“Hoffentlich etwas lernen”
“Man kann argumentieren, dass die Schweizer Regierung diesen Schutz verletzt hat, indem sie den legitimen Erwartungen der Investoren hinsichtlich der Rangfolge der Ansprüche zuwidergehandelt hat – dass nämlich die Inhaber von Anleihen einen höheren Rang haben als die Aktionäre”, sagte Jonathan Lim von der Kanzlei Wilmer-Hale gegenüber der FT. Andere Anwälte sind skeptischer: “Ich habe diesen Ansatz noch nicht genau geprüft, aber ich würde sagen, dass es schwierig sein wird, dieses Argument zu gewinnen”, sagte ein Experte für internationale Schiedsverfahren. Ein Investor, der Anfang des Jahres 500’000 Dollar seiner Ersparnisse in AT1-Cocos der Credit Suisse investiert hat, äussert sich ebenfalls zurückhaltend. “Ich bin nicht optimistisch, aber es ist besser, als nichts zu tun. Ich möchte bei diesem Debakel in der ersten Reihe sitzen und hoffentlich etwas lernen”, sagte er.Finma verweist auf das Kleingedruckte
Die Finma stellt sich auf den Standpunkt, dass sie die Abschreibung der AT1-Papiere durchsetzen kann, wenn der Fortbestand der Bank gefährdet ist. Sie beruft sich dabei auf die Bestimmungen, die den Finanzinstrumenten zugrunde liegen. Finma-Chef Urban Angehrn hat in einer Medienkonferenz vor zwei Wochen darauf verwiesen und nannte in diesem Zusammenhang einen sogenannten Viability Event, der einen Abschreiber zulässt. Was damit gemein ist, kann man in den Dokumenten der AT1-Instrumente nachlesen. Sie sind weiterhin auf der Website der Credit Suisse publiziert. Insgesamt sind 13 solcher Kapitalinstrumente aufgelistet, die zwischen 2013 und 2022 ausgegeben wurden. Das jüngste Instrument zu 1,65 Milliarden Dollar zahlt einen Coupon von horrenden 9,75 Prozent. Allein dieser hohe Zins hätte schon eine dicke Warnung für die Anleger sein müssen. Aber auch in der 145-seitigen Dokumentation wird an verschiedener Stelle darauf verwiesen, dass die Instrumente nicht nur getriggert oder eben abgeschrieben werden, wenn das Eigenkapital unter die Schwelle von 7 Prozent fällt (wofür Coco-Instrumente ursprünglich konzipiert wurden), sondern eben auch bei einem Viability Event. Daraus geht auch hervor, dass die Aufsichtsbehörde sehr viel Macht hat, sie kann "subjektiv" entscheiden und gegen den Willen der Credit Suisse.“Das Eintreten eines Viability Events und einer daraus resultierenden Abschreibung unterliegt unter anderem einer subjektiven Entscheidung der Aufsichtsbehörde (....) Infolgedessen kann die Aufsichtsbehörde Massnahmen verlangen und/oder die Bundesregierung kann Massnahmen ergreifen, die zum Eintreten einer Abschreibung unter Umständen beitragen, die ausserhalb der Kontrolle der CS liegen und mit denen die CS nicht einverstanden ist.”
Die Aufsichtsbehörde kann eine Abschreibung durchsetzen, wenn sie feststellt, dass “übliche Massnahmen zur Verbesserung der Kapitaladäquanz der CS zu diesem Zeitpunkt unzureichend oder nicht durchführbar sind”. Diese Abschreibung ist eine “wesentliche Voraussetzung, um zu verhindern, dass die CS zahlungsunfähig wird, in Konkurs geht oder nicht in der Lage ist, einen wesentlichen Teil ihrer Schulden bei Fälligkeit zu begleichen oder ihre Geschäftstätigkeit einzustellen”.