Ukrainischer Bankenskandal
Erneut führen die Spuren eines ukrainischen Bankenskandals in die Schweiz. Es geht um den Milliardär Kostiantyn Zhevago. Vermögenswerte von 113 Millionen Dollar sind hierzulande gesperrt.
26. August 2025 • Balz Bruppacher

Der ukrainische Bankensektor ist seit der Maidan-Revolution von 2014 um zwei Drittel (von 180 auf 62 Institute) geschrumpft, hat sich im Urteil internationaler Experten seit Beginn des russischen Angriffskriegs aber erstaunlich widerstandsfähig erwiesen. Nach diversen Skandalen und Pleiten laufen allerdings noch juristische Aufräumarbeiten, bei denen Oligarchen im Zentrum stehen und Spuren in die Schweiz führen. So im Fall des einstigen Selenski-Förderers Ihor Kolomoiski. Er und sein Geschäftspartner Hennadi Boholiubow sollen als Mehrheitsaktionäre die systemrelevante PrivatBank durch betrügerische Darlehen geplündert haben. Der ukrainische Staat musste das Institut 2016 mit einer Finanzspritze von 4,4 Milliarden Dollar retten. Die Schweiz, wo Kolomoiski zeitweise wohnte, unterstützt die Ermittlungen der Ukraine und übermittelte Bankunterlagen über verdächtige Transaktionen.

Um den Geldfluss über mehrere Banken in der Schweiz geht es auch im Fall des Konkurses der Finance & Credit Bank, die bis zur Pleite im Jahr 2015 vom ehemaligen ukrainischen Parlamentarier und Milliardär Kostiantyn Zhevago beherrscht wurde. Zusammen mit dem stellvertretenden Verwaltungsratspräsidenten und dem Direktor des Auslandgeschäfts soll er ein kriminelles System aufgebaut haben, mit dem zwischen 2007 und 2015 Gelder aus der Bank abgezweigt wurden. Firmen im Einflussbereich Zhevagos hätten das Geld anschliessend über Banken in der Schweiz gewaschen, heisst es in einem Rechtshilfegesuch des ukrainischen Generalstaatsanwalts vom Oktober 2022 an die Schweiz.

Rückerstattung von 113 Millionen an die Ukraine?

Der Schaden für die Bank wird auf 113 Millionen Dollar beziffert. Vermögenswerte in dieser Höhe wurden von der Staatsanwaltschaft Zürich gesperrt, die zunächst den Vollzug der Rechtshilfe übernommen hatte, wie das Westschweizer Justizportal «Gotham City» berichtete. Das ukrainische Untersuchungsbüro SBI meldete inzwischen Fortschritte bei den Bemühungen, die eingefrorenen Vermögenswerte via die ukrainische Asset-Recovery-Behörde ARMA zurückzuführen. Die Bundesanwaltschaft (BA), die den Vollzug der Rechtshilfe von den Zürcher Behörden übernommen hat, wollte sich auf Anfrage nicht zu den beschlagnahmten Vermögenswerten äussern. Auch nicht zur Frage, ob in der Schweiz ein Strafverfahren gegen Zhevago läuft.

Seine Anwälte der Zürcher Kanzlei Homburger wehrten sich vergeblich bis vor Bundesgericht gegen die Herausgabe der von der Ukraine gewünschten Bankunterlagen. Wie dem am Montag veröffentlichten Urteil des Bundesstrafgerichts zu entnehmen ist, beschwerte sich Zhevago über fehlendes rechtliches Gehör sowie über formale und inhaltliche Mängel des ukrainischen Gesuch. Zudem stellte er die Verhältnismässigkeit der Rechtshilfe in Frage.

Hauptaktionär von Ferrexpo der Bestechung eines Richters verdächtigt

Der 51-jährige Oligarch ist in der Schweiz insofern kein Unbekannter, als er den ukrainischen Bergbaukonzern Ferrexpo beherrscht, der seinen Holdingsitz in Baar (ZG) hat und an der Börse in London kotiert ist. Bei der Ferrexpo AG war Zhevago laut Handelsregister zwischen 2008 und 2020 zeichnungsberechtigt. An der Londoner Ferrexpo PLC hält er nach wie vor 49 Prozent, wie es in seinem Umfeld heisst. Ferrexpo fördert Eisenerz und beliefert Stahlkonzerne in Europa und Asien. Nach der Maidan-Revolution hatte Zhevago erklärt, sein Unternehmen sei insofern nicht betroffen, als es in Russland und der Ukraine keine Abnehmer habe.

Die Reputation des Oligarchen ist aber nicht nur wegen der Pleite der Finance & Credit Bank angeschlagen. Denn das ukrainische Anti-Korruptionsbüro (NABU) ermittelt wegen der Rolle Zhevagos bei einer mutmasslichen Schmiergeldzahlung von 2,7 Millionen Dollar an den ehemaligen Präsidenten des obersten Gerichts der Ukraine, Vsevolod Kniaziev. Auch hier leistete die Schweiz Rechtshilfe, wie einem Urteil des Bundesstrafgerichts vom vergangenen Februar zu entnehmen ist. Laut dem Portal «Gotham City», das zuerst über das Urteil berichtete, sollte mit der Bestechung des Richters ein Urteil zugunsten von Zhevago und seiner Ferrexpo beeinflusst werden.

Die Ukraine hatte schon 2021 einen internationalen Haftbefehl gegen Zhevago erlassen. Im Dezember 2022 wurde der Milliardär im französischen Winterkurort Courchevel verhaftet. Ein französisches Gericht lehnte seine Auslieferung an die Ukraine im März 2023 aber ab. Zhevago bestreitet jedes Fehlverhalten.

(Urteile RR.2025.6-9 des Bundesstrafgerichts vom 16.7.25 und 1C_406/2025 des Bundesgerichts vom 4.8.25)