Nach Skandalrücktritt von Lachappelle
Schon bald erhält die drittgrösste Bank der Schweiz einen neuen Präsidenten. Die Wahl dürfte auf einen internen Bewerber fallen. Eine weibliche Kandidatin ist schon früh von der Liste gestrichen worden.
30. Oktober 2021 • Beat Schmid
Schon in den nächsten Tagen soll der neue Präsident der Raiffeisen bekannt werden. Wie Tippinpoint erfahren hat, befindet sich der Auswahlprozess kurz vor Abschluss. Die Zeit drängt: Die Einladung an die Delegierten muss in den nächsten Tagen verschickt werden, wenn Raiffeisen, wie angekündigt, eine ausserordentliche Delegiertenversammlung Anfang Dezember abhalten will, an der der neue Mann – ja, alles deutet darauf hin – gewählt werden soll.
Gemäss zwei unabhängigen Quellen wird ein interner Kandidat das Rennen machen. Eine Lösung aus den eigenen Reihen ist insofern nicht unlogisch, als die Bank in den letzten zwei Jahren organisatorisch neu aufgestellt wurde. Ein externer Kandidat ist zu diesem Zeitpunkt nicht zwingend ein Vorteil.
Zwei Namen stechen heraus: Die Verwaltungsräte Beat Schwab und Thomas A. Müller. Beide habe viele Jahre in hohen Positionen in Banken gearbeitet und bringen den nötigen Erfahrungsschatz mit.
Ex-Sarasin-Mann in der Poleposition
Wie aus Insiderkreisen zu hören ist, hat Thomas A. Müller die besten Karten, das Spitzenamt zu übernehmen. Er kam 2018 nach dem Vincenz-Skandal in den Verwaltungsrat und leitet dort den Risikoausschuss. Der 56-Jährige sass in Geschäftsleitungen von verschiedenen Finanzunternehmen, bei Swiss Life, bei Banca Del Gottardo, Sarasin und EFG, meist in der Position des Finanz- oder Risikochefs.
Sein Handicap ist, dass er bei Sarasin in leitender Stellung war, als die Bank im berüchtigten Cum-Ex-Geschäft mitmischte. Zudem sitzt Müller in etlichen Verwaltungsräten mit Bezug zum Finanzgeschäft. Unter anderem bei der Twelve Capital AG, einem auf spezielle Versicherungs-Konstrukte spezialisierten Vermögensverwalter.
Ein Indiz, dass Müller weit oben auf der Kandidatenliste steht, liefert Raiffeisen selbst. Auf die Frage, ob Müller als Kandidat zur Verfügung stehe, schreibt die Medienstelle: “Raiffeisen Schweiz informiert die Öffentlichkeit, wenn die Nomination des Verwaltungsrates zuhanden der Generalversammlung feststeht. Vor diesem Zeitpunkt kommentieren wir grundsätzlich keine Gerüchte.”
Der letzte Teil der Aussage überrascht – und ist auch nicht richtig. Im August nahm die Bank noch klar Stellung zu möglichen internen Kandidaten. Eine Sprecherin sagte damals gegenüber dem Portal Finews, dass Interimspräsident Pascal Gantenbein für eine Kandidatur nicht zur Verfügung stehe. Die gleiche Aussage hätte die Bank bei Müller auch machen können, verzichtete aber nach Absprache mit dem Verwaltungsrat darauf.
ZKB-Chef Martin Scholl sagt ab
Noch sind die Würfel nicht gefallen. Es könnte also auch externer Kandidat gewählt werden. Einer, der für den Job prädestiniert wäre, ist Martin Scholl, der scheidende Chef der Zürcher Kantonalbank. Doch seine Kommunikationschefin erteilt eine klare Absage: “Martin Scholl steht für dieses Amt nicht zur Verfügung.”
Gute Chancen hätte auch Pascal Niquille, der eben erst bei bei der Zuger Kantonalbank als Chef zurücktrat und als Verwaltungsratspräsident von Aduno den Sturz von Pierin Vincenz einleitete. Doch Niquille ziert sich. Er lässt ausrichten, an “solchen Spekulationskarussellen” sich nicht beteiligen zu wollen. Nicht reagiert auf eine SMS-Anfrage hat Postfinance-Chef Hansruedi Köng.
Schon früh von der Kandidatenliste gestrichen wurde übrigens Antoinette Hunziker-Ebneter, die seit 2015 Präsident in der Berner KB ist. Sie ist eine der wenigen Frauen mit Schweizer Pass, die regelmässig für Spitzenämter in der Finanzindustrie angefragt wird.