Deutliche Zunahme der Sanktionen
Die an der Schweizer Börse kotierten Unternehmen ärgern sich zunehmend über die Bussenflut der SIX. Sie hegen einen bösen Verdacht.
17. Mai 2024 • Beat Schmid

Von Januar bis Mai hat die Schweizer Börse bereits 9 Sanktionen gegen kotierte Unternehmen ausgesprochen. Allein am 14. Mai wurden vier Sanktionen gegen sogenannte Emittenten verhängt. In einem Fall belegte die Sanktionskommission ein Unternehmen mit einer Busse von 250’000 Franken, weil es «den anwendbaren Rechnungslegungsstandard IFRS und damit die Vorschriften zur Rechnungslegung (...) grobfahrlässig verletzt» habe.

Wenn es so weitergeht, wird 2024 ein neues Rekordjahr. Wie eine Auswertung der Einträge auf der Website der SIX Exchange Regulation zeigt, hat die Zahl der Sanktionen in den letzten Jahren deutlich zugenommen. In den Jahren 2017 bis 2019 waren es jeweils zwischen zwei und drei Fälle pro Jahr. Mittlerweile spricht die SIX fast monatlich so viele Sanktionen aus.

Was sind die Gründe dafür? Hört man sich unter den gebüssten Emittenten um, lautet der Tenor: Die SIX ist kleinlich geworden und zückt den Bussenblock auch bei kleinsten Regelverstössen, die keinen Einfluss auf das Marktgeschehen haben. In einem Fall verhängte sie eine Busse von 30’000 Franken, weil ein Unternehmen zwar die Geschäftszahlen an alle Marktteilnehmer verschickt, dabei aber eine E-Mail-Adresse der SIX vergessen hatte. Dies hatte keine Auswirkungen auf den Markt, da alle Teilnehmer informiert waren. Trotzdem wurde eine Busse ausgesprochen.

In einem anderen Fall hat ein Investor-Relations-Team den Geschäftsbericht zu Testzwecken einen Tag früher für wenige Sekunden auf die Website gestellt. Da der Webcrawler einer Nachrichtenagentur dies bemerkte, konnten Journalisten früher auf den Bericht zugreifen. Auch dies führte nach einer langwierigen Untersuchung zu einer Busse.

Bussgelder für einen guten Zweck

Ein Sprecher der SIX Exchange Regulation (SER), einer Tochter der SIX Group, will sich zu den Gründen für die gehäuften Sanktionen nicht äussern. Er verweist auf das Regelwerk, das von Zeit zu Zeit angepasst werde. Dass sich die SIX auf Kosten der Emittenten saniert, wie Unternehmen vermuten, lässt er nicht gelten. Mit Bussen Geld zu verdienen, sei nicht Teil des Geschäftsmodells der Börse. Die SER werde aus dem ordentlichen Budget der SIX finanziert.

Alle Bussgelder, so der Sprecher, würden einem gemeinnützigen Zweck zugeführt. Die Beträge, die in einem guten Jahr eine siebenstellige Summe erreichen können, fliessen beispielsweise in die Forschung im Finanzbereich. Da der Verwendungszweck zumindest für einen Teil der Gelder eng mit der SIX verknüpft ist, ist die Bussenflut dennoch nicht unproblematisch. Andere Unternehmen, die keine Einnahmeströme aus Bussen generieren können, müssen für imagefördernde Unterstützungsprojekte das ordentliche Sponsoringbudget anzapfen.

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