Analyse zur Reform des Grossbankenregimes
Knapp zwei Jahre nach dem Untergang der Credit Suisse tritt die politische und regulatorische Aufarbeitung des Debakels in die entscheidende Phase. Dabei geht es auch um die Standfestigkeit von Karin Keller-Sutter im «Boxkampf» gegen die UBS.
17. Januar 2025 • Balz Bruppacher

Über die Hauptursache für den Untergang der Credit Suisse (CS) herrscht weitgehend Einigkeit: die jahrelange Misswirtschaft der Bank selbst. Die Mitschuld von Behörden und Politik an der zweiten Grossbankenkrise innerhalb von 15 Jahren ist trotz zahlreicher Untersuchungen und Gutachten umstritten. Nun geht es darum, was zu tun ist, um künftigen Krisen vorzubeugen und Folgen für die Steuerzahler zu vermeiden.

Zentral und heftig umstritten sind die Eigenmittelanforderungen an die neue UBS. Vorab wird sich das Parlament jedoch mit einem anderen Instrument befassen, das andere Finanzplätze bereits kennen und dessen Fehlen sich in der CS-Krise als schmerzliche Lücke erwiesen hat: der sogenannte Public Liquidity Backstop (PLB). Es geht um eine Liquiditätsgarantie, die es der Nationalbank erlaubt, bei der Sanierung einer systemrelevanten Bank eine Liquiditätshilfe mit Bundesgarantie zu leisten, auch wenn das Institut keine Sicherheiten mehr beibringen kann. Weil die hiesigen Behörden es trotz internationalem Druck versäumten, das Too-big-to-fail-Regime mit einem PLB auszustatten, musste der Bundesrat am 16. März 2023 zum Notrecht greifen, um die taumelnde Credit Suisse bis zur Übernahme durch die UBS über die Runden zu bringen.

Der gleiche Schritt war übrigens bereits im Herbst 2022 auf dem Höhepunkt des Rückzugs der Kundengelder bei der CS erwogen worden. Man sah von der Aufspannung eines Rettungsschirms aber ab, weil die Behörden befürchteten, die Massnahme hätte zu diesem Zeitpunkt destabilisierend statt stabilisierend gewirkt, wie sich der damalige Nationalbankpräsident Thomas Jordan ausdrückte.

Eine Staatsgarantie zum Schleuderpreis?

Damit die Verordnung nicht ausser Kraft trat, musste der Bundesrat innerhalb von sechs Monaten dem Parlament eine Botschaft unterbreiten, mit der die notrechtlich eingeführten Bestimmungen ins ordentliche Recht überführt werden sollen. Nach Kritik in der Vernehmlassung ergänzte der Bundesrat seine ursprüngliche Vorlage im September 2023 mit einer von den systemrelevanten Banken im Voraus zu entrichtenden Abgeltungsgebühr. Inzwischen beschloss die Wirtschaftskommission (WAK) des Ständerats, die Beratung der Vorlage zu sistieren und insbesondere den Bericht der Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) zur CS-Krise abzuwarten.

Am kommenden 24. Februar ist nun die Wiederaufnahme der Beratungen traktandiert. Für Zündstoff sorgt unter anderem die Höhe der Abgeltungsgebühr. Die vom Bundesrat vorgeschlagene Formel komme einer Staatsgarantie zum Schleuderpreis gleich, monierte zum Beispiel der frühere Nationalbank-Direktor und Finanzprofessor Urs Birchler.

Der PLB ist auch eine Art Probelauf für die Frage, wie teuer die Regulierung nach dem CS-Debakel für die UBS zu stehen kommt. Die Schweizerische Bankiervereinigung – mittlerweile ein verlängerter Arm der einzigen Grossbank – bekämpft denn auch die Abgeltungsgebühr. Es gebe keinen Anspruch auf den PLB, und damit unterscheide er sich auch deutlich von einer Staatsgarantie. Es brauche keine im Voraus zu entrichtende Gebühr.

Ans Eingemachte geht es für die UBS aber erst mit der neuen Eigenmittelverordnung. Für den Erlass ist der Bundesrat und nicht das Parlament zuständig. Im Konflikt über die künftigen Eigenmittelanforderungen für die UBS kann sich Finanzministerin Karin Keller-Sutter damit nicht hinter dem Parlament verstecken.

Nach Auskunft des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen SIF ist eine Vernehmlassung zur Eigenmittelverordnung Ende Mai geplant. Mit Spannung wird erwartet, ob und wie vollständig die der CS gewährten Privilegien bei der Eigenmittelunterlegung der ausländischen Tochtergesellschaften zusammengestrichen werden. Ein Entscheid, der die UBS bis zu 25 Milliarden Franken kosten könnte.

Für die Finanzministerin, die dieses Jahr auch Bundespräsidentin ist, steht viel Prestige auf dem Spiel. Betroffene berichten von einem massiven Lobbying der UBS. Die Drohung des Abzugs der letzten Grossbank aus der Schweiz, verliert allerdings je länger, je mehr an Gewicht. Sei es, dass eine Bank, die mit dem Slogan „Eine Bank wie die Schweiz“ wirbt, kaum ernsthaft daran denkt, die Zelte hierzulande abzubrechen. Sei es, dass die Folgen einer Sitzverlegung der UBS ohne existenzielle Verwerfungen zu bewältigen wären und dass einem solchen Schritt über das links-grüne Lager hinaus keine Träne nachgeweint würde.

Keine faulen Kompromisse

Zeitgleich mit der Eröffnung der Vernehmlassung zur Eigenmittelverordnung will sich der Bundesrat laut SIF auch zu den Eckwerten der weiteren Massnahmen auf Gesetzesstufe äussern. Das Finanzdepartement werde dem Parlament soweit sinnvoll und möglich eine gebündelte Vorlage unterbreiten. Dann wird es also um weitere Vorhaben wie das Senior Managers Regime, eine Bussenkompetenz und Instrumente der Frühintervention für die Finma sowie eine offensivere Informationspolitik (Naming und Shaming) gehen. «Keine faulen Kompromisse» lautete der Tenor diese Woche an einem Symposium des Financial Stability Law Forum (FSL) in Zürich, zu dem sich sieben Rechtsprofessorinnen aus sechs Schweizer Universitäten zusammengeschlossen haben.

MEHR ZUM THEMA


Für Ueli Maurer ist die UBS «zu gross» für die Schweiz

Der ehemalige Finanzminister spricht von einer latenten Gefahr, die von der grössten Bank der Schweiz ausgeht.
13. Januar 2025

Schon bei der Konstruktion der Greensill-Fonds ist vieles schief gelaufen

Der Zusammenbruch der Greensill-Fonds beschleunigte den Niedergang der CS. Jetzt liefert ein Expertenbericht neue Einzelheiten, die Fragen zur Rolle von UBS-Manager Iqbal Khan aufwerfen.
6. Januar 2025