Crowdfunding
Die Finanzplattform für Frauen wird im Rahmen eines Crowdfundings mit 16 Millionen Franken bewertet – "ehrgeizig" und "im oberen Bereich" sei das, heisst es in einem Dokument für Interessierte.
9. Mai 2023 • Beat Schmid

Die Finanzplattform ElleXX von Patrizia Laeri, Nadine Jürgensen und Simone Züger ist derzeit daran, frisches Kapital über ein Crowdfunding zu sammeln. Der Start der Sammelaktion erfolgte am Dienstag und soll noch drei Wochen dauern. Wie bereits bekannt wurde, wollen die Plattform-Gründerinnen zwischen 1 und 3 Millionen Franken einnehmen.

Dafür verkauft ElleXX bis zu 22’058 Aktien zu einem Stückpreis von 136 Franken. Da es insgesamt 117’640 ElleXX-Aktien gibt, werden über das Crowdfunding also maximal 18,8 Prozent aller Aktien veräussert. Bei einem Preis von 136 Franken pro Aktie ergibt das somit eine Bewertung von 16 Millionen Franken.

Wie lässt sich diese Bewertung rechtfertigen? Dazu liess ElleXX einen sogenannten "Plausibilitätsbericht" von der Zürcher Venture-Boutique BV4 erstellen. Daraus geht hervor, dass die Plattform im letzten Jahr einen Umsatz von 180’000 Franken generierte. Fürs laufende Jahr prognostizieren die Plattform-Betreiberinnen einen Umsatz von 1 Million Franken – ein Plus von mehr als 500 Prozent. Im Jahr 2026 soll der Umsatz bereits auf 26,3 Millionen Franken hochschiessen.

Bewertung liege “im oberen Bereich”

BV4 schreibt im Plausibilitätsbericht: “Die in die Zukunft gerichteten Finanzzahlen mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 122 Prozent zwischen 2023 und 2027 sind ambitioniert.” Die Zahlen würden aber durch “dokumentierte Annahmen” gestützt.

Weiter heisst es, dass die Bewertung “im oberen Bereich” liege und als “ehrgeizig” gelte. Sie könne aber durch die “derzeitige Traktion, eine starke Online Community und den Markenwert gerechtfertigt werden”.

“Im oberen Bereich” könnte auch mit “astronomisch” gleichgesetzt werden. Mit einer Bewertung von 16 Millionen Franken wird ElleXX de facto mit dem 88fachen des Umsatzes (180’000 Franken im Jahr 2022) bewertet.

ElleXX sieht diese Bewertung im Kontext anderer Growth-Start-ups gerechtfertigt. Tatsächlich kommen Jungunternehmen wie ParknSleep, Aktionariat oder Inyova auf ähnlich hohe Umsatz-Multiplikatoren, wie Unterlagen zeigen. Die Luzerner ParknSleep, die eine Art Airbnb für Camper anbietet, wird sogar mit dem 125fachen des Umsatzes bewertet. Das Crowdfunding, das auch über die Oomnium-Plattform wie ElleXX abgewickelt wird, läuft demnächst ab. Den Plausibilitätsbericht erstellte ebenfalls die Firma BV4.

In den meisten Fällen werden Start-ups hingegen mit dem 10fachen des Umsatzes bewertet. Eine Bewertung von 16 Millionen Franken wäre somit nur dann halbwegs gerechtfertigt, wenn ElleXX in diesem Jahr den angestrebten Umsatz von 1 Million Franken auch tatsächlich schafft. Doch wie die Plattform im laufenden Jahr unterwegs ist, ist nicht bekannt. Umsatzzahlen zum ersten Quartal liegen nicht vor.

ElleXX beschafft sich unter anderem deshalb frisches Kapital, weil die Plattform mehr Geld ausgibt, als sie einnimmt. Im Bericht von BV4 heisst es dazu: Der derzeitige Barmittelbestand ermögliche es dem Unternehmen, angesichts der derzeitigen Burn-Rate das Geschäft für einen “angemessenen Zeitraum” weiter zu betreiben. Um jedoch den Geschäftsplan “vollständig umsetzen” zu können, muss das Unternehmen zusätzliche Finanzierungsmittel von Investoren beschaffen.