US-Botschafter mischt sich ein
Die USA haben zwei Zürcher Anwälte auf die Liste der Sanktionen gegen Russland gesetzt. Das ist Zündstoff für die Bemühungen des Bundesrats zur Schliessung einer empfindlichen Lücke in der Geldwäschereiabwehr, schreibt Balz Bruppacher.
1. November 2024 • Balz Bruppacher

Sie sehen sich als Bauernopfer. Andres Baumgartner und Fabio Delcò, zwei Rechtsanwälte der Zürcher Kanzlei Dietrich, Baumgartner & Partner, die seit Mittwoch auf der Liste der US-Sanktionen gegen Russland stehen. Das amerikanische Schatzamt beschuldigt sie, Firmen und Trusts errichtet zu haben, um russischen Kunden die Umgehung der Sanktionen zu ermöglichen. Der US-Botschafter in Bern, Scott Miller, untermauerte das Vorgehen Washingtons mit der Aussage, die Schweiz könne und müsse mehr tun, um die Lücken in ihrer Geldwäschereiabwehr zu schliessen.

Damit mischt sich der US-Diplomat in eine innenpolitische Kontroverse ein, wird sich der Ständerat doch in der kommenden Wintersession mit dem «Bundesgesetz über die Transparenz juristischer Personen und die Identifikation der wirtschaftlich berechtigten Personen» befassen. Mit dieser Vorlage aus dem Departement von Karin Keller-Sutter soll einerseits ein Register über die wirtschaftlich Berechtigten an Unternehmen geschaffen werden. Anderseits sollen Berater (Anwälte, Notare und Treuhänder) den Sorgfaltspflichten des Geldwäschereigesetzes unterworfen werden, wenn sie für Kunden Firmen und Strukturen errichten oder Immobiliengeschäfte tätigen.

Letzteres ist die leicht entschärfte Version einer Vorlage, die 2021 im Parlament am Widerstand der Anwälte scheiterte. Neu sollen Anwälte, die eine Beratungstätigkeit ausüben, nur dann zur einer Verdachtsmeldung an die Geldwäscherei-Meldestelle verpflichtet werden, wenn sie für Rechnung ihrer Kunden eine Finanztransaktion durchführen. Ausserdem soll das Berufsgeheimnis gewahrt werden: Die Anwälte wären somit nicht verpflichtet, Informationen weiterzugeben, die unter das Berufsgeheimnis fallen.

Dennoch blieb die Vorlage bereits an der ersten Hürde in der Rechtskommission des Ständerats hängen. Sie beschloss Ende August mit acht zu vier Stimmen, den Beraterteil abzutrennen und separat zu beraten. Die neuen Sorgfaltsplichten stellten einen unverhältnismässigen Mehraufwand für die betroffenen Personen dar und seien nicht risikobasiert ausgestaltet Ausserdem zweifelte die Kommission, dass die Sorgfaltspflichten mit dem Anwaltsgeheimnis vereinbar wären. Inzwischen hat die Kommission die Verwaltung beauftragt, ihr einen neuen Vorschlag zu unterbreiten, mit dem ausschliesslich die Kernrisiken risikobehafteter Tätigkeiten dem Geldwäschereigesetz unterstellt würden.

Wird die scharfe Reaktion der USA zum Bumerang?

Ob die jüngste Intervention der USA und ihres Vertreters in Bern Erfolg haben wird, darf bezweifelt werden. Denkbar ist auch, dass sich die kritischen Stimmen gegenüber den Russland-Sanktionen bestärkt fühlen und die Aktion zum Bumerang wird. Als Signal mag der Beschluss des Ständerats in der vergangenen Herbstsession gelten, einen Vorstoss des Walliser CVP-Ständerats und Rechtsanwalts Beat Rieder gutzuheissen, mit dem das in den Russland-Sanktionen verankerte Verbot der Rechtsberatung aufgehoben werden soll.

Für die längere Frist bleibt aber die Mahnung von Ueli Maurer in Erinnerung. «Sie können doch nicht das Bild des gesamten Finanzplatzes aufs Spiel setzen, nur um die Anwälte zu schützen», sagte der damalige Finanzminister 2020 im Nationalrat. 2027 steht das nächste Länderexamen für die Schweiz durch die internationale Geldwäschereiarbeitsgruppe FATF an. Wenn es dann weiterhin möglich ist, wie im Fall des früheren libanesischen Notenbankpräsidenten mit illegal in die Schweiz verschobenen Geldern über Anwälte Liegenschaften am Genfersee zu erwerben, rücken schwarze Listen wieder näher. Dann nützt auch die von den beiden jetzt sanktionierten Anwälten ausgedrückte Empörung wenig, dass die Kundenidentifikation bei Banken und Anwälten in den USA noch in den Kinderschuhen stecke.

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