Credit Suisse
Einiges deutet darauf hin, dass die Finma-Untersuchung zur Greensill-Affäre dem CEO den Kopf kosten könnte. Derweil tauchen in den Medien immer neue Namen auf, die Gottstein ablösen könnten.
19. Mai 2022 • Beat Schmid

Es ist, als ob man CS-Intern den Atem anhalten würde. Mitarbeiter warten gespannt auf die nächste Schlagzeile über ihren Arbeitgeber. Explosives wird mit Sicherheit der Finma-Bericht zur Greensill-Affäre enthalten. Das Enforcement-Verfahren befindet sich in der Endphase. Offenbar werden noch letzte Gespräche geführt. Wann der Bericht erscheint und in welcher Form, ist unklar. Sicher ist: Für den Chef der Grossbank wird er keine erbauliche Lektüre bieten.

Wenn der Bericht vermutlich in der zweiten Jahreshälfte erscheint, ist Gottstein einer der letzten Mitglieder der Geschäftsleitung, die zur Zeit der Strukturierung der skandalträchtigen Lieferketten-Fonds bereits in der Bank tätig waren. Die meisten anderen mussten die CS bereits verlassen. Als letzte treten der langjährige Finanzchef David Mathers, Rechtschef Romeo Cerutti und Asienchef Helman Sitohang ab. Wenn der Verwaltungsrat einen Anlauf nimmt, Thomas Gottstein zu ersetzen, dann um den Zeitpunkt der Publikation des Finma-Greensill-Berichts herum.

Das würde sich mit einem Bloomberg-Bericht decken, der letzte Woche viel Schub in die Nachfolge-Diskussion brachte, schrieb die Nachrichtenagentur. Einige Verwaltungsratsmitglieder würden auf einen Rauswurf von Gottstein drängen. Weil der die Probleme der Bank nicht in Griff bekomme, habe er das Vertrauen einiger Mitglieder des obersten Leitungsgremiums verloren.

Der CS-Verwaltungsrat habe deshalb bereits Gespräche geführt, um den Banker möglicherweise zu ersetzen. Eine Absetzung des Chefs der zweitgrössten Schweizer Bank könne bereits in diesem Jahr erfolgen. Gottstein ist selbst nur gerade zweieinhalb Jahre im Amt als Konzernchef, aber er gehört zusammen mit Schweiz-Chefs bereits zu den dienstältesten Mitgliedern der Geschäftsleitung. Alle anderen Mitglieder der Konzernleitung sind kaum mehr als ein Jahr im Amt.

Von A wie Andrea bis O wie Oswald

Derweil tauchen immer neue Namen auf, die Gottstein ablösen könnten. Die “NZZ am Sonntag” brachte Francesco De Ferrari, der das Wealth Management der CS leitet, ins Spiel. Die “HandelsZeitung” zauberte Sergio Ermotti und Oswald Grübel aus dem Hut. “Inside-Paradeplatz” glaubt, dass Iqbal Khan von der UBS zur CS zurückkehrten könnte. Die “SonntagsZeitung” nannte den jetzigen Investmentbanking-Chef Christian Meissner als aussichtsreichsten Kandidaten. Das britische Finanzmedium “Financial News” tippte auf Andrea Orcel, den Chef von Unicredit.

Und, wer wird es nun? Es ist davon auszugehen, dass der Verwaltungsrat eine interne Lösung bevorzugen wird. Der Grund ist einfach: Es sind schlicht zu viele externe Leute in den Monaten zur Bank gestossen, nicht nur in der Geschäftsleitung, sondern auch im Verwaltungsrat. Eine externe Führungsperson müsste zuerst die Bank kennenlernen, was in der jetzigen Situation zu viel Zeit beanspruchen würde.

Zwei Interne im Schlussgang

Legt sich die CS auf eine interne Nachfolge fest, dann würden De Ferrari oder Meissner infrage kommen. Beides wären valable Papabile. Francesco De Ferrari hat die nötige Erfahrung und das Format, um die Credit Suisse zu führen. Sein Problem ist, dass er erst in diesem Jahr das Wealth Management übernommen hat. Wenn er CEO wird, muss die CS bereits wieder einen Nachfolger suchen. Dass man mit De Ferrari einen Externen holte, zeigt, dass sich bis vor kurzem keine interne Lösung aufdrängte. Der Verwaltungsrat könnte sich scheuen, diese zusätzliche Baustelle aufzumachen.

Mehr spricht für den Österreicher Christian Meissner. Er hat sich in Europa und in den USA im Investmentbanking durchgesetzt und bringt damit das nötige Know-how und das Netzwerk mit, um die Credit Suisse, die trotz Schrumpfkurs immer noch ein Schwergewicht im Investmentbanking ist, mit sicherer Hand zu führen. Christian Meissner ist übrigens auch der Name, den Tippinpoint bereits Ende Februar auf dem Ticket hatte.

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