Klage gegen Medium
Demnächst kommt es vor dem Zürcher Handelsgericht zum Showdown. Für den populären Bankenblog geht es ums Ganze.
30. Mai 2023 • Beat Schmid

Eigentlich hatte er gehofft, mit der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS sei auch die Klage gegen sein Medium Geschichte. Doch wie Blogbetreiber Lukas Hässig sagt, werden er und sein Anwalt Ende Mai fristgerecht ihre Antworten auf die über 265 Seiten dicke Klageschrift beim Zürcher Handelsgericht einreichen. «Unsere Antworten werden etwa gleich lang sein – das ist ein Riesenaufwand», sagt Hässig.

Zu einem Abbruch der juristischen Auseinandersetzung zwischen der Grossbank und dem Finanzmedium, wie teilweise spekuliert wurde, wird es also nicht kommen. Gegen den Blog haben drei CS-Gesellschaften geklagt - die Credit Suisse Group AG, die Credit Suisse AG und die Credit Suisse (Schweiz) AG.
Wird die Übernahme durch die UBS in wenigen Wochen formell vollzogen, verschwindet nur die CS-Dachgesellschaft Credit Suisse Group AG. Die übrigen Gruppengesellschaften bleiben aktiv und werden den Prozess voraussichtlich zu Ende führen. Die UBS scheint das Verfahren stillschweigend zu akzeptieren. Der Zeitpunkt der Verhandlungen ist noch offen.

52 Artikel, 200 Leserkommentare

Inhaltlich geht es um 52 Artikel und rund 200 Leserkommentare, die zwischen dem 27. Juli und dem 28. Oktober auf der Plattform veröffentlicht wurden. Die Credit Suisse ist der Ansicht, dass das Medium und der Autor mit der Veröffentlichung rechtswidrig gehandelt haben. Der Streitwert beträgt 300’000 Franken. Die Bank verlangt zudem die Herausgabe des in dieser Zeit erzielten Gewinns plus 5 Prozent Zins. Zudem ist ein Strafverfahren hängig.

Gewinnt die Bank, hätte das für das Medium einschneidende Folgen. Ob die Suppe am Ende so heiss gegessen wird, beziehungsweise ob die Bank an den finanziellen Forderungen festhalten würde, bleibt abzuwarten. Dass sich die Credit Suisse gegen vermeintlich persönlichkeitsverletzende Beiträge wehrt, ist ihr gutes Recht. Sollte sie mit ihrem juristischen Feldzug ein unliebsames Medium vernichten wollen, wäre dies eines der letzten unrühmlichen Kapitel in der 167-jährigen Geschichte der Bank.

Urteilt das Gericht im Sinne der Bank, ist dies ziemlich sicher das Ende von «anonymen Online-Leserkommentatoren, die ihre unverblümte Verachtung zum Spass oder aus Frust auf dem Blog absondern können», wie es in der Klageschrift heisst.

Für die meisten Medien wird sich nichts ändern, da im Gegensatz zu Inside Paradeplatz in der Regel nur registrierte Nutzer Kommentare abgeben können, die zudem vor der Publikation geprüft werden.

Hässig plädiert für deutsche Verhältnisse

Lukas Hässig hingegen setzt in seinem Blog auf maximale Meinungsfreiheit. Um weiterhin möglichst viele Leserkommentare veröffentlichen zu können, plädiert Hässig für die Übernahme eines deutschen Gesetzes in der Schweiz. Im Nachbarland regelt das sogenannte Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) die Vorgaben für die Löschung rechtswidriger Inhalte auf digitalen Plattformen.

Das NetzDG verpflichtet Plattformbetreiber, solche Inhalte innerhalb einer bestimmten Frist zu löschen. Offensichtlich justiziable Inhalte müssen in der Regel innerhalb von 24 Stunden nach Eingang der Beschwerde gelöscht werden. Für andere gilt eine Frist von sieben Tagen. Das Gesetz gilt sowohl für digitale Plattformen wie Facebook oder Twitter als auch für Online-Medien ab einer bestimmten Reichweite. Es gilt für Hassreden, Volksverhetzung, aber auch für Beleidigungen, üble Nachrede und Verleumdung.

Die Klage gegen Hässig wurde von dem Zürcher Medienanwalt Daniel Glasl eingereicht. Er ist Partner bei der Kanzlei Bratschi Rechtsanwälte und ist einer der erfahrensten Medienanwälte in der Deutschschweiz. Bekannt wurde er als Rechtsvertreter des ehemaligen Clubbetreibers Carl Hirschmann. Die Credit Suisse verzichtete auf Anfrage auf eine Stellungnahme zur Auseinandersetzung mit Inside Paradeplatz.

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