Geldpolitik
Dem Chef der Nationalbank steht am Freitag eine turbulente Generalversammlung bevor. Er muss erklären, warum die SNB Milliarden in Öl- und Gaskonzerne investiert.
27. April 2023 • Beat Schmid

Die Generalversammlung der Nationalbank wird kein Spaziergang für die Spitzen der Nationalbank. Das Direktorium um Thomas Jordan und Bankratspräsidentin Barbara Janom Steiner werden reihenweise Fragen zum Klimawandel und zur Rettung der Credit Suisse beantworten müssen.

Das Wort ergreifen wird unter anderen Asti Roesle, die als Senior Project Manager für die Klima-Allianz tätig ist und sich seit über zehn Jahren mit der Rolle des Finanzplatzes und des Klimawandels beschäftigt. Sie wird nicht die einzige sein. Roesle sagt, dass sie von rund einem Dutzend Personen aus ihrem Netzwerk wisse, die an der Generalversammlung am Freitag in Bern sprechen werden.

Die Klima-Allianz ist ein breites Bündnis von 140 Organisationen, die sich für den Klimaschutz engagieren. Mit dabei sind zum Beispiel Actares, Myclimate, die Naturfreunde, Helvetas und der WWF. Ihr gemeinsames Ziel – die Umsetzung der Pariser Klimaziele.

Kommt es zu einer Guerillaaktion?

Mitglied der Klima-Allianz ist auch Greenpeace, die ebenfalls mit Vertretern vor Ort in Bern sein wird. Ob es zu einer Guerillaaktion kommt wie 2017 an der Generalversammlung der Credit Suisse, als Aktivisten eine 900 Kilogramm schwere Pipeline ins Hallenstadion legten und sich in der Halle von der Decke abseilten?

Dazu gibt die Organisation keine Auskunft. “Zu potenziellen Aktionen vor Ort können wir leider keine Angaben machen”, sagt Niki Vischer, Fachexpertin Sustainable Finance von Greenpeace. Sie sagt, dass die “SNB viel mehr machen kann und sollte, um die Wirtschaft zukunftsfähig” auszurichten.

Die Umweltaktivisten versuchen Einfluss darauf zu nehmen, wie die Nationalbank ihre 743 Milliarden Franken an Fremdwährungen investiert. Sie stören sich an den Öl- und Gasaktien, die in den Reserven der SNB enthalten sind. Im Portfolio befinden sich Aktien von Exxon Mobil im Wert von 1,9 Milliarden Dollar oder Chevron für 1,4 Milliarden Dollar, wie aus SEC-Unterlagen hervorgeht.

Für 800’000 Franken SNB-Aktien gekauft

Die Klimaschützer haben für 800’000 Franken SNB-Aktien gekauft, um Anträge an die Generalversammlung zu stellen. Drei Forderungen haben sie im Vorfeld der Generalversammlung eingereicht. Die SNB soll ihre Geld- und Währungspolitik, sowie ihr Devisenportfolio auf das Erreichen der Ziele des Pariser Abkommens ausrichten.

Zweitens müsse die SNB einen Transitionsplan erstellen, der konkrete Massnahmen in der Geld- und Währungspolitik sowie der Finanzmarktregulierung enthält. Ein wissenschaftliches Gremium müsse mindestens einmal jährlich überprüfen, ob die SNB den Transitionsplan umsetze und ob dieser Wirkung zeige.

Eine weitere Forderung betrifft die Regulierung des Finanzplatzes. Diese sei so zu erweitern, dass sie auch auf Risiken für Klima und Biodiversität wirken. So soll die Zentralbank beispielsweise alle Investitionen in fossile Energien und in Abholzung als hochriskant und nicht liquide bewerten. Das würde es Banken erschweren, Kredite von der SNB zu erhalten, um in fossile Energien zu investieren.

SNB lehnt Anträge ab

Die Nationalbank hat jedoch entschieden, die eingereichten Anträge nicht zuzulassen. Sie stellt sich auf den Standpunkt, dass Aktionäre kein Recht hätten, in die Anlagepolitik einzugreifen.

Thomas Jordan betonte kürzlich in einem Interview, dass die SNB den Aktienanteil, der mit fossilen Brennstoffen in Verbindung steht, auf etwas mehr als 3 Prozent ihrer Bestände reduziert hat. Aktien von Kohleförderern hat die SNB bereits früher aus die Ausschlussliste gesetzt.

Jordan argumentiert, dass die SNB nicht weiter gehen könne, weil das Portfolio die Wirtschaft widerspiegle und Öl und Gas in der Schweiz “intensiv” genutzt würden. Warum der Besitz von Gas- und Ölaktien für die Umsetzung der Geldpolitik entscheidend sein soll, konnte Jordan bisher nie schlüssig erklären.

Niki Vischer von Greenpeace sagt: “In Bezug auf die Anlagepolitik der SNB haben wir eine sehr grundlegende Forderung: Die Anlagestrategie der SNB soll sich an einer zukunftsfähigen Wirtschaft ausrichten und nicht an einer, die unsere Lebensgrundlagen zunichte macht."

SNB schreibt einen Quartalsgewinn von 26,9 Milliarden Franken

Die Schweizerische Nationalbank weist für das erste Quartal 2023 einen Gewinn von 26,9 Milliarden Franken aus. Der Gewinn auf den Fremdwährungspositionen betrug 24,2 Milliarden. Auf dem Goldbestand resultierte ein Bewertungsgewinn von 4,3 Milliarden. Der Verlust auf den Frankenpositionen betrug 1,6 Milliarden Franken. Der Grund dafür sind Zinsen, die die SNB auf den Giroguthaben der Banken zahlen muss.

2022 hat die Notenbank einen Verlust von 132,5 Milliarden Franken eingefahren. Aufgrund der vernichteten Reserven und dem dezimierten Eigenkapital sieht sich die SNB nicht mehr in der Lage, Ausschüttungen an Bund und Kantone vorzunehmen und Dividenden an die Aktionäre zu zahlen.

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