In den meisten Schweizer Finanzunternehmen läuft jetzt die heisse Phase der Bonusfestsetzung. Wie viel Geld schüttet der Verwaltungsrat in den Topf, aus dem die individuellen Vergütungen finanziert werden? Ist es mehr oder weniger als im Vorjahr? Und vor allem: Wie beurteilen meine Vorgesetzten, ob ich meine individuellen Leistungsziele erreicht, über- oder unterschritten habe?
Beim Winterthurer Versicherer AXA wird zumindest der letzte Punkt keinen Stoff mehr für ausgedehnte Mittagsgespräche mit Kolleginnen und Kollegen liefern. Denn im Rahmen der Personalrevolution, die der Versicherer diese Woche angekündigt hatte und in den Medien viel Beachtung fand, wird die Leistung des einzelnen Mitarbeitenden ab sofort keinen Einfluss mehr auf die Höhe des Bonus haben.
«Die individuelle Leistungsbeurteilung wird nicht mehr in die variable Vergütung einfliessen», bestätigt Daniela Fischer, Leiterin Human Responsibility von Axa Schweiz und Mitglied der Geschäftsleitung. «Mit dem neuen System wollen wir die individuelle Leistung bewusst vom Bonus entkoppeln», sagt sie.
Zwischen 2 und 33 Prozent
Damit geht AXA neue Wege. Neu gibt es eine «Zielvergütung», die sich aus einem fixen und einem variablen Teil, dem sogenannten OneAXA-Bonus, zusammensetzt und allen Mitarbeitenden im Voraus bekannt ist. Diese Transparenz ist laut Axa neu und war bei der individuellen Bonusvergabe nicht gegeben. Dieser variable Anteil variiert je nach Funktionsstufe zwischen 2 und 33 Prozent und ist im Arbeitsvertrag festgehalten.
Dieser variable Lohnbestandteil ist an den sogenannten Payout-Faktor gekoppelt, der jährlich von der Geschäftsleitung und dem Verwaltungsrat festgelegt wird. Wird dieser beispielsweise auf 105 Prozent fixiert, bedeutet dies, dass die Mitarbeitenden 105 Prozent ihres bereits vereinbarten variablen Lohnbestandteils erhalten. Der Payout-Faktor kann auch unter 100 Prozent liegen, wenn die Geschäfte nicht so gut gelaufen sind.
Jetzt kann man sich fragen: Warum braucht es bei AXA überhaupt noch Chefinnen und Chefs, wenn die Geschäftsleitung und der Verwaltungsrat über die Höhe des Bonus entscheiden? Warum sollen sie ihre Mitarbeitenden überhaupt noch beurteilen, wenn schlechte Leistungen keine finanziellen Konsequenzen mehr haben?
Personalchefin Fischer sagt, die Leistungsbeurteilung durch die Vorgesetzten finde nach wie vor statt. «Auch die individuelle Leistung wird weiterhin gemessen und kontrolliert.» Ziel sei es, dass sich die Mitarbeitenden «kontinuierlich und einfacher» weiterentwickeln und ihr Potenzial «bestmöglich» entfalten können.
«Das neue System erfordert ein Umdenken»
Dahinter steckt die Idee, dass die Mitarbeitenden motiviert werden, sich mit guten Leistungen für eine höhere und damit besser bezahlte Position auf einem höheren Job-Level zu empfehlen. «Das neue System erfordert ein Umdenken», gibt Fischer zu. Die Mitarbeiter sollen ihr «Bestes für den gemeinsamen Unternehmenserfolg» geben.
Insgesamt hat AXA 13 verschiedene Job-Levels unterhalb der Geschäftsleitung eingeführt, in die die Mitarbeitenden je nach Verantwortungsgrad eingeteilt sind. Die Job-Level ersetzen Titel wie Assistant Vice President, President, Director und Managing Director, die abgeschafft wurden.
Diese neue Systematik sei «granularer» und ermögliche es unter anderem, mögliche Karriereschritte besser abzubilden und die interne Mobilität zu fördern. Dazu hat Axa einen sogenannten Job-Katalog erstellt und im Intranet aufgeschaltet, in dem rund 450 Funktionen abgebildet und beschrieben sind.
Ganz durchgängig ist das neue System allerdings nicht. Die Versicherungsberater an der Verkaufsfront fallen nicht unter die neue Regelung. Sie werden weiterhin traditionell entschädigt, das heisst, die Vergütung erfolgt nach wie vor zu einem grossen Teil auf Provisionsbasis und bleibt damit weiterhin an die individuelle Leistung geknüpft. Laut Axa sei das neue System keine verkappte Sparübung. Die Lohnsumme bleibe gleich.