Digital Assets Briefing
Durch die teilweise halbseidene Vergangenheit ist bei vielen das Gefühl aufgekommen, Kryptoguthaben müssten nicht versteuert werden. Doch das ist falsch und kann teuer werden. +++Dazu: Steigt die ZKB 2024 ins Krypto-Geschäft ein?; Happy Birthday Bitcoin; Leserfragen.
3. November 2023 • Werner Grundlehner

Das Ausfüllen der Steuererklärung liegt noch einige Monate in der Ferne (einige haben gerade erst jene für 2022 eingereicht). Doch wenn man etwa mit grossen Kryptovermögen jongliert, gilt bis Jahresende Daten für das Jahr 2023 zu sichern und wichtige Punkte zu beachten. «Beim Versteuern gelten keine anderen Gesetze als bei anderen Investments», sagt Bitcoin-Investment-Consultant Marc Steiner. Er wisse nicht, wieso immer noch viele Personen das Gefühl hätten, man müsste diese Guthaben nicht versteuern. Vielleicht liegt das an der «geheimen» Aufbewahrung der Coins. Wenn man die Auszüge von ausländischen Kryptobörsen oder dem eigenen Wallet nicht beilegt, erfährt die Steuerbehörde wahrscheinlich nichts von diesen Guthaben. Aber das wäre Steuerhinterziehung.



Und in den Short Cuts diese Woche:
• Steigt die ZKB 2024 ins Krypto-Geschäft ein?
• Happy Birthday and Halloween, Bitcoin!
Leserfrage: Wie kann ich Bitcoins vom Wallet in Franken wechseln?


Für die Steuern gelten folgende Regeln. Natürliche Personen haben ihr gesamtes Erwerbseinkommen aus selbständiger oder unselbständiger Tätigkeit, ihr Ersatz- oder Nebeneinkommen sowie den Vermögensertrag aus beweglichem und unbeweglichem Vermögen usw. zu versteuern. Guthaben in Kryptowährungen unterliegen der Vermögenssteuer und sind im Wertschriften- und Guthabenverzeichnis zu deklarieren. Der Nachweis hat mittels eines Ausdrucks der digitalen Brieftasche (Wallet), Stand per Ende der Steuerperiode, oder einem Auszug der Kryptobörse, welche die Guthaben aufbewahrt, zu erfolgen.

Wallet-Auszüge und Transaktionsbelege

Für Bitcoin und weitere geläufige Kryptowährungen publiziert die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) einen Jahresendsteuerkurs. Andere Kryptowährungen sind zum Jahresschlusskurs der für diese Währung gängigsten Börsenplattform zu deklarieren. Bei mittlerweile mehreren Tausend Altcoins ist es gut möglich, dass den Steuerbehörden bei wenig bekannten Token nebst den Wallet-Auszügen teilweise auch die entsprechenden detaillierten Transaktionsbelege eingereicht werden müssen. «Bei Non Fungible Token, den NFT, wird auch der Marktpreis verwendet, ein solcher ist jedoch oft nicht vorhanden, deshalb greift man auf den Kaufpreis zurück», sagt Gilbert Lenherr von Cryptotax. Die Einnahmen eines NFT stellen den «Transaktionsfluss» dar.

Kursgewinne werden als Kapitalgewinne gewertet und sind in der Schweiz steuerfrei. Allerdings sind auch Kursverluste steuerlich nicht abziehbar. Das Schürfen (Mining) von Kryptowährungen durch Zurverfügungstellung von Rechenleistung gegen Entgelt durch eine natürliche Person führt bei dieser zu steuerbarem Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit.

Die Einnahmen aus dem Staking und Lending müssen ebenfalls als Einkommen erfasst werden. Beim Staking werden Coins für einen bestimmten Zeitraum in einer Proof-of-Stake-Blockchain blockiert. Die gesperrten Vermögenswerte werden dann dazu verwendet, einen Konsens zu erzielen, welcher zur Sicherung des Netzwerks und zur Sicherstellung der Gültigkeit jeder neuen Transaktion, die in der Blockcahin festgehalten wird, erforderlich ist. Für die Sperrung der Kryptos werden die Validatoren mit neuen Coins aus dem Netzwerk belohnt. Beim Lending handelt es sich um einen Leihvorgang, bei dem Kryptowährungen über meist spezielle Lendingplattformen verliehen werden. Faktisch handelt es sich dabei um nichts anderes als um ein kryptobasiertes Darlehen. Für das Verleihen der Kryptowährungen wird ein Zins in Form von Coins gutgeschrieben.

Gewerbsmässig oder nicht

Eines der grössten Risiken im Umgang mit Kryptovermögen liegt in einer von den Steuerbehörden möglicherweise angenommenen gewerbsmässigen Tätigkeit. Bei Nicht-Deklarierung können hierbei erhebliche Bussen (bis zum Dreifachen der hinterzogenen Steuern) anfallen! Bei einem gewerbsmässigen Handel mit Kryptowährungen sind die Gewinne steuerbar und die Verluste steuerlich abzugsfähig. Bei Vorliegen einer Gewerbsmässigkeit ist zusätzlich noch die AHV geschuldet. Die Kriterien für den gewerbsmässigen Wertschriftenhandel sind im ESTV-Kreisschreiben Nr. 36 vom 27. Juli 2012 festgehalten. Unternehmen rechnen Gewinne aus dem Handel mit Kryptowährungen ihrem Ertrag hinzu und führen den Bestand von Kryptowährungen in ihrem Betriebsvermögen. Auch Kursschwankungen sind in diesem Fall nach handelsrechtlichen Grundsätzen in der Buchhaltung zu erfassen.

Räumt ein Token dem Eigentümer weitere Rechte ein, die über die «typischen» Merkmale und Rechte von Kryptowährungen hinausgehen, so werden die Steuerfolgen individuell je nach den konkreten Merkmalen beurteilt. Dabei kann es sich an den Token gekoppelte Dividenden-, Stimm- und Liquidationsrechte oder digitale Zins- und Forderungsrechte handeln. Auf die Frage was für ihn als Krypto-Steuerexperten die häufigsten Probleme seien, antwortet Lenherr. «Oft führt die Menge an Transaktionen, die ausgewertet werden muss, zu technischen Problemen». Zudem sei das Validieren von Kryptowerten grundsätzlich herausfordernd ebenso wie das Erstellen von Steuerreporten, die von ausländischen Börsen oft nicht geliefert werden.




Short cuts: News aus der digitalen Welt

Die nächste Kantonalbank bietet Krypto-Anlagen – wann betritt der Elefant die Tanzfläche?

Nun können auch die Kunden der fünfgrössten Kantonalbank, jener aus St.Gallen, Depot- und Handelsdienstleistungen für Bitcoin und Ethereum bei ihrer Hausbank beziehen. Zu diesem Zweck ist die St. Galler Kantonalbank Anfang Jahr eine Partnerschaft mit der Kryptobank Seba eingegangen. Die Luzerner Kantonalbank hat mit ihrer Ankündigung eines Krypto-Angebots Anfang August einen Wettlauf um die Einführung von Krypto-Dienstleistungen ausgelöst.

«Bis Mitte 2024 werden sich neben der Luzerner, Zuger und St. Galler Kantonalbank sicher weitere Staatsinstitute dieser Entwicklung anschliessen. Für Privatkunden in der ganzen Schweiz bedeutet dies einen leichten Zugang zu Bitcoin und Ether über die Hausbank», sagt Leon Curti, Head DeFi Strategy, Digital Asset Solutions AG.

Die grosse offene Frage ist gemäss Curti, wann sich die Zürcher Kantonalbank positionieren werde. «Schliesslich ist es ein offenes Geheimnis, dass im Hintergrund bereits Vorbereitungen getroffen werden», so der Experte. Als grösste Staatsbank der Schweiz würde die ZKB mit ihrem Segen auch die Pforten für zurückhaltende Kantonalbanken öffnen und den Krypto-Standort Schweiz untermauern. Curti erwartet den Markteintritt der ZKB im Jahr 2024.


Happy Birthday and Halloween, Bitcoin!

«Trick or Treat» - «Süsses oder Saures», oder je nach Übersetzungsart auch «List oder Tücke» - , was hatte die Einzelperson oder die Gruppe im Sinn, die unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto an Halloween vor 15 Jahren das Bitcoin-Whitepaper publizierte. Das Grundlagenpapier war die Geburtsstunde für das erste dezentrale, digitale Zahlungssystem, das auf einer dezentralen Datenbank (Blockchain) basiert. Der Bitcoin feierte also diese Woche seinen 15. Geburtstag. Aber hat er sich so entwickelt, wie es der oder die Gründer beabsichtigten?

In den vergangenen Jahren hat der Bitcoin eine breite Anhängerschaft gewonnen, zudem entstanden zahlreiche Imitate und auch weitere Kryptowährungen, die anders aufgebaut und für andere Anwendungen vorgesehen sind. Kurz vor seinem Geburtstag hat der Bitcoin zu einer Rally angesetzt und notiert nahe 35’000 Dollar – dem höchsten Stand seit April 2022. Dieser Höhenflug hat die Ursache einerseits im makroökonomischen Umfeld – es sieht mittlerweile so aus, als dass die Zinsen nicht mehr steigen, sondern schon bald sinken würden – und in Bitcoin spezifischen Faktoren.

Einerseits ist dies das Halving. Voraussichtlich im April 2024 wird das Entgelt für die Miner halbiert, andererseits in den zahlreichen Zulassungsanträgen für Bitcoin-Spot-ETF (börsengehandelte Indexfonds) von grossen amerikanischen Asset-Managern. Während das Erste in der DNA des Bitcoins begründet ist, dürfte das zweite weniger im Sinn der Bitcoin-Gründer liegen. Diese wollten Finanzintermediäre obsolet machen.

In den vergangenen Monaten hat sich gezeigt, dass Wall Street – oder die traditionelle Finanzwelt – den Bitcoin immer mehr vereinnahmt. Das zeigt sich auch am Handel mit Bitcoin-Derivaten, mit denen spekuliert wird, ohne dass man Bitcoins «in die Hand nehmen muss». Das offene Interesse an Bitcoin-Optionen an allen Börsen erreichte gegen Ende Oktober ein Allzeithoch und überschritt die Marke von 16 Milliarden Dollar. Die Chicago Mercantile Exchange (CME) steht kurz davor, Binance als wichtigsten Bitcoin-Handelsplatz abzulösen. Binance ist bisher der grösste Krypto-Derivatemarkt der Welt, der fast 25 Prozent des Marktes für offene Bitocin Futures ausmacht. Die hohe Zahl an offenen Optionsgeschäften deutet auf eine hohe Volatilität in nächster Zeit hin.


Frage an tippinpoint: Wie kann ich Bitcoins vom Wallet in Franken wechseln?

Eine Leserin hat vor einigen Jahren von ihrem damaligen Freund einen Bitcoin auf einem Stick erhalten. Sie ist aber gar keine «Bitcoinerin» und möchte nun diesen Reichtum in Franken tauschen. Weil diese Frage nur auf den ersten Blick banal erscheint, haben wir Rino Borini, Gründer und CEO von Scarossa und Krypto-Dozent um Rat gefragt. Seine Antwort:

«Das ist gar nicht so simpel, beziehungsweise es wäre simpel, wenn das richtige Mindset vorhanden wäre. Die Leserin könnte den Bitocin auf eine Bank einliefern, die Einlieferungen akzeptiert. Am günstigsten ist wohl Swissquote. Diese Bank erlaubt Bitcoin-Transfers von Whitelist-Börsen, aber auch von Wallets, wenn man der alleinige Besitzer ist. Im letzteren Fall wird Swissquote wohl einen Whitelabeling-Test durchführen, um festzustellen, ob man der Besitzer ist. Wenn der Bitcoin eingeliefert wird, kommt es zu einer Wallet-Überprüfung, einer Nachverfolgung des Bitcoins. Eine andere Variante, die man probieren könnte, wäre ein Wallet bei der Bitcoin-App Relai eröffnen und schauen, was passiert, wenn die Kundin einen Bitcoin vom Hardware Wallet schickt. Relai hat 21Analytics Software im Einsatz, die dies ermöglicht und vereinfacht. Im nächsten Schritt könnte sie dann den Bitcoin verkaufen, da muss sie dann den Online KYC Prozess durchführen. Die Verkaufsgebühren liegen bei 2 Prozent, mit Code und Betrag über 100 Franken kriegt man diese auf 1 Prozent runter. Swissquote müsste meines Wissens günstiger sein. Letztlich müssen die Anbieter die Travel Rule einhalten, gemäss Geldwäschereiverordnung der Finanzmarktaufsicht.

Grundsätzlich bin ich der Meinung, wenn ein Institut ein Krypto-Offering anbietet, dann muss dies mehr sein als nur der Kauf und Verkauf über die eigene Plattform, sondern sollte eben auch die Möglichkeit von Senden und Empfangen von Bitcoin umfassen. Dafür müssen die Banken in die entsprechende Technologie investieren. Doch viele Banken scheuen sich weiterhin vor Krypto (auch wenn einige nun starten, aber damit holt man noch keinen Pokal). Aber wer Krypto wirklich ernst nimmt, muss auch eine Senden- und Empfangen-Dienstleistung anbieten. Das heisst aber für die Institute: Investieren in Knowhow (Mitarbeiter) und Technologie/Software und entsprechend ein Risiko-Dispositiv aufbauen (Risk-Management). Letzteres sollte die Kernkompetenz einer Bank sein. Diese Entwicklung erwarte ich baldmöglichst von Universal- und Kantonalbanken, die nun in Krypto Fuss fassen.»

Haben Sie eine Frage zu Kryptos? Mailen Sie uns: gru@tippinpoint.ch

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