H1-Update
Bank-CEO Stefan Bollinger hat ein schwieriges erstes Halbjahr hinter sich. Der Reingewinn sank um 35 Prozent. Das Zinsengeschäft implodiert.
22. Juli 2025 • Beat Schmid

Die Zürcher Privatbank hat ihre Zahlen für das erste Halbjahr 2025 vorgelegt. CEO Stefan Bollinger muss einen deutlich geschrumpften Konzerngewinn bekannt geben: Der Reingewinn sank um 35 Prozent auf 295 Millionen Franken. Die Bank hatte bereits im Mai bekannt gegeben, dass sie auf dem Kreditportfolio weitere Wertberichtigungen in Höhe von 130 Millionen Franken vornimmt.

Ebenfalls negativ zu Buche schlägt der Ausstieg aus dem brasilianischen Onshore-Geschäft. Der Verkauf belastet das Ergebnis mit 99 Millionen Franken. Rechnet man diese beiden Posten heraus, ergibt sich ein bereinigter Halbjahresgewinn von 511 Millionen Franken – ein Plus von 11 Prozent gegenüber dem Vorjahresergebnis.

Mit Netto-Neugeldzuflüssen von 7,9 Milliarden Franken übertraf Julius Bär die Vorjahresperiode deutlich (3,7 Mrd., +113 %) – was angesichts der Turbulenzen rund um die Kreditbeziehung zu René Benko nicht erstaunt. Die Zuflüsse stammen überwiegend von Kundinnen und Kunden in den strategischen Kernmärkten Asien und Naher Osten.

Verwaltete Vermögen sinken

Trotz des Neugeldzuflusses und steigender Aktienmärkte sank das verwaltete Kundenvermögen Ende Juni auf 483 Milliarden Franken – ein Rückgang von 15 Milliarden (-3 %) gegenüber Jahresbeginn. Als Hauptgrund nennt Bär die Entkonsolidierung der brasilianischen Tochtergesellschaft im März (mit Assets von 8 Milliarden Franken) sowie negative Währungseffekte durch den schwächeren US-Dollar. Inklusive Custody-Vermögen weist Bär gesamte Kundenvermögen von 572 Milliarden Franken aus.

Der Betriebsertrag nach IFRS sank um 7 Prozent auf 1,81 Milliarden Franken. Belastend wirkten hier vor allem der Verkauf in Brasilien sowie ein Anstieg der Netto-Kreditverluste. Rechnet man diese Sonderfaktoren heraus, erhöhte sich der zugrunde liegende Betriebsertrag um 5 Prozent auf 2,04 Milliarden Franken. Auf dieser doppelt bereinigten Basis würde die Bruttomarge bei 83 Basispunkten liegen.

Verhageltes Zinsengeschäft

Im Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft erzielte Bär ein Plus von fünf Prozent auf 1,14 Milliarden Franken. Im Zinsgeschäft hingegen verzeichnete die Bank einen markanten Rückgang: Der Zinserfolg schrumpfte um 151 Millionen auf 72 Millionen Franken – ein Rückgang von über zwei Dritteln. Ursachen waren fallende Zinsen, ein höherer Anteil an Franken-Krediten mit niedriger Verzinsung sowie negative Währungseffekte.

Der Personalaufwand stieg trotz rückläufiger Mitarbeiterzahl um 3 Prozent auf 937 Millionen Franken. Gründe dafür sind höhere Boni, Abfindungen sowie Vorsorgeaufwendungen. Die Zahl der Vollzeitstellen lag Ende Juni bei 7’335 – ein Rückgang um 260 gegenüber Ende 2024, wobei allein 250 FTE auf den Verkauf von Julius Bär Brazil entfallen.

Besonders auffällig ist der Schwund im Frontbereich: Die Zahl der Relationship Manager sank netto um 94 auf 1’286. Dies ist teilweise auf die Veräußerung des Brasilien-Geschäfts zurückzuführen, aber auch auf gezielte Trennungen im Rahmen eines Performance-Management-Programms sowie auf strukturelle Änderungen im Front-Operating-Modell, wie die Bank schreibt. Künftig will Julius Bär bei der Incentivierung der Kundenberater stärker auf Neugeld setzen – dass dies nicht ohne Folgen bleibt, war absehbar.

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