CS-Skandale
Sie sei nicht richtig ausgebildet gewesen für den anspruchsvollen Job bei der CS, kritisiert ein Ex-Kollege. Lara Warner sagt, Risikomanagement sei ein Teamsport.
29. März 2023 • Beat Schmid
Sie habe sich in den vergangenen Jahren immer wieder für ihre Rolle als oberste Risikochefin bei der Credit Suisse verteidigen müssen, schreibt Lara Warner in einem Social-Media-Post. Das wolle sie nicht mehr. Aber sie werde sich für die Tausenden von Mitarbeitenden des Risikomanagements einsetzen, die sie während zwei Jahren führen durfte.
Hintergrund ist ein kritischer Post eines früheren CS-Kadermanns. “Die unmittelbaren Ursachen für das Scheitern der Credit Suisse mögen zwar die Milliardenverluste in Zusammenhang mit Verlusten von Greensill und Archegos gewesen sein, aber sie kamen nicht aus dem Nichts”, beginnt der Post von P.S., einem ehemaligen Managing Director der CS. In den letzten zehn Jahren habe er miterleben müssen, wie die Bank einen guten Mitarbeiter nach dem anderen zugunsten weniger talentierter Mitarbeiter entliess.
Die Bank habe Weiterbildungsprogramme “praktisch aufgegeben”, wofür er unter anderem verantwortlich war bei der CS. Weiterbildung schaffe nicht nur kompetente Arbeitskräfte, sie fördere auch den Zusammenhalt in einem Unternehmen, schreibt er. Er stellte die Frage in den Raum: “Wie viele Mitarbeitende im CS-Risikomanagement liessen sich von GARP (Global Association of Risk Professionals) zum Financial Risk Manager (FRM) zertifizieren, darunter auch Lara Warner?”
Er möge die frühere Risikochefin, sie sei sehr begabt, aber sie sei aus dem Aktien- und Anleihen-Research gekommen. “Das Risikomanagement einer globalen Grossbank hingegen ist hochkomplex und quantitativ herausfordernd”, schreibt P.S., ein promovierter Mathematiker.
“Unverantwortlicher” Post
In ihrer Replik kritisierte Warner den Post als “unverantwortlich” und “unvollständig”, was ihren Hintergrund angehe. Auf die mutmasslich fehlende Zertifizierung ging sie allerdings nicht ein. Sie entgegnete, dass Risikomanagement ein “Teamsport” sei, der eine breite Palette von Funktionen und Bereichen umfasse wie etwa Finanzen, Compliance, IT, Recht und Personal. “Es erfordert fähige, talentierte Mitarbeiter, zusammenhängende Informationssysteme, klare Kommunikationsprotokolle, angemessene Anreizsysteme und eine angepasste Risikobereitschaft.” “Die Vorstellung, dass die Ursache jedes Problems in der Risikoorganisation liegt, ist falsch”, schreibt Warner. Zudem würden Risikobeauftragte nur “einen Bruchteil” des Gehalts ihrer Kollegen im Business verdienen. Sie hätten von vornherein kleinere Teams und würden ihre Karrieren dem Schutz der Unternehmen mit “Ehre und Integrität” widmen. Diese Fachleute sollten “mit Respekt” behandelt werden, schreibt sie.Lara Warner wurde 2019 oberste Risikochefin und Mitglied der Konzernleitung der Credit Suisse. Als im Frühling 2021 die Skandale um Archegos und Greensill die Bank erschütterten, musste sie gehen.
Letztes Jahr hat sie sich entschlossen, noch einmal die Schulbank zu drücken und ein Advanced Management Certificate in Management, Innovation und Technologie an der MIT Sloan in Boston zu erwerben. “Ich bin eine Verfechterin von lebenslangem Lernen”, schrieb sie damals in einem Post.
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