CS-Zusammenbruch
Ex-CS-Verwaltungsratspräsident Walter Kielholz teilt gegen Nationalbank und Finma aus. «Die Schweiz hat zu lange gewartet», sagt der Ziehvater von Urs Rohner im Interview.
5. Juni 2023 • Beat Schmid

Er werde erst reden, wenn sich die Emotionen etwas gelegt hätten, sagt Walter Kielholz. Jetzt, zweieinhalb Monate nach dem 19. März, äussert er sich im Tages-Anzeiger zum Zusammenbruch der Credit Suisse.

Er sei in den letzten Wochen in New York, Washington und Hongkong gewesen - dort herrsche die Meinung vor, dass die Schweiz zu lange gewartet habe. «Die Nationalbank SNB und der Regulator Finma haben im Herbst zu lange gezögert, die Liquidität der Credit Suisse sicherzustellen», sagt er.
Die Regierung sieht er weniger in der Pflicht. Wenn man an das Primat der Politik glaube, liege die Führung bei der Regierung. «Aber es ist sehr schwierig für einen Finanzminister, der SNB oder der Finma solche Vorgaben zu machen.» Laut Kielholz hätte man gemeinsam die Dringlichkeit der Situation erkennen und sagen müssen: «Jetzt müssen wir handeln.»

Auf die Frage, ob Ueli Maurer bereits im Herbst 2022 hätte eingreifen müssen, sagte Kielholz: «Die haben in Bern sicher nicht gesagt: Jetzt gehen wir in die Herbstferien. Das muss diskutiert worden sein - und dann hat man sich dagegen entschieden. Die Schlüsselfrage ist, aufgrund welcher Informationen das geschehen ist.»

Kielholz spricht sich für die Einsetzung einer parlamentarischen Untersuchungskommission aus. «Diesen Fragen muss jetzt nachgegangen werden. War die Regierung vorbereitet? Hat sie aktiv entschieden, kein Signal zu senden? Hatte man Angst?»

«Wir brauchten einen Juristen im Verwaltungsrat»

Kielholz, der von 2003 bis 2009 Präsident der CS war und 2014 aus dem Verwaltungsrat ausschied, rechtfertigte im Interview auch seine Unterstützung für Urs Rohner. «Ihn meinen Zögling zu nennen, wird ihm nicht gerecht», sagte er. «Er war ein bekannter Anwalt und Chef von Pro Sieben, bevor «Osi» Grübel ihn zur CS holte. Wir wussten damals, dass milliardenschwere Rechtsfälle aus den USA auf uns zukamen. Wir brauchten einen Juristen im Verwaltungsrat. Der damalige CS-Präsident Hans-Ulrich Dörig schlug Urs Rohner als seinen Nachfolger vor. Ich habe ihn unterstützt.»

Auf die Frage, ob er mit Urs Rohner den richtigen Kandidaten unterstützt habe, sagte Kielholz: «Der Personalentscheid liegt 14 Jahre zurück. Ich kann meine Unterstützung aus damaliger Sicht auch heute noch rechtfertigen.» Dass Rohner «an allem schuld gewesen sein soll», bezeichnete Kielholz als eine «steile These».

Er sieht die Verantwortung beim Verwaltungsrat. Wenn die Verwaltungsräte der Meinung gewesen wären, dass die Spitze «so falsch besetzt war, hätten sie unbedingt eingreifen müssen». Das wäre ihre Aufgabe gewesen.

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