Anlegen ist im Grunde eine trockene und langweilige Angelegenheit. Die zahlreichen Banken, Vermögensverwalter, Finanzdienstleister und Fondsanbieter müssen sich differenzieren – das macht man am besten mit einer guten Story und Stars. Cathie Woods ist unter den Vermögensverwaltern ein Star und hat viele Anekdoten auf Lager.
Das zieht das Publikum an. Der Saal des Kaufleuten ist am Dienstagabend proppenvoll, als die US-Tech-Investorin, die für riskante Wetten mit bescheidener Diversifikation bekannt ist, das Wort ergreift. Geschäftspartner, Vermögensverwalter, Krypto-Interessierte, Journalisten – ein breites Publikum wartet gespannt auf die Weisheiten der Gründerin und CEO von ARK Invest.
Wood machte sich im Jahr 2020 einen Namen und gelangte als «Superinvestorin» in die Schlagzeilen. Nach dem Corona-Crash im März des Jahres gelang es ihr, den Wert ihres ARK Innovation Fonds innerhalb von elf Monaten zu vervierfachen. Sie hatte voll auf disruptive Technologien und deren Firmen gesetzt und entsprechend gewonnen. Tesla war dabei ein wesentlicher Werttreiber. Auch an diesem Abend wird klar, Tesla und dessen Gründer Elon Musk sind auch nach den jüngsten Rückschlägen weiterhin die Sonne, um die die Anlageentscheidungen von Ark kreisen.
Ihr Weg zur Berühmtheit zeigt, dass Wood es schafft, vor allem mit guten News in den Schlagzeilen zu sein. Denn als die Tech-Investorin und ihr Fonds entdeckt werden, ist dieser schon sechs Jahre alt. Gegründet hatte Wood ihr Unternehmen Ark Invest 2014, weil die Fondsgesellschaft AllianceBernstein, ihr damaliger Arbeitgeber, nichts von ihrer Idee hielt, einen Fonds aufzulegen, der ganz auf disruptive Technologien setzt.
«Ich hatte nicht die Absicht, ein Unternehmen zu gründen»
Wood führt in Zürich aus, dass sie nie die Idee hatte, «ein Unternehmen zu gründen, geschweige denn, eins zu führen». Das habe sich einfach so ergeben. Denn nach dem Platzen der Dot-Com-Blase und insbesondere nach der Finanzkrise 2008/09 sei sie von ihrem Arbeitgeber angewiesen worden, «das Risiko aus den Fonds zu nehmen». Diese hätten dann in etwa ausgesehen wie der breite US-Aktienindex S&P-500. Das sei aber nicht ihre Idee von aktivem Management gewesen.
Auch für die Namensgebung ihrer neuen Asset-Management-Gesellschaft hat die gläubige Christin eine gute Geschichte auf Lager. Eines Abends sei ihr der Name ARK of the Covenant eingefallen. Das ist der englische Begriff für die Bundeslade, den Kultgegenstand der Israeliten, den sie mit in ihre Schlachten nahmen, «weil sie damit Gott mitführten». Im Kampf um die Anleger schien ihr das ein geeigneter Name zu sein. Weil die US-Behörden ARK allein nicht zuliessen, machte Wood daraus das Akronym für «Active Research Knowledge».
Die Zahlen erzählen eine andere Geschichte
Mit fast religiösem Eifer referiert Wood in Zürich über technologische Innovationen, in die ihre verschiedenen ETF investieren. Doch das aktive Management ist nicht so erfolgreich, wie das Image von Wood vermuten lassen würden. Nach den raketenhaften Gewinnen im Jahr 2020, verlor der ARK Innovation ETF im folgenden Jahr fast 18 Prozent und 2022 sogar gegen 65 Prozent – ein Debakel. Auch das Plus im vergangenen Jahr von 62 Prozent hat nur die Verluste ausgebügelt. Der Fonds steht wieder da, wo er vor dem Aufstieg im Jahr 2020 notierte. In die letzten fünf Jahren hat der Ark Flaggschiff-Fonds knapp acht Prozent verloren. Der MSCI World legte im selben Zeitraum über 50 Prozent zu, der Nasdaq 100 Index sogar rund 125 Prozent.
In diesem Jahr ist der ARK Innovation Fonds schon wieder gegen 5 Prozent im Minus, vor allem wegen des Engagements in Tesla. Nach den vergangenen Rückschlägen ist der Konzern von Elon Musk nur noch die zweitgrösste Position im Flagship-Fonds hinter den Titeln der Kryptobörse Coinbase. Doch Wood ist weiterhin überzeugt von Tesla. Das Unternehmen sei führend im autonomen Fahren, was wiederum die Verbindung von drei der wichtigsten Innovationsfelder sei, nämlich Robotik, Speicherung von elektrischer Energie und künstlicher Intelligenz. «Unsere Kunden verstehen den Anlagestil und die daraus folgende Volatilität», sagt Wood dem Zürcher Publikum.
Der Sprung nach Europa
Nach den Ausführungen Woods zu weiteren innovativen Bereichen, die unsere Zukunft definieren werden und in die es sich zu investieren lohnt, wird klar, wieso der Anlass überhaupt stattfindet, der auf der Einladung als «Drinks und Canapées with Cathie Wood» angekündigt ist. «Dieses Treffen ist für Vordenker in der Welt der Geldanlage gedacht und konzentriert sich auf die spannende Schnittmenge von Innovation und Finanzmärkten», hiess es auf der Einladung weiter. Doch in erster Linie dürfte es um die Ankurbelung des Verkaufs der ARK Fonds gehen, die seit kurzem in Europa zugelassen sind.
Im vergangenen Oktober übernahm ARK das Londoner Fondshaus Rize ETF, das über die für die Zulassung notwendigen Kontakte zu den europäischen Aufsichtsbehörden verfügt.Die Idee, Europa erobern zu wollen, ist nachvollziehbar. ARK Invest unterscheidet sich von den Konkurrenten durch fundiertes Research auf «Zukunftsthemen», die die firmeneigenen ETF abdecken. Dieses Research wird Interessierten kostenlos zur Verfügung gestellt. Jeder vierte Abonnent von Ark-Research soll dabei aus Europa kommen.
Krypto-David gegen Goliaths
Zu den innovativen Bereichen, in die Wood investiert, gehört auch Krypto. Die Einladung in Zürich erfolgte durch 21Shares, dem Schweizer Krypto-Dienstleister, der zusammen mit ARK Invest im Januar in den USA die Marktzulassung für einen Bitcoin Spot ETF erhielt – zusammen mit 10 weiteren Asset Managern. «Wir sind als David gegen Goliath angetreten – und waren erfolgreich», sagt Wood. Die Goliaths, wie sie anmerkt, sind Blackrock, Invesco oder Fidelity.
Der eigene Bitcoin ETF habe den viertschnellsten Start eines kotierten Indexfonds hingelegt. Als Bitcoin ETF kann man sich nicht über die Performance unterscheiden, da der Fonds einzig den Preis des Bitcoins abbildet. Differenzieren kann man sich über den Preis. Punkto Gebühren gehört ARK/21Shares zu den Günstigsten. «Zudem weisen wir den besten Spread auf», nimmt Wood für sich in Anspruch.
Flexible Kursziele
Auch im Krypto-Bereich glänzt die Investorin durch ambitionierte Kursziele. Ende Januar, kurz nach der Zulassung von Bitcoin-Spot-ETF, prognostizierte Wood, der Bitcoin könnte bis 2030 einen Wert von 1,5 Millionen Dollar erreichen. An der «Bitcoin Investor Day-Konferenz» Ende März in New York – in einem Umfeld von rasch kletternden Krypto-Notierungen – erhöhte die ARK-Chefin diese Kursziel für in sechs Jahren gleich um 2 Millionen auf 3,5 Millionen. Diese Woche in Zürich gab sie als Preisziel für 2030 aber wieder mit 1,5 Millionen Dollar an.
Grund dafür sei der Umstand, dass der Bitcoin rarer als Gold sei, von den Institutionellen Investoren als neue Anlageklasse gesucht werde, eine tiefe Korrelation zum übrigen Finanzmarkt aufweise und in Entwicklungsländern, die von Abwertungen geplagt sind, immer stärker nachgefragt werde.
Während wir auf das Eintreffen dieser Kursziele warten, rufen wir uns ein Zitat von Cathie Wood in Erinnerung: «Korrekturen sind gut, sie halten uns alle demütig».