Über die Amina Bank wird viel geredet – ohne dass die Gesprächspartner allzu viel wissen. Deshalb umgibt das Institut aus Zug eine Wolke aus Gerüchten. Da wird berichtet von goldenen WC-Schüsseln in einem luxuriös ausgestatteten Hauptsitz in Zug, ehemaligen Grossbankern, die sich im Krypto-Bereich versucht hätten, ohne viel davon zu verstehen, und deshalb abgelöst wurden. Ferner machen Vermutungen über unbefriedigende Geschäftszahlen, hohe Kosten für Kunden, welche die Bank verlassen wollen und gar vom Konkurs die Runde. Was ist da dran? Tippinpoint hat sich im Crypto Valley umgehört und Stimmen gesammelt.
Und in den Short Cuts diese Woche:
• Schweizer Krypto-Bank überschreitet Gewinnschwelle
• Die Ether-ETF starten mit Schwung
• Mining-Konzern legt Bitcoin-Schatz offen
Amina Bank lässt nur wenig über den Geschäftsverlauf verlauten. Man muss angesichts der ergriffenen Massnahmen, die unten noch dargelegt werden, aber davon ausgehen, dass das Institut in den vergangenen Jahren hinter den Erwartungen und den eigenen Vorgaben zurückgeblieben ist. Das ist dem Vernehmen nach auch bei Sygnum, der anderen Schweizer Kryptobank, und dem Konkurrenten Bitcoin Suisse nicht anders.
Eine junge Geschichte mit zwei Kapiteln
Ein Insider des Crypto-Valleys sagt, man müsse die Geschichte der Bank in zwei Phasen betrachten: Amina Bank 1.0 und Amina Bank 2.0. Wobei die Phase 1.0 noch unter dem Namen Seba Bank stattfand. Die erste Phase sei geprägt worden vom damaligen CEO, dem ehemaligen UBS-Banker Guido Bühler. Bühler habe eine starke Vision gehabt. Er baute eine High-End-Bank-Lösung auf, dafür sei er keine Kompromisse eingegangen. Bühler wollte gemäss Insider eine «Premium-Premium Lösung». Er erreichte die Vorgaben nicht. Die Bank machte mit «Wucherpreisen» Schlagzeilen, weil etwa ein Kunden-Onboarding 25’000 Franken kostete. Wenn man das Institut wieder verlassen wolle, fallen angeblich ebenfalls hohe Kosten an, berichtete jüngst das Portal «Inside Paradeplatz».
Weitere Rezepte aus der Amina-Gerüchteküche: Ein Krypto-Dienstleister glaubt zu wissen, dass man dem CEO einen Co-CEO zur Seite stellen will. Es gehen auch immer wieder Mutmassungen um, dass die Bank eine Fusion mit Bitcoin Suisse oder sich Sygnum annähern möchte. Einer der Grossäktionäre – keiner der Gründer und nicht Julius Bär – sei dabei, sein Aktienpaket abzustossen. Diese Gerüchte werden von Amina dementiert: Die Bank sei Finma-reguliert und könne nicht unbemerkt einen Grossinvestor auswechseln.
Tokenisierung nicht mehr erste Wahl
Zurück zu den Fakten: In einem Interview mit der «NZZ» sagte Guido Bühler im Mai 2021: Auch wenn mehr mit Kryptowährungen umgesetzt würde, setze sein Institut langfristig nicht auf diese Währungen, sondern auf digitale Assets – wie tokenisierte Aktien. Dieses Geschäft mit tokenisierten Realwerten wie Aktien und Gold – sogenannten Real World Assets – kommt aber nicht recht in die Gänge. Dies zeigt sich auch an der jüngsten Strategieänderung des Schweizer Tokenisierungsexperten Aktionariat AG.
Hier hat der neue CEO, Franz Bergmüller, die Stossrichtung gewechselt. «Verstehen Sie mich nicht falsch, Tokenisierung ist ein Top-Use-Case für die Zukunft, momentan verdient man aber mit tokenisierten Gemälden, Wein und ähnlichem kein Geld», sagt er im Gespräch mit tippinpoint. Die Bank fokussiere sich weiterhin auf das gesamte Krypto-Angebot, Trading, Custody, Kredite auf Collaterized Cryptos und andere Bankdienstleistungen, die andere Anbieter nicht anbieten würden. Bei der anvisierten Kundschaft habe die Bank Ergänzungen vorgenommen.
Früher seien vor allem traditionelle, vermögende Kunden wie Family Offices, die z.B. 5 Prozent des Vermögens in Krypto investieren wollten, im Zentrum gestanden. Diese würde auch heute noch bedient und es würden auch «einfache» Investment-Produkte ohne Nutzung eines Wallets angeboten. Der Fokus liege mittlerweile aber auf Kunden aus dem Kryptobereich – Unternehmen und Personen, die ihr Vermögen im Blockchain-Bereich erwirtschaften. «So haben Crypto-Start-ups weiterhin Mühe, eine Bankverbindung zu bekommen», führt der CEO als Beispiel an. Es gebe keine Onboarding-Kosten mehr, fügt Bergmüller an. Gebühren für Bankleistungen werden individuell auf Kundengruppen abgestimmt. Schon bald werde Amina ein Konto für Krypto-Startups ohne Kontoführungsgebühren anbieten – wobei Kommissionskosten natürlich nicht entfallen.
Hohes Wachstum dank Krypto-Boom
Ein Beobachter bezeichnet Bergmüller als Antithese zu Bühler. Er habe weniger Visionen und wolle vor allem eine profitable, wachstumsstarke Bank aufbauen. Das Marketing sei vorübergehend zurückgefahren worden – was im Hinblick auf den Namenswechsel auch sinnvoll war. Es scheine, als ob der neue Chef zuerst liefern – und dann reden wolle. «Der Aufbau einer regulierten Schweizer Bank ist systemimmanent und mit hohen Anfangsinvestitionen verbunden. Das ist eine Begründung, weshalb die Gewinnschwelle noch nicht erreicht worden ist », sagt Bergmüller. Die Zahlen seien aber ermutigend. Im ersten Semester seien die verwalteten Vermögen um 150 Prozent geklettert, die Einnahmen in den vergangenen zwölf Monaten um 80 Prozent. Der CEO räumt aber ein, dass die Hälfte bis zwei Drittel des Wachstums des verwalteten Vermögen dem Anstieg der Krypto-Kurse zuzuschreiben sei. Unabhängig von der Preisentwicklung ist aber z.B. das Trading-Volumen um 300 Prozent gestiegen.
Das Konkurrenz-Institut Sygnum legte am Donnerstag Zahlen vor, die zeigen, dass das Institut im ersten Semester die Gewinnschwelle erreicht hat (vgl. Short Cuts). Die Amina-Bank sei in mehreren der vergangenen Monate profitabel gewesen, werde aber Ende Jahr noch keine schwarzen Zahlen ausweisen, erklärt der CEO. Das sei vorerst auch nicht das Ziel. Das Institut, das eine Niederlassung in Abu Dhabi und Hong-Kong betreibt, sowie eine Mica-Zulassung für den EU-Raum beantragt hat, investiert derzeit besonders viel in Wachstum und die (internationale) Expansion. Im kommenden Jahr werde deshalb auch eine weitere Finanzierungsrunde zum Thema.
Erfahrene Finanz-Veteranen übernehmen
Franz Bergmüller, ein etablierter Manager aus der Versicherungsindustrie, übernahm den CEO-Posten im März 2022 von Guido Bühler. Bergmüller wies aber bereits Erfahrungen in der Führung von regulierten Finanz-Start-ups aus. Im Management und in der Struktur der Bank war es bereits 2020 und 2021 bei der Seba Bank zu Umbau und Anpassungen gekommen. Wenige Monate vor dem Amtsantritt von Bergmüller hatte beim Krypto-Broker und Konkurrenten Bitcoin Suisse ebenfalls ein Manager aus der «traditionellen» Finanzwelt das Zepter übernommen. Im Dezember des vergangenen Jahres firmierte sich die Bank um: Aus Seba wurde Amina.
Auch vermögende Kunden und Institutionelle würden – wenn sie sich einmal vom Krypto-Bereich überzeugen haben lassen – vor allem auf Kryptowährungen setzen, sagt ein Finanzexperte. Und hier vor allem auf Bitcoin und Ethereum. Über das werde viel berichtet und die Mehrheit könne sich darunter etwas vorstellen. Für diese Produkte bieten aber mittlerweile viele Kryptodienstleister und traditionelle Finanzinstitute Produkte an – in den USA haben kotierte Indexfonds (ETF) auf Bitcoin und Ethereum eine Vertriebszulassung erhalten. Der Kunde muss dafür also nicht unbedingt eine Verbindung mit einer spezialisierten Krypton-Bank eingehen. «Zudem wird der Kunde etwa bei einem Gold-Token, der Gesamtkosten von 2 bis 3 Prozent p.a. aufweise, zurückhaltend, wenn ein Gold ETF für einen Fünftel der Kosten zu haben ist», ergänzt der Experte.
Mehr Lösungen als Probleme?
Zum lauen Kundeninteresse an integralen Krypto-Banken meint ein Crypto-Valley-Kenner: In der neuen Blockchain-Welt seien die Anbieter den Investoren und Kunden immer einen Schritt voraus. Der Markt sei für das neue Angebot oft nicht bereit und manchmal müsse sich dann noch zeigen, ob die neuen Produkte überhaupt gebraucht würden. Als die damalige Seba Bank im November 2019 startete, bot sie ein komplettes Bankangebot mit Krypto-Finance, Investment-Produkten sowie Liquidität durch eine voll integrierte Trading- und Kredit-Plattform an. Das Institut sah sich als einzige Bank, die den ganzen Lebenszyklus eines digitalen Vermögenswertes für Privatkunden, aber auch institutionelle Kunden abdecken kann.
Ein Verdienst von Guido Bühler war, sagt ein Experte, dass er einen starken Verwaltungsrat (in dem es im Lauf der Zeit einige Veränderungen gab) und ein ebensolches Aktionariat aufgebaut habe. Unter den Geldgebern finden sich internationale Family Offices und Finanzinstitute wie etwa Julius Bär. Damit hat Amina eine internationale Präsenz im Mittleren Osten und Südostasien geschaffen. Die bisherigen Geldgeber dürften einen langen Atem haben und auch bei einer nächsten Finanzierungsrunde mitmachen.
Ein Crypto-Valley-Beobachter fügt an, weltweit gebe es wenige Kryptobanken. In den USA seien mit der Signature und Silvergate Bank zwei Institute eingegangen und der Silicon Valley Bank, die ein hohes Krypto-Engagement aufwies, sei von der Aufsichtsbehörde der Stecker gezogen worden. Die Schweiz verfüge mit zweieinhalb etablierten Instituten im Rennen über eine starke Position. Mit dem «halben» meint der Beobachter Bitcoin Suisse, die ein ähnliches Angebot wie die Banken aufweist und einmal erfolglos eine Banklizenz beantragt hat.
Margen werden sinken
«Das Geschäftsmodell einer reinen Krypto-Bank ist begrenzt und sie sind – Stand heute – selten bis nie eine Hauptbank, sondern Kunden nutzen lediglich gewisse Dienstleistungen», sagt Fintech- und Kryptoexperte Rino Borini. So könne sich ein Institut differenzieren, doch dann müsse man konsequent diesen USP ausspielen und technologisch zu den besten gehören. Das heisse: First-Class-Research und Mitarbeitende mit einer Krypto-DNA und auf dem internationalen Parkett für Furore sorgen.
Jetzt, wo sich immer mehr Banken für Krypto öffnen, wird es gemäss Borini nochmals anspruchsvoller. Die Margen würden nicht steigen, sondern bei traditionellen Krypto-Geschäften sinken, was für den Endkunden gut sei. Langfristig könnten Krypto-Banken nur erfolgreich sein, wenn sie sich rasch international positionieren würden und/oder ein starkes B2B bzw. B2B2C-Geschäftsmodell entwickeln. «B2B/B2B2C finde ich sehr attraktiv; das ist rund um den Globus skalierbar. Damit können Krypto-Banken Lizenzerträge generieren, die weniger volatil sind als etwa Kommissionserträge im Handel», sagt Borini.
Attraktives Akquisitionsziel
«Unser vorrangiges Ziel ist es, eine globale Krypto-Bank zu werden», sagt Bergmüller. Es gebe insgesamt nur zwei spezialisierte Kryptobanken – Sygnum und Amina. «Wir schauen nicht auf Sygnum, weil der Markt gross genug ist für beide». Für Institute, die erst jetzt in den Markt einsteigen würden, heisse es aber vielfach, die Vermögensklasse ist so wichtig geworden, da haben wir nicht mehr die Zeit, das von Grund auf aufzubauen.
In anderen Ländern müssen Krypto-Banken bei Null beginnen und der Aufbau ist wegen der Regulation auch meistens aufwendiger als in der Schweiz. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass sich grosse Institute wegen internem Konkurrenzdenken und eingespielten Abläufen schwer tun, selbst einen Kryptobereich aufzubauen. Als Beispiel sei hier die Schweizer Börse SIX mit dem «ewigen» Projekt digitale Börse SDX genannt. Bisher kauften sich etablierte Banken Kompetenz bei Spezialisten ein. Die St. Galler Kantonalbank etwa bei der Amina Bank. Die Chancen stehen also gut, dass die Schweizer Krypto-Banken, die im Finanzsektor noch «kleine Fische» sind (die Amina Bank hat 170 Mitarbeiter), von grossen Mitbewerbern, die sich Kryptokompetenz zulegen wollen, gekauft werden.
Short cuts: News aus der digitalen Welt
Schweizer Krypto-Bank überschreitet Gewinnschwelle
Die Sygnum Bank verbucht für das erste Halbjahr einen Gewinn und stellt die Weichen für einen Mica-konformen erweiterten EU-Marktzugang. Gemäss einer Unternehmensmitteilung hat das Institut in den ersten sechs Monaten des Geschäftsjahres das Krypto-Spot-Handelsvolumen im Vergleich zu 2023 verdoppelt. Das sei von einem 500-prozentigen Wachstum bei Krypto-Derivaten und einem 360-prozentigen Anstieg des Kreditvolumens begleitet worden. Genaue Gewinnzahlen werden in der Mitteilung allerdings nicht ausgewiesen. Sygnum verzeichnete auch ein starkes Wachstum der Krypto-Transfervolumen von professionellen Privatanlegern, externen Vermögensverwaltern und Multi-Family-Offices, Krypto-Stiftungen, DLT-Unternehmen sowie Fonds und Hedgefonds.
Die Krypto-Bank verfügt gemäss eigenen Angaben über Kundenvermögen von rund 4,5 Milliarden Dollar sowie über ein Kernkapital von umgerechnet 125 Millionen, nach einer Kapitalerhöhung von 40 Millionen im Januar. Die Anzahl der institutionellen Kunden nähere sich 2000 an, die von einem Team von 250 Personen betreut würden. «Die Genehmigung und Einführung von Bitcoin- und Ethereum-ETF waren ein Wendepunkt für den Krypto-Sektor in diesem Jahr, der zu einem erheblichen Anstieg der Nachfrage nach vertrauenswürdigen, regulierten Engagements in digitalen Vermögenswerten führte», wird der Chief Clients Officer von Sygnum, Martin Burgherr, in der Mitteilung zitiert.
Die Ether-ETF starten mit Schwung
Am Montagabend erteilte die US-Börsenaufsicht SEC acht ETF (Exchange Traded Funds, kotierten Indexfonds), die den Spot-Kurs des Ethereum Coins abbilden, die Marktzulassung. Damit machen die Kryptowährungen einem weiteren Schritt in die etablierte Finanzwelt und werden vermehrt institutionelles Geld anziehen. Es ist auch ein Zeichen, dass die Zulassung der Bitcoin-ETF im Januar in den USA kein Einzelfall war. Um keine unnötigen regulatorischen Risiken einzugehen, verzichteten die ETF-Anbieter darauf, die von ihnen gehaltenen Ethereum-Token zu staken. Andernfalls wäre der Ether von der Aufsicht eventuell als Wertpapier eingeschätzt worden, was eine deutlich strengere Beaufsichtigung durch die Behörden nach sich gezogen hätte. Durch den Verzicht auf die Staking-Erlöse werden die Ether-ETF im Vergleich zum Direktkauf von Ether weniger attraktiv. Diese Unterscheidung gibt es beim Bitcoin zwischen den beiden Anlageformen nicht.
Das Handelsvolumen der Ether-ETF kletterte am ersten Handelstag über die 1-Milliarde-Dollar-Marke. Die ETF verzeichneten dabei einen Nettomittelzufluss von 107 Millionen Dollar. Die Vergleichszahlen am ersten Handelstag der Bitcoin-ETF sind 4,5 Milliarden und 600 Millionen Dollar. Wie im Bitcoin-Bereich gibt es auch bei Ether einen Grayscale Trust, der unter der Zulassung der ETF leidet. Am ersten Tag sind aus dem Ether-Trust fast 500 Millionen Dollar abgeflossen.
Mining-Konzern legt Bitcoin-Schatz offen
Das weltgrösste Mining-Unternehmen Marathon schreibt auf X, dass es im vergangenen Monat Bitcoin im Wert von 100 Millionen Dollar gekauft habe. Der US-Konzern wird an der Börse mit 5,8 Milliarden Dollar bewertet. In einem Post auf X schreibt Marathon-CEO Fred Thiel: «Heute kann Marathon mit Stolz verkünden, dass wir zur Stärkung unserer Strategie im vergangenen Monat Bitcoin im Wert von 100 Millionen Dollar gekauft haben und nun voll auf HODL setzen werden». HODL steht für eine Buy-and-Hold-Strategie. Das Mining-Unternehmen gab ebenfalls bekannt, dass es durch die jüngste Aufstockung schon über 20’000 Bitcoins im Wert von fast 1,3 Milliarden Dollar in der Bilanz halte und noch mehr kaufen wolle. Der Konzern will die Coins als strategische Reserve nutzen.