1200 Mitarbeitende in über 30 Ländern und ist weltweit in rund 1000 Klimaprojekten engagiert. Das dadurch eingesparte CO₂ verkauft South Pole in Form von Zertifikaten an seine Kunden. So können Unternehmen ihre eigenen Emissionen kompensieren und sich als klimaneutral ausweisen. Das Geschäft ist lukrativ. South Pole soll mittlerweile mit über einer Milliarde Dollar bewertet sein.