Firmenkredite
Nach dem Zusammenbruch der CS fehlt der Schweiz eine Unternehmerbank. Doch Forderungen von Industrievertretern, die Kreditschleusen zu öffnen, erteilt ZKB-Chef Urs Baumann eine Abfuhr. Dass nun ausländische Banken das Geschäft machen, findet er “schade”.
10. Mai 2023 • Beat Schmid

Als Urs Baumann vor acht Monaten Chef Zürcher Kantonalbank wurde, sah der Finanzplatz noch anders aus. Inzwischen ist die Credit Suisse als grosse Konkurrentin der ZKB verschwunden. Dadurch gerät einiges durcheinander, nicht nur für die ZKB, sondern auch für die Bevölkerung und Unternehmen, die auf Bankdienstleistungen angewiesen sind.

Besonders herausgefordert sind mittelgrosse Unternehmen, die sich nach dem Wegfall der CS nach Alternativen umschauen müssen. Die sogenannte Unternehmerbank, wie sie die Credit Suisse betrieb, ist Geschichte. Springt die ZKB in die Bresche und baut ihr Firmenkundengeschäft aus? Packt der neue CEO die Gelegenheit am Schopf und stellt mehr Kapital für Firmenkredite zur Verfügung? Die obendrein noch grössere Margen abwerfen als einfache Hypotheken, wo der Markt auch nach dem Ausfall der CS weiterhin spielen wird?

Man müsste meinen: ja. Doch der neue CEO der ZKB scheint keine Ambitionen in diese Richtung zu entwickeln. In einem bemerkenswerten Interview mit der F&W sagte er kürzlich, dass die ZKB zwar eng mit der Credit Suisse zusammengearbeitet habe, daher “hätten wir uns auch künftig eine starke unabhängige Credit Suisse als Geschäftsbank” gewünscht. Da viele Kunden eine Beziehung sowohl zu UBS als auch zu Credit Suisse haben, glaubt er, dass 30 bis 40 Prozent der Kunden aus Diversifikationsgründen “alternative Banklösungen” suchen könnten.

ZKB-Chef will Strategie nicht ändern

Das schaffe Opportunitäten für Mitbewerber, auch für die ZKB, so Baumann, der seit dem 1. September an der Spitze der grössten Kantonalbank der Schweiz steht. Doch diese Opportunitäten will die ZKB nicht aktiv nutzen. Baumann sagt: “Die ZKB ist jedoch – wie auch andere Banken – in ihrer Aufnahmefähigkeit beschränkt.”
Warum diese Zurückhaltung? Die Gründe sieht Baumann in erster Linie im Bilanzgeschäft. Die Bilanzsumme beträgt rund 200 Milliarden Franken und wächst 3 bis 5 Prozent pro Jahr. “Die ZKB-Bilanz entwickelt sich ungefähr im Gleichschritt mit dem Bruttoinlandsprodukt des Kantons Zürich”, sagt Baumann. “Das reicht nicht, um die grossen Volumen von Credit Suisse zu absorbieren.”

Der Forderung oder dem Wunsch von Industrievertretern, eine stärkere Rolle im Firmenkundengeschäft und bei der Exportfinanzierung einzunehmen, erteilt Baumann eine klare Absage: “Wir haben eine Verantwortung gegenüber dem Kanton Zürich und steuern entsprechend unser Wachstum danach. Das Aus von Credit Suisse ändert nichts an der Strategie der ZKB und auch nichts an unserer Risikopolitik. Wir werden nicht alle CS-Kunden aufnehmen können, die eine neue Bankbeziehung suchen.”

“Schade für den Finanzplatz Schweiz”

Er geht davon aus, dass die Volumen, die früher im Inland abgewickelt wurden, “zukünftig vermehrt international verteilt” werden. Die ZKB sei kein vollständiger Ersatz für Credit Suisse. Auch UBS wird nicht einfach die bisherigen Limiten beider Grossbanken zusammenzählen. “Es ist schade für den Finanzplatz Schweiz, denn er verliert an Volumen.”

Die Vorsicht ist einerseits verständlich, da Baumann erst seit kurzem Chef der ZKB ist. Andererseits: Vielleicht müsste man ihn an den Kern des gesetzlichen Leistungsauftrags der ZKB erinnern – die “Bevölkerung und die Unternehmen kontinuierlich mit Anlage- und Finanzierungsdienstleistungen zu versorgen”.

Wenn nun im Kanton Zürich, eine Finanzierungsquelle durch den Zusammenbruch der CS ausfällt, dann müsste die ZKB gemäss Auftrag eigentlich darauf reagieren. Klar, die ZKB kann nicht das ganze Volumen der CS absorbieren, aber das verlangt auch niemand.

Aber sie kann mehr tun. Baumann sagt, dass die Bilanz von 200 Milliarden gewissermassen ein natürliches Limit bildet. Das stimmt aber nur zum Teil. Das Hypothekengeschäft wuchs 2022 mit 5,4 Prozent und lag damit über dem genannten Bilanzwachstum von 3 bis 4 Prozent. Statt mit tiefmargigen Hypotheken über dem Markt zu wachsen, könnte die ZKB mehr Mittel für Kredite im Firmenkundengeschäft bereitstellen.

Die Bank muss keine Kapitalerhöhung durchführen, um das Kreditvolumen für Unternehmen zu vergrössern. Sie muss auch nicht die Strategie ändern, wie Baumann sagt. Sie kann das mit geschickter Steuerung der Bilanz selbst tun – sie müsste es nur wollen.

MEHR ZUM THEMA


Zürcher Kantonalbank knackt die Milliarden-Grenze - höhere Boni für die Angestellten

Die Staatsbank des Kantons Zürich liefert ein starkes Resultat ab. Die Ausschüttungen Gemeinden und Kanton steigen auf 491 Millionen Franken.
10. Februar 2023