"Ein Sanierungsfall"
Die Neubesetzung des Verwaltungsrats ist auf unbestimmte Zeit verschoben. Derweil geht dem Kulturhaus die Liquidität aus, wie ein unveröffentlichter Ausblick auf das laufende Geschäftsjahr enthüllt.
15. Juli 2022 • Beat Schmid
Ende Mai fand die Generalversammlung des Kulturhauses Kosmos statt. Vor wenigen Tagen wurde das Protokoll an die Aktionäre verschickt. Es enthält brisante Informationen zum laufenden Geschäftsjahr. Sie zeigen, dass der Betrieb ohne eine zusätzliche Liquiditätsspritze nicht über den Sommer kommt.
Die Finanzen sind ausgezehrt. Das ist zwar nicht neu, schon immer kämpfte das Unternehmen mit Engpässen. Bereits eineinhalb Jahre nach dem Start kam es zu einem Kapitalschnitt. Im letzten Geschäftsjahr konnte schlimmeres abgewendet werden, weil Darlehensgeber auf eine Forderung von 1,5 Millionen Franken verzichteten, was das Eigenkapital stärkte. Zusätzlich haben rigorose Sparmassnahmen, staatliche Unterstützungsgelder sowie ein Mieterlass der SBB die Liquidität geschont.
Doch das laufende Jahr startete schlecht mit Covid-bedingten Schliessungen im Januar und Februar, wie im Protokoll zur Generalversammlung nachzulesen ist: “Der bisherige Geschäftsverlauf 2022 zeige deutlich, dass beispielsweise die Kulturveranstaltungen auch in Zukunft unterstützt werden und neue Finanzierungslösungen gefunden werden müssen”, erklärte Kosmos-Verwaltungsrätin Annelise Wiederkehr. Die Finanzspezialistin ist wie alle anderen Verwaltungsrätinnen nach Querelen mit einer Aktionärsgruppe um den Filmemacher Samir Jamal Aldin und Millionenerbe und Filmproduzent Ruedi Gerber zurückgetreten.
"Im Sommer kann die Liquidität nur mit zusätzlichen Mitteln zur Verfügung gestellt werden"
Weiter unten im Protokoll tönt es noch dramatischer. Verwaltungsrätin Wiederkehr führte aus: “Man habe einen konservativen Ausblick gemacht. Gemäss offiziellen Umfragen zur Konsumentenstimmung im Mai 2022 gehe man davon aus, dass diese gesunken sei. In diesem konservativen Szenario sehe man, dass die Liquidität im Sommer nur mit zusätzlichen Mitteln sichergestellt werden könne.” Als dringliche Massnahmen empfiehlt sie unter anderem die “Weiterführung der Verhandlungen mit der ZKB (Kreditgeberin, Am.d.R.) und den SBB, neue Darlehen, oder auch die Durchführung eines Kapitalschnitts mit einer Kapitalerhöhung." Unter diesen Umständen über den Sommer hinaus Prognosen zu machen, sei unmöglich, sagte Wiederkehr. “Die Unsicherheit sei zu gross.” Auf diese düsteren Prognosen hagelte es Fragen von Aktionärinnen und Aktionären. Samir Jamal Aldin wollte wissen, ob im Sommer eine Überschuldung drohe. Wiederkehr entgegnete, dass aktuell keine Überschuldung drohe. Tatsächlich hat das Kosmos weniger ein Problem mit Schulden (die Bilanz wurde letztes Jahr durch den Forderungsverzicht entlastet), sondern mit der Liquidität. Monica Glisenti, die als Verwaltungsratspräsidentin durch die Generalversammlung führte, verwies darauf, dass noch “Härtefallgelder im Umfang von 220'000 Franken und etwa 100'000 Franken für Kurzarbeit ausstehen” würden. “Diese werden frühestens im September 2022 überwiesen. Sie habe die zuständigen Personen in der kantonalen Finanzabteilung gebeten, das Kosmos vorrangig zu behandeln.” Diese Gelder werden zusätzliche Liquidität bringen. Doch laut Glisenti reicht das nicht: “Für die Überbrückung der Situation im Sommer brauche es jedoch einen finanziellen Vorschuss.”Kein neuer Verwaltungsrat in Sicht
An der Generalversammlung wurde auch darüber abgestimmt, am 24. Juni eine ausserordentliche Generalversammlung einzuberufen, um den Verwaltungsrat mit neuen Mitgliedern zu besetzen. Das Traktandum wurde angenommen, doch der Termin ist längst verstrichen. Mit dem Immobilienunternehmer Steff Fischer hat sich in der Zwischenzeit ein langjähriger Aktionär ins Spiel gebracht (Tippinpoint berichtete). Doch Kinderpsychologe François Chappuis, der seit kurzem Mehrheitsaktionär des Kosmos ist, scheint keine Eile zu haben, das oberste Leitungsgremium professionell aufzustellen. Seit eineinhalb Monaten wird das Kosmos von einer Übergangs-Verwaltungsrätin geführt. Als Teilzeitgeschäftsführer (12 Stunden pro Woche) konnte Luxushotelier Rolf Brönnimann verpflichtet werden (Savoy, Zürich, Budersand, Sylt). Kürzlich hatte Brönnimann mit Elke Heidenreich einen Auftritt in der Bernhard Matinée. Die beiden sind befreundet. Heidenreich durfte auf Sylt die Hotelbibliothek einrichten. Die Autorin befragte ihn auch zu seiner Rolle im Kosmos. Ob er denn die Frauen im Verwaltungsrat alle “weggeekelt” habe. Ja, er habe sie “weggeekelt”, meinte Brönnimann, der von Ruedi Gerber für den Job angefragt wurde. Sie hätten zwar nicht alles falsch gemacht, aber man müsse jetzt die Situation analysieren und das Gute behalten und das Schlechte ausmerzen. Brönnimann, der das Kosmos nicht kannte, wie er selber sagte, bezeichnete das Haus als “Sanierungsfall”.Jetzt will der alternative Zürcher Immobilientycoon im Kosmos aufräumen
Er ist Aktionär der ersten Stunde, er ist bestens vernetzt in der linken Szene: Unternehmer Steff Fischer hat sich um einen Sitz im Verwaltungsrat beworben. Trotzdem ist seine Wahl völlig unsicher.
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