Fusionsgerücht
Die amerikanische Bank schweigt zu den Spekulationen über eine mögliche Fusion mit der angeschlagenen Schweizer Grossbank. Die tiefe Bewertung macht diese zur Übernahmekandidatin.
9. Juni 2022 • Beat Schmid

Es war eine kleine Bombe, die Inside Paradeplatz gestern platzen liess. Die US-Depotbank State Street soll eine Übernahme der Credit Suisse planen. Ein Vorstoss stehe “unmittelbar bevor”. Die Aktien der CS schossen nach heftigen Verlusten wegen der jüngsten Gewinnwarnung plötzlich steil nach oben.

Die Titel von State Street hingegen tauchten, sie brachen um 7 Prozent ein, erholten sich dann wieder leicht. "Wir kommentieren einen früheren Nachrichtenbericht nicht", schrieb das Unternehmen mit Sitz in Boston in einer E-Mail am Mittwoch der Nachrichtenagentur Bloomberg. "Wie wir bereits ausgeführt haben, konzentrieren wir uns auf die bevorstehende Übernahme des Geschäftsbereichs Investors Services von Brown Brothers Harriman", teilte das Unternehmen mit.

Eine Fusion wäre kein “perfect Match”

State Street ist eigentlich eine Depotbank, die sich auf die Verwahrung von Vermögenswerten spezialisiert hat. Für Branchenbeobachter wäre ein Zusammengehen der beiden Unternehmen deshalb kein “perfect Match”. Auch Beobachter, die in der Welt der Übernahmen und Fusion üblicherweise das Gras wachsen hören, winken ab. Immer möglich ist, dass die beiden Banken sich über einen Verkauf von gewissen Abteilungen ausgetauscht haben.

Dass die Spekulation aber einen derart grossen Wirbel verursacht, ist hingegen ein klares Zeichen für den schlechten Zustand der Credit Suisse. Die Märkte können sich derzeit offenbar schlichtweg alles vorstellen, was mit der angeschlagenen Grossbank geschehen könnte.

Thomas Gottstein, der als CEO die Bank in diesen Zustand hineinmanövriert hat, wird am Donnerstagvormittag an der European Financial Conference von Goldman Sachs auftreten. Es ist davon auszugehen, dass er keine substanziellen News verbreiten wird. Mehr als die üblichen Durchhalteparolen wären eine Überraschung.

Klar ist aber auch, dass die Schweizer Grossbank bei der aktuellen Bewertung zwischen sechs und sieben Franken pro Aktie ganz automatisch zur Übernahmekandidatin wird. Bei anderen Banken, aber auch bei aktivistischen Investoren und grossen Private-Equity-Firmen wird – beziehungsweise muss Bank zum Thema werden. Bereits im letzten Herbst beugte sich ein grossen Investor über das Dossier, wie Tippinpoint berichtete. Doch offenbar ist der Zeitpunkt nicht gekommen.

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