Immobilien
Banken gewähren für Sanierungen zum Teil grosszügige Rabatte. Doch was ist, wenn sie den Spiess umdrehen – und für ältere Immobilien plötzlich einen Aufpreis verlangen?
6. März 2023 • Beat Schmid
Für Immobilienbesitzer sind die Zeiten im Schlaraffenland vorbei. Die Hypothekarsätze haben sich in den letzten zwölf Monaten vervielfacht. Es ist davon auszugehen, dass sie weiter steigen werden. Einige Notenbanken haben bereits die nächsten Zinsschritte angekündigt.
Einen Rabatt versprechen sogenannte grüne Hypotheken, die inzwischen landauf, landab angeboten werden. Je nach Anbieter sind sie 0,25 bis 0,8 Prozentpunkte günstiger als herkömmliche Hypotheken. Das schenkt ein: Bei einem Wohnbaukredit von einer Million Franken ergibt dies eine Ersparnis von bis zu 80'000 Franken über zehn Jahre.
Wer eine Altliegenschaft kauft und bereit ist, diese energetisch zu modernisieren, kann also profitieren. Allerdings sind die günstigen Konditionen an Bedingungen geknüpft, sodass der Rabatt oft kleiner ausfällt. Bei einigen Banken ist die aufzunehmende Summe gedeckelt, bei anderen ist die Laufzeit beschränkt. Die Zürcher Kantonalbank etwa gewährt den Rabatt für Umbauten nur während einer Laufzeit von maximal fünf Jahren.
Weiteres Kriterium bei den meisten Öko-Hypotheken: Die Immobilien müssen über bestimmte Umweltzertifikate wie Minergie, GEAK (Gebäudeausweis der Kantone), “2000-Watt-Areal” oder “Passivhaus nach Dr. Feist” verfügen.
Banken entkarbonisieren ihre Bilanzen
Die Banken haben ein grosses Interesse daran, umweltfreundliche Immobilien zu finanzieren, die möglichst CO₂-frei geheizt werden. Denn sie haben sich zum Ziel gesetzt, die Klima-Emissionen in der Kreditvergabe bis 2030 um 40 bis 60 Prozent zu senken. Hypothekarkredite machen je nach Bank zwischen 30 und 50 Prozent des Kreditvolumens aus. Um dieses Ziel zu erreichen, sind enorme Anstrengungen nötig. Denn Heizungen mit fossilen Brennstoffen wie Heizöl und Gas sind in der Schweiz weiterhin klar an der Spitze. Sie beheizen rund 60 Prozent aller Bestandswohnungen. In den nächsten Jahren müssen Hunderttausende Öl- und Gasheizungen ersetzt beziehungsweise finanziert werden. Es geht um riesige Volumen. Die Schweizer Immobilien sind für rund ein Viertel der CO₂-Emissionen und etwa 40 Prozent des Energieverbrauchs verantwortlich, wie eine Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ergeben hat. Gemäss dem Bundesamt für Energie sind mehr als eine Million Häuser in der Schweiz energetisch “dringend sanierungsbedürftig”.“Wir können die Kunden nicht zwingen”
Die Banken müssten also viel mehr tun, um den Immobilienbesitzern eine Investition in die Wärmedämmung oder in eine neue Heizung schmackhaft zu machen. Doch zwingen könnten sie ihre Kunden nicht, ihre alten Ölheizungen auszutauschen, sagte ZKB-Chef Urs Baumann kürzlich an einer Medienkonferenz. Die Banken seien nur Finanzintermediäre. Es liege an der Politik, Druck für mehr Sanierungen aufzubauen, sagte er. Was Baumann nicht sagte: Die Banken haben durchaus Möglichkeiten, negative Anreize zu setzen, indem sie Hypotheken für CO₂-Schleudern verteuern. Sie könnten also den Spiess umdrehen und einen Aufschlag für Liegenschaften mit Ölheizungen berechnen – statt mit grünen Hypotheken Rabatte für Sanierungen gewähren. Wieland Weinrich vom Beratungsunternehmen ZEB Zürich schliesst nicht aus, dass genau dies geschehen könnte. Zwar sei “kurzfristig nicht mit einem Malus-System oder einer Kündigung von Kreditbeziehungen” zu rechnen. Grundsätzlich müssten aber Banken klimabezogene Risiken in die Kreditvergabe integrieren, so wie sie dies bei anderen Risiken schon tun. “Sollten Banken gegen Ende des Jahrzehnts merken, dass sie ihre gesetzten CO₂-Reduktionsziele im Kreditbuch nicht erreichen, kann es auch zu Geschäftsbeendigungen kommen”, sagt Weinrich, der Regionalbanken in Strategie- und Vertriebsfragen berät. Bereits heute werden sich die Banken genau anschauen, ob die zu finanzierenden Liegenschaften in Hinblick auf Klimarisiken wertstabil bleiben, sagt Weinrich. Um zu sehen, was auf die Schweizer Hausbesitzer zukommen könnte, lohnt sich ein Blick ins Ausland. Seit Anfang Jahr gibt es in den Niederlanden ein Vermietungsverbot für Büroliegenschaften, die ein definiertes Energieeffizienzlevel nicht erreichen. Auch in Frankreich wird die Schraube angezogen. Um bis 2050 klimaneutral zu werden, soll die Vermietung von ungedämmten Wohnungen verboten werden. “Welche Bank möchte Kreditgeber einer solchen Liegenschaft sein?”, fragt sich Finanzierungsspezialist Wieland Weinrich.Grüne Hypotheken boomen - auch wegen steigender Zinsen
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