Industrie- und Handelsbank AG
Die Privatbank der Familie Bührle ist am Ende. Der Benko-Flop, eine US-Steueraffäre und der Abfluss von Kundengeldern brachten die Bank um ihre Existenz. Drei Milliarden Kundengelder wandern zu Vontobel.
20. September 2024 • Beat Schmid

«Vontobel übernimmt das Kundenbuch der IHAG Privatbank (IHAG)», heisst es in der nüchternen Medienmitteilung, die die Bank Vontobel am Donnerstagabend verschickte. Die IHAG ihrerseits teilte am späteren Abend mit, dass sie nach dem Vollzug des Asset Deals «und der anschliessenden Lizenzrückgabe ihre Geschäftstätigkeit mittelfristig einstellen» werde.

Zu diesem Entscheid hätten «primär die fehlende kritische Grösse» der Privatbank sowie «fehlende anorganische» Wachstumsmöglichkeiten geführt. CEO Martin Keller verlässt die Bank. Für ihn soll die Transaktion der bisherige Verwaltungsrat Sascha Hostettler als neuer CEO ins Ziel bringen.

Wie viele der 77 Mitarbeitenden entlassen werden, wurde nicht mitgeteilt. Auch Vontobel machte dazu keine Angaben. Man muss leider davon ausgehen, dass neben einigen Kundenberatern kaum mehr Mitarbeitende in die Vontobel-Büros ein paar Häuserblocks weiter ziehen werden. Ein Sozialplan werde ausgearbeitet, heisst es weiter. Ein Konsultationsverfahren wird eingeleitet. IHAG beschäftigt auch drei Lernende, für die eine Lösung in Arbeit sei.

Zum Hintergrund der Geschäftsaufgabe teilte die IHAG mit, dass das «anhaltend schwierige Marktumfeld für kleinere Privatbanken» dazu geführt habe, dass sich der Geschäftsgang «seit längerem nicht wunschgemäss» entwickelt habe. «Diverse Szenarien» wie Kooperationen und neue operative Strategien, die der Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung geprüft hatten, hätten nicht zu den gewünschten Resultaten geführt. Deshalb hätten sich die Eigentümer und der Verwaltungsrat entschieden, «die Geschäftstätigkeit einzustellen» und die Kundenvermögen an Vontobel zu übertragen.

Die IHAG gehört zur IHFI Holding, die im Besitz der Familien Anda und Bührle ist. Die Bank besteht seit 75 Jahren. Sie wurde 1949 vom Waffenindustriellen und Kunstsammler Emil Georg Bührle als Industrie- und Handelsbank AG gegründet.

Hausgemachte Probleme

Neben strukturellen Problemen hatte die IHAG auch mit selbstverschuldeten Misserfolgen zu kämpfen. Peter Rüegg, der ehemalige stellvertretende Geschäftsführer, wurde im Sommer 2021 am Flughafen von Mallorca verhaftet. Er wird von der US-Justiz gesucht, die ihm vorwirft, zusammen mit anderen IHAG-Mitarbeitern vor rund zehn Jahren Vermögen amerikanischer Kunden am US-Fiskus vorbeigeschleust zu haben.

Zudem ging die IHAG mit René Benko ein hohes Kreditrisiko ein. Wie aus den Konkursunterlagen hervorging, hatte sie dem gescheiterten Immobilienmogul 30 Millionen Euro geliehen. Bei einem Eigenkapital von 130 Millionen Franken ein enormes Klumpenrisiko. Gemäss Geschäftsbericht 2023 schrieb die Bank Kredite im Umfang von 20 Millionen Franken ab. Das Eigenkapital schrumpfte auf 105 Millionen Franken per Ende Jahr.

Zudem soll der Grosskunde Thomas Schmidheiny Vermögen abgezogen haben, wie Inside Paradeplatz kürzlich spekulierte. Ende letzten Jahres verwaltete die Bank noch Kundenvermögen von 4,5 Milliarden Franken - deutlich mehr als nun von Vontobel übernommen werden.

«Wir freuen uns sehr auf die Zusammenarbeit mit unseren neuen Kunden, die von der IHAG Privatbank kommen», lassen sich die beiden Vontobel-CO-CEOs Christel Rendu de Lint und Georg Schubiger zitieren. Die Bank erwartet, dass sich die Transaktion «vom ersten Tag an» positiv auf den Reingewinn der Gruppe auswirken wird. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Christoph Mauchle, Verwaltungsratspräsident der IHAG, sagte: «Wir bedauern die Aufgabe unserer Geschäftstätigkeit sehr.» Von den Eigentümerfamilien Anda-Bührle liegt keine Stellungnahme vor.

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