Expertengruppe “Bankenstabilität”
Die Expertengruppe “Bankenstabilität” besteht aus vier Professorinnen und Professoren, einem Politiker, einer Industriellen, einer BIZ-Funktionärin – und einem Banker. Statt auf Personen mit Erfahrung setzt Karin Keller-Sutter auf klingende Namen.
19. Mai 2023 • Beat Schmid

Die Schweiz erhält eine neue Expertengruppe. Wie diese Woche bekannt wurde, setzt Finanzministerin Karin Keller-Sutter die sogenannte Expertengruppe "Bankenstabilität" ein, um die “Übernahme der Credit Suisse durch die UBS aufzuarbeiten und das Too big to fail-Regelwerk zu evaluieren”, wie es in einer Mitteilung vom Mittwoch hiess.

Geleitet wird das achtköpfige Spitzengremium vom ehemaligen SNB-Bankratspräsidenten Jean Studer. Weitere Mitglieder sind die Professorinnen und Professoren Mirjam Eggen, Beatrice Weder di Mauro, Hans Gersbach und Yvan Lengwiler sowie die KMU-Industrielle Eva Jaisy, BIZ-Funktionärin Eva Hüpkes sowie Pictet-Bankier Renaud de Planta.

Die Einsetzung dieser Expertengruppe erfolgt im Zusammenhang mit der Aufarbeitung des CS-Kollaps. Laut dem Finanzdepartement (EFD) soll sich die Expertengruppe mit strategischen Überlegungen zur Rolle der Banken und der staatlichen Rahmenbedingungen bezüglich Stabilität des Finanzplatzes Schweiz auseinandersetzen und dem EFD bis Mitte August 2023 die Ergebnisse ihrer Arbeiten in einem Bericht darlegen. Dieser dient dann als Basis für einen Bericht, der 2024 vorgestellt werden soll.

Zusammenstellung wirft Fragen auf

Die Zusammenstellung der Expertengruppe wirft Fragen auf. Zwar handelt es sich bei den ausgewählten Experten ohne Zweifel um honorige Fachleute mit grossem Erfahrungsschatz und profundem Wissen in ihren Spezialgebieten.

Doch es fragt sich, welche konkreten Inputs beispielweise die Professoren Hans Gersbach, Beatrice Weder di Mauro oder Yvan Lengwiler liefern können, da Finanz- und Systemstabilität nicht im Zentrum ihrer Forschungstätigkeit stehen. Noch gravierender ist, dass kein einziges Mitglied der Expertengruppe jemals in operativer Verantwortung bei einer systemrelevanten Bank stand.

Überhaupt scheint praktisches Banking-Knowhow bei der Zusammensetzung kaum eine Rolle gespielt zu haben. Jean Studer war zwar lange Bankratspräsident der SNB, doch in dieser Rolle war sein Einfluss auf den administrativen Bereich beschränkt. Systemstabilität gehörte nicht in sein Dossier. Jetzt ist der frühere SP-Politiker Präsident der Neuenburger Kantonalbank, einer der kleinsten Kantonalbanken der Schweiz.

Professorin Beatrice Weder di Mauro verbrachte immerhin einige Jahre im Verwaltungsrat der Grossbank UBS. Sie war Mitglied des Audit- sowie des Corporate-Culture- und Responsibility-Ausschusses und zwischen 2013 und 2017 Mitglied des wichtigen Risikoausschusses. Seit 2021 sitzt sie im Verwaltungsrat der Genfer Finanzfirma Unigestion.

Renaud de Planta ist der einzige Banker

Der einzige im Achtergremium, der über langjährige Hands-on-Erfahrung verfügt, ist Renaud de Planta. Er ist Teilhaber der Pictet-Gruppe und als Senior Partner für die gesamte Gruppe verantwortlich. Bevor der Asset-Management-Spezialist 1998 zur Pictet-Gruppe wechselte, war de Planta während 10 Jahren für die Grossbank UBS tätig.

Karin Keller-Sutter hat bereits mit der Vergabe eines Gutachtens zur CS-Übernahme an HSG-Professor Manuel Ammann eine umstrittene Wahl getroffen, da Ammanns “HSG Center for Financial Services Innovation” von der Credit Suisse mit einem finanziellen Engagement von 20 Millionen Franken unterstützt wird.

Jetzt ist Finanzministerin Karin Keller-Sutter mit der Zusammensetzung der Expertengruppe Bankenstabilität erneut in ein Fettnäpfchen getreten.

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