Dass Gary Gensler, der Vorsitzenden der US-Börsenaufsicht Securities and Exchange Commission (SEC), die Krypto-Branche nicht mag, ist keine Neuigkeit. Doch sein jüngster Schachzug hat die Branche dennoch überrascht. Am Mittwoch morgen gab die Behörde bekannt, dass die Entscheidung über den Bitcoin ETF-Antrag von Ark auf Januar 2024 verschoben worden sei. Die Verschiebung erstaunt kaum – aber der Zeitpunkt. Die SEC hätte bezüglich des Antrags von Ark erst am 11. November reagieren müssen. Es ist das dritte Mal, dass die Börsenaufsicht den Entscheid für diesen Fonds aufschiebt.
Und in den Short Cuts diese Woche:
• Digitales Geld fliesst von der Schweiz nach Frankreich und Singapur
• Hypi Lenzburg wird sechstes SDX-Mitglied – doch es bleiben nur fünf
Noch Ende August feierte die Krypto-Branche die Entscheidung des US-Berufungsgerichts, die Bitcoin-ETF-Blockade durch die SEC im Fall Grayscale aufzuheben, als grossen Sieg und wichtigen Schritt in der Zulassung der zahlreichen ETF-Anträge. Die Börsenaufsicht wurde angewiesen, die Umwandlung des Grayscale Bitcoin-Trusts in einen Bitcoin-ETF nochmals zu prüfen. Neben Ark, die als erste einen Antrag eingereicht habe, stehen auch Blackrock, Fidelity, Invesco, WisdomTree und VanEck mit einem Bitcoin-ETF in der SEC-Warteschlange. Nach dem jüngsten Beschluss von Gensler fragen sich, Branchenbeobachter, ob der Traum eines amerikanischen Krypto-ETF für das laufende Jahr begraben werden muss.
Macht die Regierung dicht?
Die vorzeitige Verschiebung führen einige Beobachter auf den «Shutdown» der Regierung zurück. Denn wieder einmal droht dem US-Staat das Geld auszugehen. Jahr für Jahr wiederholt sich in den Vereinigten Staaten das Gezerre um ein neues Budget. In der Regel kommt es kurz vor dem Ende der Frist doch noch zu einer Einigung. Dieses Mal allerdings ist das Risiko gross, dass den USA Ende Monat das Geld ausgeht. Bis zum 30. September bleibt ihm Zeit, ein Budget zu verabschieden und den Regierungsstillstand zu verhindern.
Käme es zum «Shutdown», erhielten sämtliche Bundesangestellten keine Löhne mehr, sie würden also entweder zwangsbeurlaubt oder müssten ohne Lohn weiterarbeiten. Nur dringende Geschäfte und solche, die nicht durch das jährliche Budget finanziert sind, gingen weiter. Die Zulassung von Fonds durch die Börsenaufsicht gehört hier nicht dazu. Wenn es bis zum 11. November nicht zur Einigung kommt, müsste die SEC 90 Prozent des Personals entlassen und die meisten ihrer Aktivitäten einstellen.
Abgeordnete rügen SEC
Während der SEC-Vorsitzende immer wieder darauf verweist, dass der Kryptomarkt zu wenig reguliert und deshalb für die Privatanleger zu gefährlich sei, weisen vier Kongressabgeordnete Gensler auf die Widersprüchlichkeit seiner Aussage hin. In einem Brief an den SEC-Chef argumentieren die Republikaner Mike Flood, Tom Emmer und ihre Kollegen von der demokratischen Partei, Wiley Nickel und Ritchie Torres, dass die Zulassung eines Bitcoin ETF den Verbraucherschutz verbessern würde.
Die Politiker bezeichnen die Weigerung der Börsenaufsicht, einen Bitcoin Spot ETF für den Markt zu genehmigen, als Diskriminierung. Dies sei umso unverständlicher, als dass die SEC bisher Krypto-Unternehmen immer dazu aufgefordert hatte, ihre Produkte zu registrieren. Obwohl dies nun passiert sei, weigere sich die Börsenaufsicht, den Handel mit Bitcoin-ETF zuzulassen.
Viel Zuversicht im Kryptomarkt ist mit diesen ETF-Anträgen verknüpft. Die übliche Annahme hört sich etwa so an: Die Asset Manager, die einen Bitcoin-ETF-Antrag eingereicht haben, verwalten rund 17’000 Milliarden Dollar, wenn nur 1% dieser Mittel in Bitcoin fliesst, wären das 170 Millarden oder etwa ein Drittel der aktuellen Bitcoin Marktkapitalisierung.
Short cuts: News aus der digitalen Welt
Digitales Geld fliesst von der Schweiz nach Frankreich und Singapur
Während sich die Regulatoren global meist schwertun mit Kryptowährungen, machen die Zentralbanken vorwärts. Jüngstes Beispiel: Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) und die Notenbanken Frankreichs, Singapurs und der Schweiz haben einen gemeinsamen Test mit grenzüberschreitendem Handel und der Zahlungsabwicklung mit Wholesale Zentralbank-Digitalwährungen (Central Bank Digital Currency, CBDC) abgeschlossen, wie die Notenbanken diese Woche mitteilten.
Das sogenannte «Project Mariana» wurde von der Banque de France, der Monetary Authority of Singapore und der Schweizerischen Nationalbank unter der Schirmherrschaft der BIZ entwickelt. Es hat den grenzüberschreitenden Handel und die Abwicklung von hypothetischen Euro-, Singapur-Dollar- und Schweizer-Franken-CBDC zwischen simulierten Finanzinstituten unter Verwendung von Konzepten der dezentralen Finanztechnologie (DeFi) auf einer öffentlichen Blockchain getestet.
Dabei handelt es sich aber nicht um digitales Geld, das beim Bankkunden landet, sondern um «Wholesale CBDC», die von der entsprechenden Zentralbank nur an Geschäftsbanken und Nichtbank-Finanzinstitutionen ausgegeben werden. Es gilt auch zu unterscheiden, ob die Zentralbank das Projekt auf einer «permissioned» oder einer «permissionless» Blockchain plant. Auf erstere hätte nur die Notenbank Zugriff, letztere wäre für mehrere Player oder gar die Öffentlichkeit zugänglich.
Die Teilnehmer bezeichneten das Mariana-Experiment in einer Mitteilung als erfolgreich, dies obwohl noch «weitere Forschung und Experimente erforderlich» seien. Zudem beteuern die Notenbanken, um die Öffentlichkeit nicht aufzuscheuchen, dass keiner der Partner beabsichtige, eine CBDC auszugeben oder sich auf eine Technologie festzulegen. Diese Zurückhaltung gilt nur nach aussen: Im Frühling 2023 teilte der Internationale Währungsfonds (IMF) mit, er plane wegen des «beispiellosen Interesses nach Leitlinien für digitale Zentralbankwährungen» die Veröffentlichung eines CBDC-Handbuchs. Der IMF hat in den vergangenen zwei Jahren mit fast 30 Ländern zusammengearbeitet, die um Unterstützung bei CBDC baten und viele weitere Länder haben mit dem Währungsfonds zu diesem Thema Kontakt aufgenommen. (gru)
Hypi Lenzburg wird sechstes SDX-Mitglied – doch es bleiben nur fünf
Die Hypothekarbank Lenzburg schliesst sich der Börse SIX Digital Exchange an, einer Tochtergesellschaft der Schweizer Börse. Die Aargauer Regionalbank, die sich schweizweit einen Namen als Fintech erarbeitet hat, folgt damit dem Beispiel der Berner Kantonalbank, Credit Suisse, Kaiser Partner Privatbank, UBS und Zürcher Kantonalbank. Wenn man die CS und UBS zukünftig als ein Mitglied zählt, bleiben es aber fünf SDX-Mitglieder.
Mit dem SDX-Zentralverwahrer erhält die Hypothekarbank Lenzburg die Möglichkeit, auf der Blockchain-basierten Plattform verschiedene Arten von digitalen Wertpapieren zu handeln, darunter digitale Anleihen und digitale Aktien, wie es in der Mitteilung heisst. Marianne Wildi, CEO der Hypothekarbank Lenzburg, sagte dazu: «Die SDX-Mitgliedschaft ist ein wichtiger Schritt, um die Präsenz unserer Bank im Bereich der digitalen Vermögenswerte voranzutreiben». Neben der Ausgabe und Verwahrung von Token soll das Angebot der Regionalbank auch die Möglichkeit bieten, digitale Wertrechte an einem vertrauenswürdigen Handelsplatz zu emittieren.
Der Handel mit tokenisierten Vermögenswerten scheint nun endlich an Geschwindigkeit zu gewinnen, nachdem lange nur Absichten und Pläne Schlagzeilen machten. Anfangs September gab ein Manager der Londoner Börse (London Stock Exchange Group, LSEG) in der «Financial Times» bekannt, die LSEG wolle einen umfassenden Handel mit traditionellen Finanzanlagen auf Basis der Blockchain-Technologie anbieten.
Die Berner Kantonalbank wurde bereits im vergangenen Dezember an der Schweizer SDX, der weltweit ersten vollständig regulierten Finanzmarktinfrastruktur für digitale Vermögenswerte, eingebunden und gab als erste Transaktion Daura-Partizipationsscheine aus. Im Juli hatte die SDX in Zusammenarbeit mit dem Zürcher Start-up-Unternehmen Aequitec erstmals selbst als regulierter Zentralverwahrer private Aktien tokenisiert. (gru)