Noch vor einem Jahr prangte das Logo von Lykke auf der Website von TX Ventures, dem Investmentarm für Jungunternehmen des Verlagshauses TX Group, das unter anderem den Tages-Anzeiger und 20 Minuten herausgibt. Dann verschwand der Eintrag. Lykke ist eine von rund 20 Portfoliofirmen, in die das Zürcher Unternehmen investiert hat.
Allerdings ist die TX Group nicht Aktionärin von Lykke, sondern über Tokens am Unternehmen beteiligt. Wie das funktionierte, ist im Geschäftsbericht 2019 nachzulesen: Die Investition erfolgte 2018 in Lykke Coins, die «jederzeit in eine fixe Anzahl von Aktien der Lykke Corp gewandelt werden können», heisst es da. Lykke Corp ist die zentrale Gesellschaft im Firmengeflecht, das der Unternehmer und Gründer Richard Olsen aufgebaut hat.
Die TX Group beziehungsweise die damalige Tamedia investierte 2018 insgesamt 2 Millionen Franken in Lykke. Es sollte keine glückliche Investition werden. Bereits ein Jahr später musste der Verlag eine «negative Bewertungsanpassung von 1,5 Millionen Franken vornehmen», wie es im Geschäftsbericht weiter heisst. In den folgenden Jahren wurde die Investition vollständig abgeschrieben. Heute stehen die Coins mit null Franken in den Büchern.
Ursula Nötzli, Chief Communications & Sustainability Officer der TX Group, bestätigt auf Anfrage, dass das Unternehmen die wertlosen Coins nach wie vor besitzt. «Ja, TX Ventures ist weiterhin im Besitz von LKK-Tokens und beobachtet die aktuelle Entwicklung.» Eine Einschätzung zur aktuellen Situation bei Lykke gibt Nötzli nicht ab. «Wir teilen keine Bewertungen zu unseren Investments. TX Ventures ist weder operativ in Lykke involviert noch im Verwaltungsrat vertreten.»
Das war nicht immer so. Samuel Hügli, der bei Tamedia den Ventures-Bereich geleitet hat, sass zwischen Juni 2019 und Dezember 2020 im Verwaltungsrat der Lykke Corp. Er schied Ende 2021 im Rahmen einer Umstrukturierung aus der TX Group aus. Er habe den Bereich Ventures «neu strukturiert, fokussiert und mit der Einführung des Investment Committees professionalisiert», hiess es damals in einer Mitteilung. Hügli ist heute noch Verwaltungsratspräsident von Zattoo, an dem die TX Group eine Mehrheitsbeteiligung hält.
Ein TX-Mann sass im Lykke-Verwaltungsrat
Der frühere TX-Ventures-Mann Hügli dürfte in seiner Zeit im Verwaltungsrat von Lykke bereits viele Probleme gesehen haben. Der Kryptoplattform geht es seit Jahren schlecht. 2020 schrieb Lykke einen Verlust von 5,2 Millionen Franken, im Jahr zuvor waren es sogar 8,2 Millionen Franken. Die Situation eskalierte im vergangenen Sommer, als Lykke von Hackern angegriffen wurde. Cyberkriminelle stahlen im Juni Kryptowährungsbestände im Wert von 22 Millionen Franken – offenbar ein Viertel der Vermögenswerte.
Seither bangen Anleger, die mit kostenlosen Handelsangeboten gelockt wurden, um ihren Einsatz. Die Anwälte von Baker McKenzie haben inzwischen die Interessenvertretung potenzieller Geschädigter übernommen. Die Schweizer Finanzmarktaufsicht ist nicht oder zumindest nicht direkt zuständig, da die eigentliche Handelsplattform im lettischen Vilnius registriert ist. Einige Betroffene dürften deshalb aus allen Wolken gefallen sein. Sie glaubten, über eine Schweizer Firma zu handeln.
Das Exposure der TX Group zu Lykke besteht also weiterhin, wenn auch über wertlose Coins. Warum wird Lykke dann nicht mehr als Portfolio-Gesellschaft auf der TX Ventures Website aufgeführt? Ursula Nötzli schreibt dazu: «Wir zeigen auf der Homepage nur Firmen, an denen TX Ventures direkt als Aktionärin beteiligt ist. Dies ist bei Lykke nicht der Fall, da wir hier nur Tokens halten.» Allerdings sah man das bis vor gut einem Jahr noch anders.