Das Unternehmen hat seinen Sitz in der Innerschweiz. Der Chef zeigt den E-Mail-Verkehr zwischen seiner Finanzabteilung und der UBS. Aus den Schreiben geht hervor, dass die UBS die Zinsmarge um 40 Prozent erhöht hat. Der langjährige UBS-Kundenberater versucht, zu beschwichtigen.
Bei der UBS habe eben «ein neues Zeitalter begonnen», sagt dieser. Für den betroffenen Chef war es hingegen ein Schock. «Die neuen Konditionen kamen über Nacht», sagt er. Da man zuvor monatelang mit der UBS verhandelt habe, seien die Änderungen umso überraschender gekommen.
Bei dem Kredit handelt es sich um eine ganz normale Kontokorrent-Kreditlinie. Die Rahmenkonditionen werden regelmässig neu ausgehandelt. Das betroffene Unternehmen, das früher Kreditlinien bei der UBS und der Credit Suisse hatte, verhandelte nach dem Zusammenbruch der CS ausschliesslich mit der UBS.
Ein Kontokorrentkredit setzt sich im Wesentlichen aus drei Komponenten zusammen: dem Referenzzinssatz, der Risikoprämie (je nach Bonität des Unternehmens höher oder tiefer) und der Marge der Bank. Bei Firmenkunden schwanken Marge und Risikoprämie zwischen 0,8 und 2 Prozent. Auch bei anderen export-orientierten Industrieunternehmen will die UBS um 30 bis 40 Prozent höhere Margen durchsetzen.
Die Befürchtungen der Realwirtschaft
Damit tritt das ein, was Vertreter des Werkplatzes bei der Fusion beider Grossbanken vor über einem Jahr befürchtet hatten: Dass die Bank ihre Marktmacht ausnützen könnte, um höhere Preise durchzusetzen. Martin Hirzel, Präsident des Industrieverbandes Swissmem, sagte vor einem Jahr gegenüber «Blick», dass den Unternehmen durch die Mammutfusion «tendenziell schlechtere Konditionen» bei den Krediten drohten. Er hoffe aber, dass die UBS die Situation nicht ausnütze, um der Industrie «schlechtere Konditionen aufzudrücken».
UBS-Chef Sergio Ermotti sagte in einem Doppelinterview mit Martin Hirzel vor ein paar Monaten in der «NZZ»: «Die Kombination der zwei Banken wird es uns ermöglichen, noch bessere Dienstleistungen zu offerieren.» Klar sei aber auch, dass die Unternehmen «fit bleiben» müssten.
Das Problem: Bei Firmenkrediten spielt der Markt viel weniger stark als etwa bei Hypotheken für den Wohnungsbau. Viele Firmen können nicht einfach von der UBS weg. Zudem sind grössere Kantonalbanken oft nicht bereit, die Offerten der UBS zu unterbieten. Ein UBS-Sprecher schreibt auf Anfrage, die Bank könnte keine Aussage zu einem Einzelfall machen.
Die Finma ist am Zug
Die Wettbewerbskommission hat die Fusion der beiden Grossbanken eingehend untersucht. An ihrer Jahresmedienkonferenz sagten Behördenvertreter, dass sich die «hohen Marktanteile» der UBS zum Teil um «zweistellige Prozentbeträge» erhöht haben. Der verminderte Wettbewerbsdruck könne sich auf Preise, Auswahl, Qualität und Innovation auswirken. Dies werde die Weko in Zukunft prüfen.
Konkrete Auflagen für den Zusammenschluss kann die Kommission nicht machen. An ihre Stelle ist die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) getreten, die bei Bankenfusionen das Sagen hat. Die Finma ist seit November im Besitz der Empfehlungen der Weko. Sie brütet somit schon seit Monaten über deren Umsetzung. Es wird erwartet, dass die Behörde ihren Entscheid noch vor den Sommerferien bekannt geben wird. Ein Sprecher wollte sich dazu vorher nicht äussern.
Auch in anderen Geschäftsbereichen hat die UBS ihre Margen erhöht. So verzinst die Grossbank Festgelder eines CS-Kunden in der Schweiz seit kurzem 25 Basispunkte tiefer. Begründung: Die Margen würden denen der UBS angeglichen.
Die Preiserhöhungen und Margenausweitungen könnten eine Reaktion auf die vorgeschlagenen neuen Regulierungen von Finanzministerin Karin Keller-Sutter sein. Die hatte Anfang April einen 22-Punkte-Plan vorgestellt, der unter anderem eine deutliche Erhöhung der Kapitalanforderungen vorsieht. Schätzungen zufolge müsste die UBS dafür bis zu 25 Milliarden Dollar an zusätzlichem Eigenkapital beschaffen. Da liegt es nahe, dass die Grossbank auf Heimmarkt an der Zinsschraube dreht, um möglichst viel Kapital zu generieren. Oder unattraktive Kunden mit schlechten Konditionen loshaben möchte – was sich ebenfalls schonend auf das Kapital auswirkt.
Der Autor schreibt regelmässig für den Sonntagsblick. Der vorliegende Artikel ist eine gekürzte Version eines SonntagsBlick-Beitrags, der am 5.5.2024 publiziert wurde.