Sustainability
Politischen Grabenkämpfen zum Trotz verwaltet der grösste Vermögensverwalter der Welt immer mehr ESG-Anlagen. Allerdings zeichnet sich ein neuer Trend ab, der vielen Asset-Managern nicht gefallen wird.
14. Februar 2024 • Beat Schmid

Der weltweit grösste Vermögensverwalter hat in den letzten zwei Jahren in jedem Quartal Nettozuflüsse im ESG-Bereich verzeichnet. Insgesamt ist das von Blackrock verwaltete und unter ESG subsumierte Vermögen seit Anfang 2022 bis Ende letzten Jahres um 53 Prozent gestiegen. Das geht aus einer Statistik von Morningstar hervor. Damit übertraf Blackrock den breiteren ESG-Fondsmarkt, der nur um rund 8 Prozent zulegte.

Laut Morningstar verwaltet Blackrock rund 320 Milliarden US-Dollar in ESG-Fonds – mehr als jede andere Investmentgesellschaft in Europa, den USA oder anderswo. Blackrock selbst beziffert auf seiner Nachhaltigkeitsplattform die entsprechenden Vermögenswerte auf 665 Milliarden US-Dollar. Das zeigt, dass in der Welt des nachhaltigen Investierens nach wie vor mit sehr unterschiedlichen Massstäben gemessen wird. Bei der Interpretation der Statistiken ist grösste Vorsicht geboten, da viele Anlagen um- und rücketikettiert werden.

Neben den politischen Reibereien rund um das Thema ESG hatten nachhaltige Anlagen auch sonst einen schweren Stand. Die makroökonomischen Kräfte, die seit dem Ende der Pandemie vorherrschen, erwiesen sich als Giftcocktail für viele grüne Aktien, die traditionell in ESG-Portfolios zu finden sind. Im vergangenen Jahr fiel der S&P Global Clean Energy Index um 20 Prozent, während der S&P 500 um 26 Prozent zulegte.

Weltweit schrumpft das Geschäft

Natürlich ist ESG nicht gleichbedeutend mit der Energiewende und dem Ausstieg aus fossilen Energieträgern. Viele Fonds sind technologielastig und konnten entsprechend profitieren. Dazu gehören drei Blackrock-Fonds, die 2023 die höchsten Zuwächse erzielten und auf Titel wie Microsoft und Apple setzen. Auch sogenannte Transition-Fonds, die in Unternehmen investieren, die ihr kohlenstoffintensives Geschäft umbauen wollen, legten laut Morningstar zu.

Der breitere ESG-Fondsmarkt erlitt in den letzten drei Monaten des Jahres einen herben Rückschlag. Die Abflüsse wurden von den USA angeführt, wo die Rücknahmen die europäischen Zuflüsse nicht kompensieren konnten. Während der globale Fondsmarkt im letzten Quartal 2,5 Milliarden Dollar an ESG-Kundengeldern verlor, verzeichnete Blackrock laut Morningstar Nettozuflüsse in Höhe von 4,7 Milliarden Dollar, angeführt von seinem europäischen Geschäft und indexnahen Strategien.

Passiv schlägt aktiv

Blackrock verzeichnete 5,6 Milliarden US-Dollar an neuen Geldern, die in passive ESG-Strategien flossen. Damit wurden die Nettoabflüsse aus aktiven Strategien in Höhe von rund 900 Millionen US-Dollar ausgeglichen. Laut Morningstar beginnen indexbasierte ESG-Investments allmählich das aktive Management zu verdrängen. Selbst in Europa, dem mit Abstand grössten Markt für ESG-Investments, sei der Trend auffällig, so das Analyseunternehmen. Passive ESG-Fonds brachten im vergangenen Quartal 21,3 Milliarden Dollar ein, während Kunden aus aktiv verwalteten ESG-Fonds fast 18 Milliarden Dollar abzogen, so Morningstar.

Diese Entwicklung ist umso bemerkenswerter, als ESG-Fonds eigentlich immer als besonders geeignet für aktives Management galten, da man davon ausging, dass zusätzliche Analyseschichten notwendig seien, um Risiken wie Klima und Biodiversität zu identifizieren und auszuschalten.

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