An die grosse Glocke hängte es die Zürcher Privatbank Julius Bär nicht, als sie diese Woche ihre neuen Ziele für die Jahre 2026 bis 2028 formulierte. In der Power-Point-Präsentation anlässlich ihres Strategie-Updates in London heisst es unauffällig: «Launch of IT infrastructure modernisation project in Switzerland». Erst in der Fragestunde mit Analysten wurde klar, was damit gemeint ist, nämlich die Erneuerung des Herzstücks im Maschinenraums in Zürich.
Dort rattert seit Jahrzehnten der sogenannte Host, wie das System Julius-Bär-intern genannt wird. Dieser Host ist eines der ältesten Kernbankensysteme der Schweiz, das in einer Ursprache aus dem Holozän der Informatik programmiert wurde. Jetzt soll das Core-Banking-System erneuert werden, wie Evie Kostakis, die Finanzchefin von Julius Bär, auf eine Frage eines Analysten sagte. Das ursprünglich individuell für Bär in PL1 programmierte System für IBM-Mainframe-Computer soll durch eine modernere Standardsoftware abgelöst werden.
Wie zu vernehmen ist, dürfte dabei die Wahl auf T24 fallen, von der Westschweizer Banken-Softwareschmiede Temenos. Diese Wahl ist naheliegend, da die Privatbank bereits in den Buchungszentren in Singapur und Luxemburg auf Temenos T24 setzt. Ein Sprecher der Bank wollte sich zum Plattformentscheid nicht äussern.
Umbau wird Jahre dauern
Der Umbau des Hosts dürfte Jahre in Anspruch nehmen. Zwar läuft das System verlässlich, doch im Unterhalt und bei Erweiterungen ist es teuer. Eine Ablösung ist deshalb überfällig. Bereits mehrfach erwog Julius Bär, den Host zu ersetzen – zuletzt Anfang 2019. Doch nach einer intensiven Situationsanalyse entschied sich die Bank, beim alten System zu bleiben, wie COO Nic Dreckmann damals gegenüber dem Onlinemedium Inside IT sagte.
Jetzt dürfte es wieder Nic Dreckmann sein, der das Migrationsprojekt aufgleisen muss. Nach seiner Rolle als CEO ad interim ist er mit der Ankunft von CEO Stefan Bollinger wieder in einer alten Funktion als Chief Operating Officer tätig und damit für den Maschinenraum der Bank zuständig.
Setzt Julius Bär auch in der Schweiz, dem wichtigsten Buchungszentrum der Bank, auf Temenos, bedeutet das einen grossen Prestigeerfolg für das Genfer Softwareunternehmen. Im Februar 2024 wurde das Unternehmen massiv vom New Yorker Shortseller Hindenburg unter Druck gesetzt. Die Aktien brachen ein. Der Angreifer warf dem Management unter anderem schwerwiegende Unregelmässigkeiten vor. Von den Vorwürfen blieb nichts Verwertbares hängen. Doch die Kurs-Baisse ist bis heute nicht ganz ausgebügelt.